- Lola -
"Also, habe ich das richtig verstanden?", fragt Rohan und mustert mich mit einer gehobenen Augenbraue von der Seite. "Diese unbekannte Frau, in die du verliebt bist, hat am Samstag Geburtstag. Und du möchtest sie an diesem Tag überraschen, obwohl ihr euch ja aus irgendwelchen geheimen Gründen darauf geeinigt hattet, voneinander Abstand zu halten?"
"Wieso lässt du es absichtlich so klingen, als wäre das eine schlechte Idee?", erwidere ich mit gerunzelter Stirn und rücke meine Tasche über meiner Schulter zurecht.
"Na ja, hältst du diese Idee etwa für gut?", fragt Rohan und betrachtet mich immer noch zweifelnd, woraufhin ich genervt die Augen verdrehe.
"Habib und du, ihr beiden habt mich die ganze Zeit über während des Nachsitzens genervt, wo ich ständig mit meinen Gedanken bin. Und auch wenn ich es dir jetzt erzählt habe, habe ich noch lange nicht um deine Meinung dazu gebeten!"
"Hey, entspann dich", sagt Rohan und hebt abwehrend beide Hände, während seine Stimme einen versöhnlicheren Ton annimmt, "ich meine, auch wenn ich wie gesagt diese geheimen Gründe nicht kenne, sind es ja anscheinend immer noch berechtigte Gründe, wegen denen ihr euch nicht trefft. Was machst du denn, wenn du zu einem ungünstigen Zeitpunkt bei ihr erscheinst oder sie wütend wird, weil du dich nicht an eure Vereinbarung gehalten hast? Ich will dich einfach nur vor Ärger oder einer Enttäuschung bewahren, okay?"
"Danke, aber das ist nicht nötig", erwidere ich, immer noch ein wenig trotzig und verärgert, "ich weiß schon, was ich tue."
"Okay, ganz wie du meinst", sagt Rohan und ich sehe aus den Augenwinkeln, wie er langsam nickt, "dann wünsche ich dir viel Erfolg bei deinem Plan, wie immer der auch aussehen soll. Aber eine Frage hätte ich noch."
"Und welche?", stöhne ich genervt, während ich im Stillen schon fast bereue, ihm überhaupt von meinem Vorhaben erzählt zu haben.
"Na ja, also...versteh mich bitte nicht falsch, aber...", Rohan mustert mich einmal von oben bis unten und wieder zurück, "...du willst doch hoffentlich nicht so am Samstag bei deiner Herzdame aufkreuzen, oder?"
"Ich...ähm..."
Ich folge seinem Blick und mustere mich ebenfalls.
Alte Turnschuhe, zerrissene Jeans, ausgewaschenes Shirt und eine ausgebeulte Lederjacke.
Das ist vielleicht wirklich nicht das passende Outfit für ein erstes Date...und erst recht nicht für Zoes Geburtstag...verdammt!
"Äh...ich...", stammle ich weiter und fahre mir zur Ablenkung mit einer Hand durch die Haare, "nein...ähm...da lasse ich mir natürlich auch noch was einfallen."
"Natürlich", erwidert Rohan und ich sehe wie er versucht, ein belustigtes Grinsen zu unterdrücken, was ihm jedoch nicht gelingt.
"Jetzt guck nicht so!" Murrend stoße ich ihm mit der Faust gegen den Arm, was Rohan auflachen lässt. "Ich kriege das schon hin!"
"Oder ich frage meine Schwester, ob sie dir was von ihren Sachen geben kann", erwidert Rohan schulterzuckend, "ich meine, du kennst Elisa. Wenn sie irgendwann mal auszieht, brauch sie für ihre Klamotten einen separaten Umzugslaster. Also müsste sich bei ihr auch bestimmt etwas für dich finden lassen."
"Ich...", ich blinzle mehrfach und schaue Rohan mit einer Mischung aus Überraschung und Verwirrung an, als ich vor unserem mehrstöckigen Wohnhaus stehen bleibe, "ich...äh...danke, Rohan...aber das musst du nicht...ich werde sonst bestimmt auch so etwas finden oder..."
"Ach, komm schon", unterbricht mich Rohan und macht eine wegwerfende Handbewegung, "Elisa mag dich und wird mit Sicherheit ja sagen und ich bringe dir die Sachen dann einfach mit. Wie ich sie kenne, wirst du am Ende sowieso eine riesige Auswahl an Klamotten haben und kannst dich gar nicht entscheiden."
Während Rohan erneut lacht, macht sich das warme Gefühl von Erleichterung und Dankbarkeit in mir breit und ich trete lächelnd auf ihn zu.
"Du bist der Beste", seufze ich und umarme ihn fest.
"Kann sein", erwidert Rohan und zwinkert mir zu, nachdem er sich wieder aus der Umarmung gelöst hat, "aber sag's nicht weiter."
"Spinner", entgegne ich und stoße ihm lachend vor die Brust, bevor ich mich umdrehe und an der Hauswand emporschaue.
Prompt zieht sich mein Magen zusammen und meine Gedanken wandern zu Danny.
Ich habe es tatsächlich für den Großteil des Tages geschafft, mich davon abzuhalten allzu sehr an ihn zu denken. Das unverhoffte Treffen mit Zoe und das unendlich nervige Nachsitzen haben dabei überraschend gut geholfen, aber jetzt...
Hoffentlich ist alles gut gegangen...
"Machst du dir Gedanken wegen Danny und deine Mutter?", holt Rohan mich aus meinen Gedanken zurück und ich muss nicht mal zu ihm schauen, um zu wissen, dass er mich besorgt mustert.
"Ist das so offensichtlich?", frage ich stattdessen und lache trocken auf, bevor mein Blick wieder etwas ernster wird und ich meinen Kopf zu ihm drehe. "Was...", ich schlucke schwer und atme mehrfach tief durch, "was mache ich denn, wenn heute irgendetwas schief gegangen ist?"
"Das glaube ich nicht", entgegnet Rohan und schüttelt den Kopf, während er wieder etwas näher auf mich zutritt, "ich bin mir sicher, dass alles gut gegangen ist. Du hast doch selber gesagt, dass deine Mutter in den letzten Wochen erhebliche Fortschritte gemacht hat. Sie ist ja sogar regelmäßig zu ihrer Therapiestunde gegangen."
"Ja, ich weiß", erwidere ich und seufze tief, "trotzdem mache ich mir immer noch Gedanken. Ich kann die letzten Jahre, in denen sie sich nicht mal im Ansatz für uns interessiert hat, nicht einfach so vergessen."
"Das verlangt ja auch niemand", sagt Rohan und ich spüre, wie er mir eine Hand auf die Schulter legt, "soll ich mit hoch kommen?"
"Nein, schon in Ordnung", entgegne ich und zwinge mich zu einem zuversichtlichen Lächeln, während ich seine Hand wieder von meiner Schulter schiebe, "wir sehen uns morgen, ja?"
"Alles klar", sagt Rohan und nickt kurz, "aber wenn doch noch was sein sollte, rufst du mich an, okay?"
"Ja, in Ordnung."
Ich nicke Rohan noch einmal kurz zu und gehe dann zur Haustür, dessen Schloss schon seit Ewigkeiten kaputt ist und die Tür sich dadurch einfach aufziehen lässt.
Während ich die Treppen zu unserer Wohnung hochsteige, kreisen meine Gedanken erneut um Danny und meine Mutter.
Hoffentlich ist alles gut gegangen...
Meine Finger zittern leicht, als ich den Schlüssel ins Schlüsselloch stecke und ihn zum Öffnen der Wohnungstür herumdrehe.
Hoffentlich ist alles gut gegangen...
Hoffentlich ist alles gut gegangen...
Hoffentlich...
"Lolaaaaa!"
Kaum dass ich die Tür aufgestoßen habe, kommt Danny mir schon über den Flur entgegengelaufen und ich hocke mich gerade noch rechtzeitig hin, um ihn zur Begrüßung zu umarmen.
"Da bist du ja endlich!", sagt er und strahlt mich an, nachdem er sich wieder aus der Umarmung gelöst hat, "ich hab dich vermisst."
"Ich dich auch, Großer", sage ich und streiche ihm mit einem erleichterten Lächeln über die Haare, während ich ihn prüfend mustere. "Alles in Ordnung? Geht es dir gut?"
"Ja, klar", erwidert Danny und nickt eifrig, während hinter ihm meine Mutter in einem Türrahmen erscheint und mit vor der Brust verschränkten Armen schüchtern in meine Richtung lächelt.
Mit einem verwunderten Blinzeln schaue ich zwischen ihr und Danny hin und her.
Es ist tatsächlich alles gut gegangen...- Zoe -
"Und du bist dir sicher, dass sie den Ernst der Lage wirklich verstanden hat?"
"Ganz sicher", erwidere ich und lasse mich auf mein Sofa fallen, während ich mein Handy weiter mit einer Hand gegen mein Ohr presse. "Lola hat mir versprochen, dass sie sich fortan zusammenreißen will, damit sie ihren Abschluss nicht weiter gefährdet. Sie weiß genau, was auf dem Spiel steht."
"Dann hoffe ich doch sehr, dass sie ihren Worten auch Taten folgen lässt", ich höre an Monas Tonfall, dass sie die Augen verdreht, "wenn sie sich noch eine weitere Sache leistet, weiß ich wirklich nicht, ob ich ihr einen Verweis noch ersparen kann. Und was das für ihren Notenschnitt und damit für ihren Abschluss bedeutet, muss ich dir ja wohl nicht erklären."
"Nein, das musst du nicht", murmle ich und schlucke schwer, während ich mich wieder aufsetze, "aber Lola wird sich zusammenreißen. Das weiß ich. Das spüre ich einfach."
