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- Lola -

"Jetzt hör schon auf zu lachen, du Penner!", knurre ich und stoße Habib gegen den Arm.
"Sorry, aber am ersten Schultag direkt Nachsitzen zu kassieren schaffst auch nur du...ey!"
"Ich habe gesagt, du sollst deine Klappe halten!"
"Mann, entspann dich! Kein Grund, mich fast vom Stuhl zu schmeißen!"
"Lola? Habib? Wollt ihr uns nicht an eurer Unterhaltung teilhaben lassen?"
Ich verdrehe die Augen und schaue nach vorne zur Tafel, wo Herr Schneider uns prüfend über den Rand seiner Brille hinweg anschaut.
Der kleinkarierte Physik-Fanatiker hat mir gerade noch gefehlt.
"Nee, alles gut. Entschuldigung", sage ich und zwinge mich zu einem versöhnlichen Lächeln.
"Dann kann ich mit meinem Unterricht also fortfahren, ohne eine weitere Störung von euch erwarten zu müssen?"
"Selbstverständlich, Herr Schneider", sage ich und lächle noch breiter, während ich einen Würgereiz und Habib neben mir sein Lachen unterdrückt.
Erst als Herr Schneider sich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder zur Tafel dreht, schneide ich ihm eine Grimasse.
"Arroganter Vollidiot...und hör auf zu lachen, du verdammte Hyäne!", zische ich, als Habib versucht, sein Lachen mit einer vor dem Mund gepressten Hand zu dämpfen. "Wenn du so weitermachst, darf ich wegen dir noch die ganze Woche nachsitzen!"
"Als ob du dahin gehen würdest. Du gehst ja nicht mal gleich dahin", erwidert Habib und ich boxe ihm erneut gegen den Arm.
"Ich hätte an deiner Stelle nicht so eine große Fresse, Bibi", raunt Rohan, der auf der anderen Seite von Habib sitzt. "Immerhin war Lola wegen unserer Aktion bei der Berger und muss deswegen nachsitzen."
"Falsch, sie muss wegen ihrer großen Klappe nachsitzen. Aber war ja klar, dass du deine Prinzessin wieder verteidigen würdest, Romeo...au, ihr Pisser!"
Fast zeitgleich schlagen Rohan und ich Habib von beiden Seiten gegen den Arme.
"Jetzt ist aber Schluss!", ruft Herr Schneider und schaut wütend in unsere Richtung. "Was treibt ihr drei dort hinten?!"
In diesem Moment ertönt die Schulglocke zum Ende der letzten Stunde und ich atme erleichtert auf. Wenn es tatsächlich einen Gott geben sollte, ist er zur Abwechslung mal auf unserer Seite.
"Boah, bloß raus hier", knurrt Rohan und steht auf.
Hastig packen wir wie die anderen aus unserem Kurs unsere Sachen zusammen.
"Was ist jetzt, Prinzessin?", fragt Habib und grinst mich schief an, während wir nach draußen auf den Flur stapfen, "kommst du mit zu Xenia oder bleibst du wie eine brave Schülerin hier?"
"Ich glaube, diese Frage kann ich dir beantworten, Habib."
Verwirrt drehen wir uns um und meine Augen weiten sich, als ich Tina neben der geöffneten Klassenzimmertür stehen sehe.
"Was machst du denn hier?", frage ich und hebe eine Augenbraue.
"Dich zum Nachsitzen abholen. Die Chefin hat befürchtet, dass du nicht kommen würdest und anscheinend war ihre Sorge ja berechtigt."
"Oh Mann, ist ja fast so als wenn du von den Bullen abgeführt wirst", lacht Habib, verstummt jedoch, als Rohan ihm auf den Hinterkopf klatscht.
"Du bist immer noch nicht lustig, Bibi", knurrt er und schaut zu mir, "wir sehen uns dann später, ja?"
"Klar", sage ich und zucke mit den Schultern, "sagt Xenia und Marvin Bescheid, dass ich nachkomme. Das dauert hier eh nicht lange."
"Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher, Liebes", sagt Tina etwas mitleidig und nimmt mich sanft am Arm, "komm, lass uns gehen."
Widerwillig vergrabe ich die Hände in den Taschen meiner Lederjacke und lasse mich von Tina den Flur entlang mitziehen.
Immer wieder kommen uns Schüler entgegen, die alle auf dem Weg nach Hause sind. Am liebsten hätte ich jedem Einzelnen von ihnen ein Bein gestellt.
