- Lola -
"Mist!", fluche ich, als mir der Schlüsselbund aus meiner vor Wut zitternden Hand fällt und klimpernd auf dem Boden landet, "dieses blöde Drecksteil! So ein verdammter Mist!"
Schnaubend bücke ich mich nach dem Schlüsselbund und suche erneut daran nach dem Schlüssel für die Wohnungstür, vor der ich ungeduldig stehe.
Ich kann mich kaum an den Nachhauseweg erinnern, nur dass ich mich im Bus mit irgendeiner Frau angelegt habe, die mit dem Busfahrer über die gestiegenen Ticketpreise diskutiert und ihn am Weiterfahren gehindert hat, so als ob der arme Kerl für die Preise verantwortlich wäre. Auf meinen Kommentar hin, dass sie ihre Klappe halten und das Ticket einfach kaufen soll, hat die Frau mich abfällig gemustert und als "unverschämte vorlaute Göre" beschimpft. Trotzdem hat sie im nächsten Moment stillschweigend ein Ticket gekauft und sich hingesetzt, allerdings nicht, ohne noch einmal ihren Kopf demonstrativ zu heben, als sie an mir vorbeigestöckelt ist. Die arrogante Kuh kann froh sein, dass ich ihr nicht noch ein Bein gestellt habe...
"Na endlich!", seufze ich genervt, als es mir nach dem vierten Versuch gelingt, den Schlüssel ins Schlüsselloch zu stecken und zum Öffnen der Tür herumzudrehen.
Wie konnte sie es nur wagen, Danny abzuholen?!
Erst recht nach der Aktion von heute Morgen!
Was hat sie sich nur dabei gedacht?!
Ach, wahrscheinlich gar nichts! Bestimmt tut sie gleich wieder so unschuldig!
Wehe, sie hat Danny irgendetwas getan!
Ich schwöre, ich werde sie eigenhändig aus der Wohnung schmeißen!
Mit einem wütenden Schnauben stoße ich die Wohnungstür auf und stolpere von dem Schwung fast in den Flur.
Prompt steigt mir ein süßlicher Geruch in die Nase und ich hebe erstaunt die Augenbrauen, während ich über unseren leeren Flur schaue.
Das...das sind doch...
Bevor ich meinen Gedanken beenden kann, steckt Danny seinen Kopf aus der Küche in den Flur und strahlt mich kurz darauf mit einem breiten Grinsen an.
"Lola!"
Wie aus Reflex gehe ich in die Hocke, als Danny auf mich zustürmt und umarme ihn zur Begrüßung, während er sich mit seinen kurzen Ärmchen fest an mich drückt.
"Da bist du ja endlich!", sagt Danny und schaut mich mit einem leicht vorwurfsvollen Blick an, als er sich wieder aus der Umarmung löst. "Du hast heute total lange gebraucht."
"Ja, ich weiß. Es tut mir Leid, Großer", sage ich und stehe kurz auf, um die Wohnungstür hinter mir zu schließen, bevor ich mich wieder zu Danny drehe und vor ihn hinhocke.
"Was machst du da?", fragt er und runzelt die Stirn, als ich ihn leicht am Kinn fasse und seinen Kopf vorsichtig hin und her drehe.
Sieht alles okay aus...
"Nichts", murmelt ich und lasse sein Kinn wieder los, bevor ich einmal leicht mit beiden Händen über seine Arme fahre, "wie geht es dir? Ist alles in Ordnung? Tut dir etwas weh?"
Schmollend schiebt Danny die Unterlippe vor. "Ich habe doch versprochen, dass ich ab jetzt beim Spielen besser aufpasse", mault er und verschränkt seine Arme trotzig vor der Brust.
"Ach, das meine ich doch gar nicht, Großer", erwidere ich und drücke ihm versöhnlich einen Kuss auf die Stirn, was ihn wieder zufrieden zu stellen scheint, "ich will einfach nur wissen, ob es dir gut geht. Und...wie dein Tag gewesen ist."
"Oh, toll!", Dannys Augen werden groß und sein Grinsen wieder etwas breiter, "Timo und ich haben eine riesige Rennstrecke für unsere Autos gebaut! Die ist echt super geworden! Aber wir konnten sie nicht ausprobieren, weil Frau May dann meinte, dass wir gleich wieder nach Hause müssen. Aber wir durften die Rennstrecke stehen lassen. Toll, oder? Dann können wir sie gleich morgen ausprobieren!"
"Das...klingt doch schön", sage ich und zwinge mich zu einem Lächeln, muss aber dennoch schlucken, "und...danach?"
"Danach?", Danny legt den Kopf schief, "danach hat Mama mich abgeholt. Das weißt du doch bestimmt schon, oder?"
"Ja, ähm...klar", erwidere ich und komme mir aufgrund von Dannys verwundertem Blick etwas dämlich vor. "Hast du dich denn gar nicht gefragt, warum ich dich nicht abgeholt habe?"
"Doch. Aber Frau May hat gesagt, dass sie nur mit Mama sprechen konnte. Und Mama hat auch noch ein paar Mal versucht dich anzurufen."
"Ach, Unsinn", sage ich und schüttle den Kopf, während Danny jedoch eifrig nickt.
"Doch. Ganz oft! Ich stand doch neben ihr vor dem Eingangstor und habe gewartet, dass sie dich erreicht. Sie hat es bestimmt hundertmal versucht!"
"Also, so oft ganz sicher nicht", sage ich und kann mir ein leichtes Lachen nicht verkneifen, woraufhin Danny die Augen verdreht.
"Aber es war ganz oft!", sagt er und stampft trotzig mit seinem Fuß auf, was mich beschwichtigend die Hände heben lässt.
"Okay, okay, Großer. Ich glaube dir. Kein Grund, den armen Boden dafür zu bestrafen."
Mit einem Lächeln fahre ich ihm durch die Haare, was Danny aufkichern lässt, als mein Blick hinter ihn und auf meine Mutter fällt, die im Türrahmen zur Küche erschienen ist.
Sie hat ihre Hände mit nervösen Bewegungen ineinander verschränkt und tritt unschlüssig von einem Fuß auf den anderen, während sie in unsere Richtung schaut. Als sie meinen Blick bemerkt, zuckt sie kurz zusammen und lächelt mich dann etwas unsicher an.
"Ich...ähm", sagt sie und räuspert sich kurz, um das Zittern in ihrer Stimme verschwinden zu lassen, "ich...ich wollte nur Bescheid sagen, dass die Pfannkuchen fertig sind."
Dann war mein Gedanke bezüglich des süßlichen Geruchs vorhin doch richtig gewesen...
Aber...seit wann macht meine Mutter bitte für uns Pfannkuchen?!
Soll das hier alles ein Scherz sein?!
Während ich meine Mutter immer noch verwirrt und mit einer hochgezogenen Augenbraue mustere, fängt Danny erneut an zu kichern.
"Du siehst lustig aus, Lola", sagt er und lacht erneut, als ich mit diesem vollkommen irritierten Blick in seine Richtung schaue. "Keine Sorge, ich habe Mama gezeigt, wie du die Pfannkuchen immer machst. Und sie sehen sogar fast so aus wie deine. Komm, ich zeige sie dir!"
Danny greift nach meiner Hand und will mich mit sich ziehen, was mich zum Aufstehen bringt.
"Ich...ähm...ich komme gleich, Großer", sage ich, während ich immer noch etwas verwirrt zwischen ihm und meiner Mutter hin und her schaue, "ich...äh...muss nur kurz mein Handy an den Strom stecken, damit es auflädt."
"Okay."
Danny lässt meine Hand wieder los und dreht sich dann mit einem leichten Grinsen von mir weg, um wieder in Richtung Küche zu gehen. Als er sich an meiner Mutter vorbeidrängt, um in die Küche zu gelangen, treffen meine Blicke erneut ihre.
Sie schaut mich immer noch etwas verunsichert, wenn auch mit einem vorsichtigen Lächeln an, während ich ihren Blick verwirrt und mit mehrfachem Blinzeln erwidere.
Unser wortloser Austausch dauert jedoch nicht viel länger als ein paar Sekunden, bis ich mich kurz darauf wegdrehe, um in Dannys und mein Zimmer zu gehen.
Das Ladekabel von meinem Handy habe ich schnell gefunden und schließe es rasch an die nächste Steckdose an. Dann mache ich mein Handy an und tippe in Rekordzeit meinen PIN-Code ein.
Ich muss schließlich wissen, ob Zoe sich in all dem Chaos schon gemeldet hat...
Ungeduldig tippe ich mit einem Finger gegen den Außenrand des Displays, während ich warte, dass mein Handybildschirm angezeigt wird.
Kurz darauf taucht ein rechteckiges Benachrichtigungsfeld in der Mitte des Displays auf.
Siebzehn verpasste Anrufe.
Mir wird schlecht.
Hastig tippe ich auf Details und atme kurz darauf erleichtert auf.
Keiner der Anrufe gehört zu Zoe.
Drei davon sind vom Kindergarten.
...und vierzehn von meiner Mutter...
Ich schlucke und sehe langsam von meinem Display auf.
Danny hat Recht.
Sie hatte wirklich versucht, mich zu erreichen...
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Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)
RomanceSie wissen nicht, was sie voneinander halten sollen. Lola Sommer, die durch ihre rebellische und vorlaute Art in der Schule nur Ärger macht und Zoe Jacobi, die ihre Stelle als neue Französischlehrerin an Lolas Schule antritt. Beide haben Gründe, den...