Tareks Sicht
Wieso tat es so weh?
Seit heute Nacht hatte ich dieses unerträgliche Stechen in meiner Brust. Selbst jetzt, als wir bereits am nächsten Morgen im Auto saßen, wurde es nicht besser. Mit jedem Mal, das ich zu Lysander schaute, wurde es schmerzhafter.
Seine Augen waren gerötet und total angeschwollen, weil er durchgehend geweint hatte. Obwohl er sich die ganze restliche Nacht im Badezimmer eingeschlossen hatte, hatte ich sein lautes Schluchzen und seine Heulattacken klar und deutlich wahrnehmen können. Er hatte solange geweint, bis er keine Stimme mehr hatte.Ich hatte ihn zerstören wollen. Wieso fühlte ich mich dann, als hätte ich mich selbst zerstört?
Schon seit Ewigkeiten hatte ich es mir zum Hobby gemacht, andere Personen innerlich zu zerstören, um über meinen eigenen Schmerz hinwegzutäuschen. Bis jetzt hatte es auch immer geklappt. Sobald ich eine weitere Person mental gebrochen hatte, hatte ich mich weniger traurig gefühlt, gar zu vollkommen. Ich hatte mir einreden können, dass ich nicht die einzige Person war, der es so scheiße ging, wenn ich anderen Leuten für immer das Lächeln aus dem Gesicht wischte. Jedes Mal hatte ich mich danach besser gefühlt. Wieso nicht bei Lysander? Im Gegenteil, ich fühlte mich sogar schrecklich! Das war das Gegenteil vom gewünschten Effekt. Wie sollte ich meine Trauer vergessen, wenn ich sie nur verschlimmert hatte? Doch noch schlimmer war, dass ich einfach nicht darauf kam, wieso ich mich dieses Mal schlecht fühlte. Seine Tränen, sein ersticktes Schluchzen, sein gequältes Wimmer... es hätte mich glücklich machen sollen! Wieso war ich nicht glücklich?!
Verstohlen warf ich einen Blick zu Lysander. Er starrte aus dem Fenster. In der Reflektion der Glasscheibe sah ich seinen leeren Blick. Als wäre er innerlich tot. Auch das hätte mich fröhlich stimmen müssen, stattdessen wurde mir eiskalt und ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen.
Ich habe ihn zerstört.
Erst jetzt wurde mir das Ausmaß meiner Taten bewusst.
Seine Angst vor Berührungen von Männern.
Seine panische Furcht in der Sporthallendusche.
Seine Panikattacke, als der fremde Mann ihn berührt hatte.Ich will nicht schon wieder missbraucht werden!
Lysander lebte sein ganzes Leben bereits in Angst und Schrecken und war verstörter als jede andere Person, die ich kannte.
Jetzt wurde mir klar, wieso ich nicht glücklich war. Ich war nicht der Grund für seine Zerstörtheit. Es war jemand anderes. Die Person, die ihn missbraucht hatte. Das musste es sein. Ich hatte ihn einfach noch nicht genug zerstört! Desto traumatisierter er sein würde, desto besser würde es mir gehen. Aber wie sollte ich ihn noch mehr zerstören, nachdem ich sein Vertrauen verloren hatte? Es erneut aufzubauen, wäre so gut wie unmöglich. Würde er etwa mein erstes gescheitertes Opfer werden? Nein, das durfte nicht passieren! So einfach gab ich nicht auf.
-------------------
Nach mehreren Stunden einer sehr stillen und bedrückenden Autofahrt, waren wir vor Lysanders Haus angekommen. Amelia hatte sich bereiterklärt, mich noch nach Hause zu fahren und ich ahnte jetzt schon, dass das nicht gut für mich ausgehen würde. Doch erstmal wollte ich einen Versuch starten, mich Lysander zu nähern und mich für gestern Nacht entschuldigen. Selbst wenn ich es nicht ernst meinte. Na gut, vielleicht ein bisschen... Aber ich hatte keine Schuldgefühle! Oder eher gesagt, wollte ich so tun, als hätte ich keine.
So langsam machte es mir Angst, wie er seelenlos aus dem Fenster starrte.
Vorsichtig streckte ich meine Hand nach Lysander aus und wollte sie auf seiner Schulter ablegen, doch bevor ich auch nur die Chance dazu bekam, zuckte er heftig zusammen und schlug meine Hand weg.
DU LIEST GERADE
Broken Heart - Syndrom→boyxboy
Teen Fiction× Broken Heart - Syndrom × ~ Die Gewohnheit, andere Herzen zu brechen, weil eines selber Herz gebrochen ist. ~ Du bist durch und durch homophob, hast dich aber trotzdem auf einen Fuckboy eingelassen? Willkommen in meinem schwulen, homophoben und tra...