~57~ Bye Bye, Hetero-Leben

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Lysanders Sicht

Ich sah dabei zu, wie seine Augen sich weiteten und entnahm seinem Gesichtsausdruck, wie sehr ihn diese Sache mitnahm. Er wirkte aufgelöst, als würden zu viele Gedanken und Gefühle auf einmal in ihm existieren. Endlich erwachte er aus seinem Schock und sah zu mir.

,,Lysander, ich... Es tut mir so leid. Einfach alles. Ich hätte merken sollen, wie sehr dich meine Berührungen gestört haben und hätte dich nicht gegen deinen Willen anfassen dürfen!" Er wirkte fast schon noch verzweifelter als ich.

,, Ich hab dir verziehen, weil ich mir sicher war, dass du deinen Fehler nicht wiederholst und es dir wirklich leidtut. Außerdem wird es langsam mal Zeit, dass ich meine Sexualität akzeptiere." Er nickte eifrig wie ein gehorsamer Welpe. ,,Vergeben und vergessen. Zudem liebe ich deine Berührungen inzwischen", sagte ich und nahm seine Hand, um sie auf meine Wange zu legen und mich dagegen zu schmiegen. Es war so unfassbar beruhigend, bei ihm zu sein.

Er lächelte mir erleichtert zu und strich mir sanft Haarsträhnen aus dem Gesicht. Daraufhin beugte er sich runter und hauchte einen Kuss auf meine Nasenspitze, womit er mich ebenfalls zum Lächeln brachte.

,,Ich bin so stolz auf dich, weil du dich getraut hast, davon zu erzählen. Vielleicht stimmst du mir nicht zu, aber ich finde dich sehr mutig." Es rührte mich fast erneut zu Tränen. Das war das erste Mal, das von jemandem zu hören. Zwar hatte er recht, denn ich stimmte ihm nicht zu, weil ich überzeugt war, ein Feigling zu sein, doch seine Worte bedeuteten mir trotzdem sehr sehr viel. Als Dank hauchte ich sogar einen Kuss auf seine Wange, der ihn leicht rot werden ließ.

,, Und jetzt mal Klartext. Du tust nichts Schlechtes, nur weil du auf Männer stehst und du wirst dich an dein neues Ich noch gewöhnen. Du musst es so sehen: dein Charakter bleibt der gleiche, nur mit einem zusätzlichen Sticker, wo 'queer' draufsteht. Also zerbrich dir nicht den Kopf darüber. Nicht alle Homosexuelle sind wie dein Vater. Und wenn du entschlossen dazu bist, dann wirst du niemals so sein wie er."

Er traf den Nagel auf den Kopf und betrat ohne Erlaubnis eine meiner Schwachstellen. Ich ließ es zu, weil ich ihm vertrauen wollte.

,, Danke, das hab ich gebraucht."
,,Keine Ursache ", sagte er und wuschelte mir lächelnd durch meine Haare, sodass sie wild in alle Richtungen abstanden.
,, Wollen wir anstatt Sex, einfach nur kuscheln, wenn es dich nicht überfordert?"
Ich nickte und schmiegte mich noch mehr an ihn, indem ich meine Beine zwischen seine quetschte und meinen Kopf auf seinen Arm ablegte. Unsere Körper passten wie Schlüssel und Schloss perfekt zueinander. Seine Muskeln schmiegten sich an meine, sodass wir jede kleinste Regung voneinander spüren konnten. Nackt, nur noch in Unterhosen und Haut an Haut mit ihm war ein Erlebnis, welches ich sicherlich nicht so schnell vergessen würde. Es fühlte sich himmlisch an. Nach einer Weile der angenehmen Stille nahm ich sogar seinen Herzschlag wahr. Obwohl wir immer noch halb erregt waren, dauerte es nur ein paar Minuten, bis wir uns beide soweit beruhigt hatten, dass wir einschliefen. Und wer weiß, vielleicht träumten wir sogar voneinander.

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Als ich aufwachte, spürte ich direkt einen warmen Körper an meiner Seite, oder eher gesagt, auf mir. Ich öffnete die Augen und sah Tarek zwischen meinen gespreizten Beinen schlafen. Sein Kopf lag auf meiner Brust und sein Atem kitzelte auf meiner Haut. Er sah so unglaublich friedlich und schön aus, während er schlief, dass ich nicht anders konnte, als mit meinen Fingern immer wieder durch seine weichen Haare zu fahren und ihn zu kraueln. Seine Haarsträhnen glitten wie Seide durch meine Finger und glänzten im Licht der Sonnenstrahlen, die ins Zimmer fielen. Dabei musterte ich ihn ein wenig und bemerkte wieder mal, was für lange, dunkle Wimpern, hübsch geschwungene Augenbrauen und hohe Wangenknochen er hatte. Besonders mochte ich aber seine vollen Lippen, die von den vielen Küssen gestern Nacht noch ein wenig geschwollen waren und rötlich glänzten. Am liebsten könnte ich ihn jetzt erneut in einen leidenschaftlichen Kuss verwickeln, doch ich wollte ihn nicht aufwecken.

Broken Heart - Syndrom→boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt