,,Nächster Halt, Hauptbahnhof", nuschelte die Ansage. Herrje, das war ja trister als im Letzten! Das Bahnhofsgebäude teilte sich Platz mit einem Bäcker und einem Hotel. Der Putz der Fassade bröckelte größtenteils ab und der Wartebereich lag unter freiem Himmel.
Endlich kam die U-Bahn zum Stehen. Auch der unterirdische Bahnhof sah nicht wirklich schön aus. Die Leuchtreklamen flackerten, davor lagen einige leere, von Tauben belagerte Happy-Meal Tüten.
Ich sprang auf, um als erste bei der Tür zu sein, doch ein Mann mit übergroßen Trollis kam mir zuvor. Langsam drückte er auf den blinkenden Knopf, der die Türen öffnete. Zu langsam. Viel zu langsam.
Kaum, dass er im gleichen Tempo nach draußen watschelte, drückte ich mich samt meinem Gepäck an ihm vorbei und rannte über den Bahnsteig. Zu meinem Glück waren wenige Leute hier. Außerdem war die Haltestelle klein, weshalb ich die Treppe ans Tageslicht sofort sah.
Noch im Spurt fuhr ich den Griff meines Trollis ein und schulterte ihn. Dann kamen die ersten Stufen. Ich joggte hoch und wich dem Gegenverkehr aus.
Mir blieb, oben angelangt, nicht viel Zeit zum Nachdenken. Doch das war auch nicht notwendig. Auf der Hinfahrt hatte ich den Stadtplan genauestens studiert. Es konnte, nein, es durfte nichts schief gehen.
Ich begann wieder zu rennen. Die Stufen des Bahnhof hinunter, am Bäcker vorbei und über die rote Fußgängerampel. Ich hörte Bremsen quietschen und verärgerte Autofahrer hupen.
Es ging an einem Kino vorbei, über einen großflächigen Parkplatz. Ich schnappte keuchend nach Luft. Sie war eisig kalt und brannte in den Lungen. Meine Beine taten weh und auch meine linke Schulter, über der mein Rucksack hing, machte sich langsam bemerkbar. Denk dran, du tust das für Lewis!, sprach ich mir in Gedanken selbst Motivation zu. Für Angst hatte ich keine Zeit. Angst bekam man nur, wenn man anfing, über etwas nachzudenken. Ich dachte nicht nach. Ich rannte.
Ich rannte immer weiter, bis ich das Ende des Parkplatzes erreicht hatte. Drei schmale, hohe Steinstufen führten eine Böschung hinunter, an einem Bach vorbei. Vor Erschöpfung blieb ich stehen. Mein Herz hämmerte in meiner Brust und ich hoffte, dass es nicht rausspringen würde. Ich versuchte, wieder zu Atem zu kommen. War das die Stellen, von der Lewis gesprochen hatte?
Kurz darauf bemerkte ich eine Plastiktüte, die auf der Mauer, die die Sicht auf den Bereich vor dem Bach verdeckte, lag. Aus ihr guckten einige leere Spritzen. Hier war ich richtig. Definitiv.
,,Lewis?", rief ich leise. ,,Lewis, wo bist du?" Neben mir rauschte der Bach einige Stufen hinunter und übertönte sämtliche Versuche, mir Gehör zu verschaffen. Eine tote Ente dümpelte neben Verpackungen und anderem Müll herum. Nicht gerade die schönste Seite dieser Stadt.
Plötzlich hörte ich ein leises Stöhnen. Es kam von der alten Wassermühle. Die Stimme klang verkrampft, schmerzverzerrt. Leise schlich ich mich näher ran. Eine ziemlich undurchdachte Aktion im Nachhinein betrachtet, doch was hätte ich auch sonst tun sollen?
Tatsächlich saß Lewis dort auf einer alten Bank. Er war in sich zusammengesackt und schien irgendetwas krampfhaft fest in seiner Hand zu halten. Die Medikamente, schoss es mir durch den Kopf. Ich eilte zu ihm hin.
,,Lewis!" Shit. Er reagierte nicht. Panik stieg in mir auf. ,,Lewis!" Seine Augen waren ausdruckslos und glasig. Er hatte die Medikamente wahrscheinlich schon längst eingenommen. Hastig zog ich mein Handy aus der Tasche und wählte den Notruf.
Fünf Minuten später legte ich erleichtert auf und sah ihn an. ,,Die Sanitäter sind unterwegs", murmelte ich mehr zu mir selbst als zu Lewis, der mich wahrscheinlich sowieso nicht hören konnte. ,,Alles wird gut. Heute stirbst du nicht, verstanden?"
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Gedankennebel
Krótkie OpowiadaniaDu liest gerne Kurzgeschichten mit verschiedensten Themen? Und das umgesetzt auf unterschiedlichster Art? Du interessierst dich für die abwechlungsreiche Mischung verschiedener Schreibstils, Inhalte und Genres? Dann ist dieses offizielle Buch vom Wa...