"Was du nicht alles spürst, Süße", erwidert Mona amüsiert, was mich wiederum die Augen verdrehen lässt.
"Ach, halt die Klappe."
"Na na na", entgegnet Mona, wobei ihre Stimme den typischen Direktorin-Klang annimmt und ich kann förmlich sehen, wie sie ermahnend ihren Zeigefinger hebt, "noch so eine Bemerkung und ich lasse unsere Verabredung am Samstagmittag ausfallen. Und dann kannst du deinen Geburtstag ganz alleine feiern, ohne das Privileg meiner werten Gesellschaft."
"Was ich natürlich zutiefst bereuen würde", erwidere ich in einem belustigten ironischen Tonfall, muss jedoch kurz darauf tief aufseufzen. "Wobei ich aber zugeben muss, dass mir wirklich nicht nach meinem Geburtstag zumute ist, Mona. Das Treffen mit Lola heute...wenn es auch nur sehr kurz war...hat mir einfach nur nochmal vor Augen geführt, wie sehr sie mir fehlt. Und ich...ach, keine Ahnung...es ist einfach alles so anstrengend und kompliziert zurzeit."
"Das tut mir Leid", höre ich Mona sagen, während ich drohe, wieder in meinen Gedanken zu versinken, "abgesehen davon, dass du Lola nochmal die Wichtigkeit ihres Verhaltens verdeutlichen solltest, hatte ich eigentlich gehofft, dass dir dieses außerplanmäßige Treffen etwas helfen würde, aber..."
"Aber es hat mir doch auch geholfen!", protestiere ich, lauter als ich eigentlich beabsichtigt hatte. "Wirklich, es hat mir geholfen! Und Lola auch! Du hättest mal ihr Gesicht sehen sollen, als ich sie gebeten habe, nach dem Unterricht noch kurz zu bleiben. Sie konnte ihre Freude kaum verbergen. Und als sie mich dann geküsst hat..."
"Sie hat was?"
Sofort beiße ich mir auf die Unterlippe und hätte mir am liebsten vor den Kopf geschlagen.
Wieso muss mir in Monas Gegenwart nur immer so etwas rausrutschen?
"Ich...ähm...", stammle ich und suche in meinem Kopf nach Worten, finde aber keine. Typisch...
"Ihr beiden seid schlimmer als frisch verliebte Teenager, weißt du das?", höre ich Mona stöhnen, die zu diesem Zeitpunkt vermutlich ihre Augen geschlossen hat und sich mit zwei Fingern ihre Schläfe massiert, "was genau hast du an den Worten mit Lola reden nicht verstanden?"
"Sie hat mich doch geküsst!"
"Und du hattest keine Möglichkeit den Kuss zu unterbinden, du armes Ding", erwidert Mona in einem gespielten bedauernden Ton, bevor ihre Stimme wieder ihren normalen Klang annimmt, "ich hoffe, ihr habt diesmal wenigstens die Tür vorher geschlossen und die Show nicht wieder vor unerwünschtem Publikum zum Besten gegeben."
"Natürlich war die Tür geschlossen!"
"Und ich hoffe auch, dass es nur beim Küssen geblieben ist..."
"Mona!"
"...wobei ich das ehrlich gesagt auch absolut nicht wissen will, wenn da was gelaufen sein sollte. Das sind mir dann doch zu viele Informationen."
"Verdammt, da ist überhaupt nichts gelaufen!"
"Das ist kein Grund mir ins Ohr zu schreien, Süße."
"Ich schreie doch überhaupt nicht!"
"Stimmt, du bist die Ruhe in Person", erwidert Mona trocken und atmet tief durch. "Okay, weißt du was? Es ist mir total egal, ob du nun Lust auf deinen Geburtstag am Samstag hast oder nicht, Süße. Aber du musst dringend mal wieder auf andere Gedanken kommen. Und wenn du schon am Samstag nicht unbedingt mit mir essen gehen möchtest, werden wir beide am Freitagabend ausgehen und in deinen Geburtstag reinfeiern. Nur du, ich und die Cocktail- und Weingläser, die wir an dem Abend in den Bars leeren werden. Und da dulde ich keine Diskussionen."
"Aber..."
"Ich habe gesagt, ich dulde keine Diskussionen, Zoe."
Ich seufze ergeben über den autoritären Klang in Monas Stimme und lasse mich wieder nach hinten aufs Sofa fallen.
"Okay", murmle ich schließlich und fahre mir mit einer Hand über das Gesicht, während ich die Augen schließe, "aber die Getränke gehen auf dich."
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Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)
RomanceSie wissen nicht, was sie voneinander halten sollen. Lola Sommer, die durch ihre rebellische und vorlaute Art in der Schule nur Ärger macht und Zoe Jacobi, die ihre Stelle als neue Französischlehrerin an Lolas Schule antritt. Beide haben Gründe, den...