Es dauert nicht lange, bis wir in den Gang einbiegen, an dessen Ende sich der Raum fürs Nachsitzen befindet. Vor der Tür steht auch schon Direktorin Berger, die mich mit vor der Brust verschränkten Armen und einem fast schon erwartungsvollen Blick anschaut.
Die Frau neben ihr kenne ich nicht.
Sie trägt wie Direktorin einen Blazer, allerdings in schwarz und nicht dunkelgrau. Darunter trägt sie eine schlichte weiße Bluse, dessen Kragen ordentlich über dem Kragen des Blazers liegt. Ihr eng anliegender Rock reicht ihr knapp bis zu den Knien und ihre Pumps sind mit schwarzem Samt überzogen.
Für kein Geld der Welt würde ich so ein Outfit anziehen!
Ihre blonden Haare reichen ihr bis zu den Schultern und als Tina und ich näher kommen, sehe ich, wie ihre braunen Augen mich aufmerksam mustern.
"Schön dich zu sehen, Lola", sagt Direktorin Berger und nickt Tina kurz zu, die ebenfalls nickt, mir nochmal aufmunternd zulächelt und sich dann umdreht und wieder den Gang zurückgeht. Kein Wunder, sie hat bestimmt bald Feierabend und muss ihren Nachmittag nicht hier verschwenden.
Mürrisch schiebe ich meine Hände noch tiefer in die Taschen meiner Lederjacke und schaue die beiden Frauen desinteressiert an.
Direktorin Berger lässt sich davon nicht irritieren. Hätte mich auch ehrlich gesagt gewundert, wenn es was gebracht hätte.
"Lola, ich würde dir gerne jemanden vorstellen", sagt sie und schaut zu der Frau neben ihr. "Das ist Frau Jacobi. Sie wird ab morgen als neue Französischlehrerin an unserer Schule anfangen und wird dich heute während des Nachsitzens betreuen."
"Aha."
Unbeeindruckt schaue ich von ihr zu Frau Jacobi, die mich freundlich anlächelt.
"Es freut mich dich kennenzulernen, Lola", sagt sie und schaut mich weiter aus ihren klaren braunen Augen an.
Irgendwas an ihrem Blick irritiert mich.
"Tag", brumme ich und höre, wie Direktorin Berger aufseufzt.
"Nimm es bitte nicht persönlich, Zoe. Lola ist immer noch sauer auf mich und normalerweise nicht so schweigsam. Obwohl dieser Zustand zur Abwechslung auch ganz angenehm ist, wenn ich ehrlich bin."
Ich verdrehe die Augen und greife in der Innentasche meiner Lederjacke nach einer von Rohans selbstgedrehten Zigaretten.
"Haben Sie mal Feuer?", frage ich gelangweilt und stecke mir das Zigarettenende in den Mund.
"Du weißt, dass das Rauchen hier nicht gestattet ist."
Mit einer schnellen Bewegung zieht Direktorin Berger mir die Zigarette wieder aus dem Mund.
"Stimmt", ich zucke mit den Schultern, "aber irgendwie muss ich mir ja die Zeit während Ihres improvisierten Kaffeekränzchens vertreiben."
"Wie ich sehe, hast du deinen üblichen Charme wiedergefunden."
"Wären Sie dann so charmant und würden mir meine Zigarette wiedergeben?"
"Die kannst du dir morgen bei mir im Büro abholen."
"Wahrscheinlich wieder in Kombination mit der typischen Predigt darüber, wie ungesund das Rauchen doch ist, oder?"
"Mit derartigen Kommentaren bewegst du dich mehr und mehr auf dünnem Eis, Lola", sagt Direktorin Berger und schaut von mir zu Frau Jacobi. "Ich habe dir ja gesagt, dass sie nicht einfach ist."
"Oh, soll ich mich jetzt etwa geschmeichelt fühlen, dass Sie über mich geredet haben?"
"Und vorlaut", fügt Direktorin Berger nach einem erneuten Blick auf mich hinzu, woraufhin ich genervt aufseufze.
"Besteht das Nachsitzen jetzt daraus, dass ich Ihnen beim Lästern über mich zusehen muss?"
"Natürlich nicht", sagt Direktorin Berger und öffnet die Tür zum Nachsitz-Raum. "Geh schon mal rein, Lola. Frau Jacobi kommt gleich nach."
"Ich kann's kaum erwarten", brumme ich und schiebe mich an Direktorin Berger vorbei in den Raum.
Das kann ja lustig werden.

Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt