-29- Beorns Beihilfe

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Nachdem ich einige Zeit gedankenverloren durch die anderen Räume geirrt war und dann nicht mehr den genauen Grund dafür wusste, trat ich meinen Rückweg zur Scheune an. Ich öffnete leise die Tür, die zu meinem Unglück laut knarzte, und sah mich mit zusammengekniffenen Augen im düsteren Raum um. Meine Ohren vernahmen leise Schnarchgeräusche, während ich vorsichtig die Tür hinter mir schloss und an den Strohhaufen vorbeischlich. Wo sind Fili und Kili?, fragte ich mich, da entdeckte ich sie in der hintersten Ecke neben einem kleinen Fenster. Beide hatten sich zwischen riesigen Heuballen ein kleines Bett zusammengelegt und schienen ebenfalls zu schlafen. Bevor ich mich zu ihnen setzte, sah ich mich noch einmal genau im Raum um, doch ich konnte nichts erkennen. Der Mond, der durch das Fenster in den Raum schien, spendete gerade genügend Licht, um die beiden jungen Zwerge auszumachen, doch die anderen Zwerge konnte ich nicht erkennen. Vielleicht kann ich den Schnarchgeräuschen einem Zwergen zuordnen, überlegte ich, strich diesen Gedanken aber wieder, da dies ohnehin viel zu lange dauern würde und meinen Erinnerungen nach der Zwergenkönig keine Geräusche beim Schlafen machte. Und wenn, dann brummt er nur vor sich hin, überlegte ich und konnte mein Grinsen nicht verstecken, das in dem lichten Mondschein ohnehin niemandem aufgefallen wäre. Es sei denn, man hieß Fili.
,,Bilbo!" Ich zuckte vor Schreck zusammen und starrte nach unten, dort, wo ich meinen Namen vernommen hatte.
,,Fili, willst du mich umbringen?", flüsterte ich zurück und setzte mich dann zu ihm, da seine Hand ungeduldig an meinem Hosenbein zerrte. Hat er etwa die ganze Zeit auf mich gewartet und sich schon auf die Lauer gelegt?, überlegte ich.
,,Wo bist du denn noch ganz gewesen?", murmelte Fili undeutlich zurück und ich brauchte erst einige Zeit, um seine genuschelten Worte verstehen zu können.
,,Hab mich umgesehen", antwortete ich flüsternd. Das Stroh in meinem Rücken pikste nervtötend und ich drehte mich hektisch um. Mit meinen Händen riss ich einige Strohfetzen heraus und schmiss sie weit von mir weg.
,,Ist... etwas vorgefallen?", fragte Fili und sah mir dabei zu, wie ich weiteres Stroh aus dem Ballen riss.
,,Nein, alles... bestens!", sagte ich und war plötzlich so wütend auf ihn, dass er die volle Ladung Stroh ins Gesicht bekam. Fili hustete und wischte sich die Halme aus dem Gesicht.
,,Pff! Was ist denn los?", nuschelte er entgeistert und pulte das Stroh aus seinem Bart. Ich zuckte mit den Schultern und klopfte den Dreck von meiner Kleidung. Ich bemerkte Filis eingehenden Blick auf mir und unterdrückte ein Augenrollen. Lass mich bitte einfach. Fili stützte sich mit den Händen am Boden ab, setzte sich auf und rutschte dann genau neben mich. Er sah mich von der Seite an und ich ignorierte seinen Blick.
,,Bilbo, jetzt erzähl doch, was ist passiert?", fragte er. Meine Augen ruhten auf dem Boden und ich fing an, das Stroh mit meinen Fingern zu verkleinern.
,,Nichts", meinte ich leise. Ich sah zu meiner Rechten, in der Sorge, ich könnte Kili oder einen der anderen Zwerge mit meinem verfremdeten Verhalten aufgeweckt haben.
,,Dein Verhalten wirkt aber nicht so, als wäre nichts. Ist es wegen meines Onkels?", schlussfolgerte Fili und ich hörte einen Schwung von Belustigkeit in seiner Stimme. Fili, ich erwürge dich gleich mit meinen bloßen Händen, schoss mir durch den Kopf. Verärgert schwieg ich und aus dem Augenwinkel bemerkte ich das wissende Grinsen auf seinem Gesicht. Er beugte sich zu meinem Ohr vor und bevor ich ihn von mir stoßen konnte, flüsterte er:
,,Du bist sicher so traurig, weil du gerade nicht in seinem Mittelpunkt stehst." Er lachte und ich schob ihn wütend von mir weg. Um sein dämliches Grinsen nicht mehr sehen zu müssen, legte ich mich ins Stroh und drehte mich auf die Seite. Wie kann er es wagen... Das stimmt doch gar nicht. Ich bin nur so schlecht gelaunt, weil ich... nun... den ganzen Tag nichts außer Beeren gegessen habe. Und ich bin müde. Und das Pfeifenkraut war auch zu viel des Guten. Ja, genau. Fili bewarf mich vorsichtig mit einer Handvoll Stroh, doch ich reagierte darauf nicht. Nach einem Augenblick hörte ich, wie er sich wieder ins Stroh zurücklegte. Meine Hand wanderte ohne meinen Willen zu meiner Jackentasche und zog den Ring hervor. Mit beiden Händen umfasste ich den metallenen Gegenstand und strich mit den Fingern über die goldene Oberfläche. Er war angenehm kühl und sah so bezaubernd aus. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich legte den Ring vergnügt zurück in die Tasche. So ein hübsches Ding... Ich schloss die Augen und versuchte nach diesem anstrengenden Tag, endlich zu schlafen. Meine Gedanken kreisten sich nur um das goldene Prachtstück, das ich bei mir trug und verdrängten die anderen.
Als ich allmählich in einen Traum fiel, hörte ich noch ein leises Nuscheln von Fili neben mir.
,,Ich frage mich aber auch, wo Thorin die ganze Zeit steckt."

King Under The Moantain | bagginshieldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt