~She knows who she is, she just forgot it for a little while~
Mit großen Augen ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Irgendwie wirkte dieser dunkel, irgendwie seltsam. Ich konnte es nicht mal richtig beschreiben.. Aber mir war kalt und ich sah immer wieder zur Tür, als hätte ich Angst.... Aber ich hatte keine Angst, vor gar nichts. Zumindest hatte ich das immer gedacht. Ein Stoß in meine Rippen brachte mich zurück in die Gegenwart. Neben mir saß meine beste Freundin, ich kannte sie seit vielen Jahren. Damals hatte ich sie beim Rodeln kennen gelernt. "Ist irgendetwas?", fragte sie mich neugierig und zog die Augenbrauen hoch.Ihre grünen Augen waren dabei neugierig auf mich gerichtet. Wie oft schon hatte ich sie beneidet, wie oft schon hatte ich mir ihr Aussehen gewünscht? Ich konnte es schon nicht mehr zählen. Zara war wunderschön, ich dagegen war hässlich und wirkte fehl am Platz neben ihr. Sie hatte lange hellbraune gelockte Haare, die ihr locker über die Schulter fielen. Dazu ihre perfekten Augenbrauen und ihre grünen Augen. Sie hatte perfekte weiße und gerade Zähne. Alles an ihr war perfekt. Sie war mittelgroß und dünn, ich hingegen hatte kinnlange glatte schwarze Haare und hässliche braune Augen. Ich hatte viele Pickel und trug eine Brille, als auch eine Zahnspange. Ich war klein und pummelig. Und trotzdem wollte Zara mit mir befreundet sein, sie hätte so viele andere, bessere Freunde haben können, aber sie hatte mich gewählt. Mich, das Mädchen das niemand mochte. Das hässliche Mädchen.
"Genug geträumt?", fragte Zara lachend an mich gewandt und erhob sich. Ich lächelte zurück und blieb still, ich wusste nicht was ich daraufhin sagen sollte. Wir verließen diesen seltsamen Raum. An der Tür blieb ich ein letztes mal stehen und blickte hinein. Ich verspürte Angst, ich hatte Angst vor diesem Raum. Die schwarzen Gardinen wehten bedrohlich im Wind und ich schluckte hart. Eilig wandte ich mich ab, niemand sollte merken, dass ich Angst hatte. Niemand! Seite an Seite lief ich mit Zara nach draußen. Normalerweise sprachen wir jetzt über den Tag, aber heute blieb es still zwischen uns. Zara hatte ihren Blick auf die Straße gerichtet. Irgendwas schien sie zu bedrücken, doch ich wusste nicht was. Was sollte ein Mädchen wie sie bedrücken? Sie konnte nur glücklich sein! Es war bestimmt nur irgendeine Laune von ihr. Nichts von Bedeutung eben.
Nun standen wir direkt vor der Straße, normalerweise war sie meist leer und wir konnten sie direkt überqueren, doch heute fuhren viele Autos auf dieser. Wahrscheinlich lag es am Winter, es war kalt und die meisten hatten keine Lust mehr Fahrrad zu fahren und ließen sich von ihren Eltern zur Schule bringen, Zara und ich liefen lieber. Wir wohnten nicht weit voneinander entfernt und so gingen wir jeden Tag gemeinsam zur Schule und zurück. Sie holte mich von Zuhause ab, obwohl es eigentlich nicht nötig wäre, es wäre schlauer wenn ich zu ihr gehen würde, denn sie wohnt näher an der Schule. Aber eigentlich gefällt es mir so besser. Alleine durch die Dunkelheit? Das musste wirklich nicht sein. Klar, ich könnte es tun, immerhin hatte ich keine Angst, aber irgendwie wollte ich es nicht und solange Zara nichts sagte, war es gut so wie es war. Doch plötzlich passierte etwas, etwas was ich nie von Zara erwartet hätte. Sie setzte sich in Bewegung, die Straße war immer noch gefüllt von Autos. Ich riss erschrocken meine Augen auf, warum tat sie das? Wollte sie sich etwa umbringen? Quietschen ertönte, ein lauter Schrei von Zara. Ein Auto schlitterte über die Straße und traf Zara, die wunderschöne Zara. Meine Freundin ging zu Boden, dann war alles still. Ich eilte nicht zu ihr, blieb einfach stehen und wartete was passierte. Noch immer konnte ich das Geschehene nicht fassen. Es ging alles so schnell. Ich hätte nichts tun können, ich hätte Zara nicht aufhalten können, selbst wenn ich gewollt hätte. Aber sie war für sich selbst verantwortlich.Jetzt setzte ich mich doch in Bewegung und ging langsam auf die am Boden liegende Zara zu. Jetzt war sie auch hässlich, wie ich. Eine große Platzwunde zierte ihre Stirn. Das Blut lief noch herunter. Ihre Augen waren geöffnet und starrten in die Ferne, durch mich durch. Irgendwie ekelte mich das ziemlich an. Ihr rechtes Bein war seltsam verdreht, ich blinzelte und hob den Blick wieder. War das jetzt das Ende der wunderschönen Zara? Sirenen ertönte und Autotüren wurden zugeschlagen. Wer hatte sie gerufen? Das fragte ich mich, fand aber keine Antwort. Ein Mann zog mich von Zara weg und wir standen wieder auf Schulgelände. "Was ist passiert?", fragte er mich und ich sah ihn an. Er war eindeutig vom Rettungsdienst und musterte mich eindringlich. "Sie ist auf die Straße gerannt", erklärte ich ihm also und er legte den Kopf schief. "Weißt du warum?", fragte er mich und ich nickte, er sah mich fragend an und schien die Antwort aus mir raus zu saugen. "Sie wollte sich umbringen", erklärte ich ohne zu blinzeln. Zwar wusste ich nicht, ob das stimmt, aber etwas anderes war mir nicht eingefallen. Außerdem würde sie in die Psychiatrie kommen, dann würde sie als gestört gelten, niemand würde sie ernst nehmen, niemand würde mit ihr befreundet sein wollen. Alle außer mir. Es gab da nämlich noch ein Mädchen, Marie war ihr Name, sie redete oft mit Zara und inzwischen unternahmen sie sogar schon was zusammen. Aber Zara war für mich da, ich war ihre Freundin, niemand anderes! Der Mann nickte mir dankbar zu und eilte zu seinen Kollegen zurück, die bei Zara standen. Ich lächelte kalt in diese Richtung und schlenderte dann an ihr vorbei nach Hause, heute gab es nämlich Pizza, und da wollte ich nicht zu spät Zuhause sein.Am nächsten Tag, nach der Schule stand ich nun im Krankenhaus vor Zaras Bett. Das Mädchen war fixiert und lag an viele Schläuche angeschlossen da. Ich setzte mich auf den Stuhl und wartete bis sie aufwachte, ich wollte endlich die Wahrheit wissen. Warum hatte sie das getan? Endlich schlug Zara die Augen auf. "Zara", rief ich aus, doch sie blieb still und wandte mir nur den Blick zu. In ihrem Gesicht lag ein so gequälter Ausdruck, dass ich zusammenzuckte. "Wie geht es dir?", fragte ich sie besorgt. "Gut", antwortete sie mir und ich verzog den Mundwinkel, sie log mich an. Aber sie würde schon sehen, was sie davon hatte. "Warum hast du das getan?", fragte ich sie und beugte mich neugierig vor. Ihr Blick schweifte zur weißen Decke und sie blieb einen Moment still. "Ich habe vergessen, wer ich eigentlich bin", erklärte sie mir dann und ich war total verwirrt, was meinte sie damit? Ich konnte damit zumindest nichts anfangen!
"Hä?", meinte ich deswegen auch nur. "Ich wusste halt nicht mehr wer ich war... Ich habe mich immer von dir unterdrücken lassen, ich habe immer alles für dich getan, so wie es mein Charakter mir sagt. Und da habe ich mich einfach vergessen, ich bin vor mir selbst weggelaufen, ich hätte viel früher etwas gegen dich tun sollen. Du hast mein Leben zerstört.", erklärte sie mir und ich bekam große Augen, sie gab mir die Schuld. Ziemlich unfair, so wie ich fand. Ich bin wie ich bin und manchmal ist das Beste sich selbst zu vergessen, um jemand anderes zu sein, um sich vom Schlechten loszureißen"
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Gedankennebel
Short StoryDu liest gerne Kurzgeschichten mit verschiedensten Themen? Und das umgesetzt auf unterschiedlichster Art? Du interessierst dich für die abwechlungsreiche Mischung verschiedener Schreibstils, Inhalte und Genres? Dann ist dieses offizielle Buch vom Wa...