"Mehr als nur ein Moment " von @Millie1234535

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Hallo Johanna,

Wie geht es dir? Mir geht es gut. Das Geräusch der Wellen beruhigt mich. Manchmal glaube ich, dass sich das Wasser alle meine Sorgen nimmt und fortwäscht, als hätte es sie nie gegeben. Nur bei schlechtem Wetter hört sich das Meer bedrohlich an, als wolle es bis zu meiner kleinen Hütte vordringen und sie mit sich fortwaschen. Na ja, zum Glück ist das hier selten der Fall. Meistens scheint hier die Sonne,sodass man häufig in Bikini und Badehose rumlaufen kann. Zum Glück hat dieTouristensaison noch nicht wirklich angefangen, sodass wenige Geräusche die Stille hier stören. Es fühlt sich manchmal fast schon beruhigend an, in dieser Stille sein Frühstück zu essen oder ein Buch zu lesen. Alles hier fühlt sich so unfassbar friedlich an.

Du wirst dich sicherlich fragen, was aus Adriana, Malte und den anderen geworden ist. Nun ja, Adriana arbeitet mittlerweile als Steuerfachangestellte und hat einen sehr charmanten Freund gefunden. Ich denke, es geht ihr gut. Leider sehen wir uns seit der Party nur noch selten. Was Malte angelangt, nun ja... Um ehrlich zu sein ist er immer noch der Alte: Säuft viel, kifft noch mehr. Keine Ahnung, was er gerade macht. Um ehrlich zu sein habe ich ihn nur einmal kurz vor dem Supermarkt getroffen und kaum ein Wort mit ihm gewechselt.

Meinen Eltern geht es auch soweit gut, sie sind aus dem Urlaub zurückgekehrt und fühlen sich nun schon wieder viel besser. Sie treffen sich mit Freunden,schauen sich Filme an, fallen nach einem langen Arbeitstag in die Arme des jeweils anderen, das Übliche eben.

Weißt du, wir haben uns schon seit der Party nicht mehr gesehen. Johanna, das ist jetzt schon mehr als drei Monate her. Ich vermisse dich einfach schrecklich und frage mich, ob ich nicht irgendetwas hätte anders machen können. Sag mir, gibt es da wirklich etwas, was ich versäumt habe?

Bitte melde dich.

Dein Matthias

In letzter Zeit muss ich immer wieder an die Studentenparty denken. Ich erinnere mich noch an dein Lächeln, als du auf der Tanzfläche getanzt hast. An mein Bier, das schon furchtbar warm geworden war. An Marie, die mir plötzlich einen Arm um die Schultern gelegt und gelacht hat, als ich mich fürchterlich erschreckt habe. Ich erinnere mich daran, dass sie mir von der Prüfung erzählt hat, die sie an diesem Tag geschrieben hatte. Daran, dass sie unbedingt Party machen wollte, um den ganzen Prüfungsstress zu vergessen. Und wie du, ich, Georg und Marie einander zugeprostet haben, um alle gemeinsam die Prüfungen zu vergessen. Ich erinnere mich daran, dass Malte und Adriana irgendwann, als wir alle schon viel zu betrunken waren, mindestens genauso besoffen dazugestoßen sind. Wieviel wir gelacht haben. Wie du Georg geküsst hast, als es Mitternacht war, einfach, weil ihr dann euer Zweijähriges hattet. Und an den Geschmack von dem Tequila, den ich runtergekippt hatte. Und dann an das Gefühl von Maries Zunge in meinem Mund.

Ich weiß, diese Party ist schon mehr als drei Jahre her, aber irgendwie muss ich immer wieder an sie denken. Ich weiß auch nicht, wieso. Weißt du es vielleicht?

Das Wetter ist in letzter Zeit schlechter geworden. Es ist kühler und der Wind ist stärker geworden. Ich habe das Gefühl, dass ein Sturm aufkommen wird. Aber gut, was weiß ein Architekt schon vom Wetter?

Ich wünsche mir, dass du dich melden würdest. Ich vermisse dich wirklich.

Matthias

Hallo Johanna,

Es ist gerade 5:32 Uhr morgens. Die Sonne geht gerade vor meinem Fenster auf. Der Sonnenaufgang sieht irgendwie schön aus. Zwar nicht schön genug, um freiwillig um diese Zeit aufzustehen, aber... Er hat irgendetwas malerisches.

Genau wie die letzten Nächte auch konnte ich auch diese Nacht nicht schlafen. Ich musste zu sehr an dich und an die Party denken. Du weißt schon, an die Party,auf der Marie einen Liter Kunstblut verschüttet hat. Das Blut färbte denTeppich um sie herum rot und sie schrie laut auf, schließlich war das der Lieblingsteppich ihrer Mutter gewesen und sie wusste, dass sie riesigen Ärger bekommen würde. Kaum zu glauben, dass eine Medizin-Studentin so wenig mit Blut umgehen kann.

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