~58~ Hintergangen

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Lysanders Sicht

,,Was mache ich denn jetzt bloß? Was wenn meine Mom mich hasst? Was wenn sie denkt, ich wäre wie mein Vater?!"

Es tat gut, meine Sorgen endlich mal jemandem anvertrauen zu können, anstatt sie ständig in mich hineinzufressen. So gut, dass ich Tarek die ganze Fahrt zur Schule damit vollgeheult hatte und nun hoffte, dass er nicht genervt davon war. Wir waren gerade am Schultor angekommen, als er mich plötzlich an der Schulter festhielt und zum Stehen brachte.

,,Hey, jetzt beruhig dich erstmal." Er legte seine Hände auf meinen Schultern ab und sah mir fest in die Augen. ,,Sie ist deine Mutter, sie könnte dich niemals hassen. Und so, wie ich Amelia kennengelernt habe, bin ich mir sicher, dass sie dich so akzeptieren wird, wie du bist. Vielleicht ist sie erst ein wenig schockiert, aber ich bin mir sicher, dass sie es verstehen wird. Bitte, hör auf dir Sorgen zu machen. Alles wird gut."

Ich konzentrierte mich auf seine Worte und seine beruhigenden, schokobraunen Augen. Er war der Einzige, der es schaffte, mich so schnell zu besänftigen und mir Hoffnung zu geben. Mir war egal, ob uns jemand sah. Ich ließ mich einfach in seine Arme fallen und klammerte mich an ihn. Es tat so gut, jemanden zu haben, der für einen da war. Und er hätte die ganze Zeit an meiner Seite sein können, hätte ich ihn nicht von mir gestoßen. Inzwischen war ich überzeugt davon, dass ich das Richtige tat. Er bereute seine Tat und ich glaubte ihm. Nur eine Sache ließ mir keine Ruhe. Das Gefühl, dass mir etwas Großes verschwiegen wurde. Da war eine gewisse Spannung zwischen Ginger und Tarek, die mir Rätsel aufgab. Doch ich rückte das schlechte Gefühl so weit wie möglich in den Hintergrund.

Tarek schlang ebenfalls seine Arme um mich und streichelte mir sanft über den Kopf. Ich liebte seine zärtlichen Berührungen.
,,Tarek?"
,,Hm?"
,,Kann ich dich um etwas bitten?"
,,Natürlich, was ist es?"
,,Ich fühl mich noch nicht wohl damit, dass jeder erfährt, dass ich nicht hetero bin... Können wir es fürs Erste vielleicht geheim halten? Nicht vor unseren Freunden, natürlich und auch nicht für immer! Nur...nur für eine Weile."
,,Warte mal, weiß nicht bereits jeder, dass du queer bist? Du hast Ginger auf der Party geküsst."
,,Du hast das gesehen?!"
,,Natürlich. Ich und all die Leute, die drum herum standen."
,,Was? A-Aber wir haben extra weiter hinten gestanden u-und es war dunkel."

,,Hey, kein Grund zur Sorge. Es haben bestimmt nicht so viele mitbekommen und die Hälfte erinnert sich nicht mal mehr daran. Natürlich können wir es fürs Erste geheim halten, wenn es dir damit besser geht. Setz dich nicht unter Druck und nimm dir deine Zeit", sagte er und strich mir mit dem Handrücken zärtlich über meine Wange. Mein Herz hüpfte in meiner Brust auf und ab. Gott, ich hatte ihn so sehr vermisst. Das wollte ich ihm zeigen. Ich sah mich um und stellte sicher, dass niemand uns beobachtete. Dann stellte ich mich auf die Zehenspitzen und hauchte einen kurzen Kuss auf Tareks Lippen. Seine Wangen nahmen einen leichten Rot-Ton an und er schaute mich überrascht an. Ich grinste, weil ich es süß fand, dass er auf Berührungen meinerseits immer noch so fasziniert reagierte.

Leider unterbrach die Schulklingel unseren Moment der Zweisamkeit.
,,Ich glaube, wir kommen zu spät", stellte ich das Offensichtliche fest.
,,Fuck, ich hab vergessen, dass ich jetzt 'nen Test schreibe!" Ich sah förmlich, wie das Entsetzen sich in seinen Augen ausbreitete. ,,Bis später!", verabschiedete er sich, bevor er mir einen letzten Kuss auf die Wange hauchte und losrannte. Eine Weile stand ich da und starrte ihm mit einem verträumten Lächeln einfach nur hinterher. Mir war es fast schon peinlich, wie hoffnungslos verliebt ich in diesen Typen war. Ich stand solange da, bis ich realisierte, dass ich ebenfalls zu spät käme und rannte los.

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,,Hi, die Feier war echt super!"

,,Oh mein Gott, diese Get-Along-Shirts waren so mega cool!"

Broken Heart - Syndrom→boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt