Lysander Sicht
Auch wenn Kyles Auftauchen mir gutgetan hatte, ging es mir nur um ein klitzekleines Bisschen besser. Neunzig Prozent von mir bestanden immer noch aus Trauer und Enttäuschung. Gerade als ich dabei war, mich nach dem Essen - ja, ich hatte endlich wieder etwas vernünftiges gegessen- in mein Bett zu verziehen, riss meine Mom, ohne auch nur zu anzuklopfen, die Tür auf.
,,Sag nicht, du willst schon wieder ins Bett?!"
,,...Nein", sagte ich bereits halb auf dem Bett liegend.
,,Gut, dann raus da." Sie ging zu meinem Kleiderschrank und begann Sachen rauszukramen.
,,Was machst du da, Mom?"
,,Wonach sieht's denn aus? Ich such dir ein cooles Outfit zum Rausgehen zusammen."
Nicht schon wieder.
,,Ich hab dir bereits gesagt, dass ich nicht rausgehen will."
,, Lysander, mein Schatz, auch wenn du mir nicht verraten willst, was passiert ist, es ist bestimmt nicht so schlimm, dass du dich den Rest der Ferien in deinem Zimmer verkriechen musst. Du liegst schon seit fast einer Woche in deinen Bett und langsam fängt's an zu stinken! Geh mal raus und lenk dich ab." Sie warf mir ein paar Sachen zu, von denen ich auf jeden Fall sofort sagen konnte, dass sie kein cooles Outfit ergäben.,,Kann ich mir dann wenigstens selbst aussuchen, was ich anziehe?"
,,Wieso? Findest du, was ich rausgesucht hab, etwa nicht toll?" Sie verzog ihre Lippen zu einem Schmollmund.
,,Doch, natürlich... aber vielleicht, ähm... vielleicht sollte ich doch etwas anderes anziehen?",,Schon verstanden", lachte sie und wuschelte mir durch die Haare. ,,Hauptsache du bewegst deinen Hintern bald aus dem Haus."
,,Ist ja gut", ergab ich mich und zog mir eine Jeans und einen dicken, viel zu großen Pulli über. Das Beste war, das er eine riesige Kapuze hatte, unter der man sich verstecken konnte, damit niemandem auffiel, wie schrecklich verheult man aussah.Komplett motivationslos stapfte ich durch die Straßen unserer Kleinstadt. Zu meiner Stimmung passend, war der Himmel heute komplett von Wolken bedeckt und kein einziger Sonnenschein durchstieß die dichte Wolkendecke. Es wehte ein leichter Wind, der jedes Mal, wenn mir Tränen kamen, sie sofort austrocknen ließ.
Ich wusste nicht, wohin mit mir. Theoretisch könnte ich mich mit Kyle treffen, aber eigentlich wollte ich alleine sein. Er hatte gesagt, es wäre das Beste, mich abzulenken, jedoch wollte ich am liebsten den ganzen restlichen Monat komplett alleine sein und mit niemandem mehr reden.
Nach einer Stunde sinnlosem Hin- und Hergelaufe, kam ich schließlich im Zentrum der Stadt an. Ausgerechnet bei dem Café, in dem Tarek und ich beschlossen hatten, Freunde zu werden. Ich wollte es nicht betreten und in die noch fröhliche Vergangenheit zurückversetzt werden, jedoch zog mich eine unerklärliche Anziehung hinein. Das Glöckchen klingelte, als ich durch die Tür ins warme Café trat. Wenigstens war es hier wärmer als draußen, auch wenn das mein eiskaltes Herz nicht auftauen würde. Hach ja, vielleicht war ich ein wenig überdramatisch.
Während ich mich auf den Weg zum Bestelltresen machte, überlegte ich mir, was ich bestellen sollte. Eigentlich hatte ich noch immer nicht wirklich Appetit auf Süßes.
Und dann passierte es. Ich begegnete ihm.
Unsere Blicke kreuzten sich und mir wurde schlagartig eiskalt. Ich hatte total vergessen, dass Ginger hier arbeitete! Wenn ich mich an unsere letzte Begegnung beim Zelten zurückerinnerte, dann war diese nicht gerade gut ausgegangen. Sollte ich wieder gehen? Das würde aber bedeuten, zuzugeben, dass ich Angst vor einer Konfrontation mit ihm hatte. Ich war doch kein Waschlappen! Dieser Herausforderung würde ich mich stellen!
Trotzdem hatte ich im Hinterkopf, dass er schwul war und sah mich deshalb vorsichtshalber nach anderen Leuten um, die im Notfall eingreifen könnten, täte er irgendetwas, das mir nicht gefiele.
Zögernd trat ich an die Theke und vermied den Blickkontakt mit ihm. Ich konnte spüren, wie er mich abschätzig musterte. Hoffentlich würde er mir nicht in meine Tasse spucken. ,,Einen Milchkaffee und ein Stück Karamellkuchen, bitte", bestellte ich, bemüht freundlich. Ich wollte nicht schon wieder einen Konflikt auslösen.
DU LIEST GERADE
Broken Heart - Syndrom→boyxboy
Fiksi Remaja× Broken Heart - Syndrom × ~ Die Gewohnheit, andere Herzen zu brechen, weil eines selber Herz gebrochen ist. ~ Du bist durch und durch homophob, hast dich aber trotzdem auf einen Fuckboy eingelassen? Willkommen in meinem schwulen, homophoben und tra...