# 7

5.7K 282 10
                                    

- Lola -

"Schickes Outfit, Prinzessin!", höre ich Habib rufen, als ich aus der Sporthalle auf den Schulhof trete und ihn zusammen mit Rohan an den angrenzenden Tischtennisplatten lehnen sehe. "Sind die Umkleiden wegen Überfüllung geschlossen oder konntest du es nicht erwarten, endlich ins Wochenende zu starten?"
"Du solltest Dichter werden, Bibi", entgegne ich und löse meinen Zopf, während ich auf die beiden zu gehe. "Außerdem sagst du doch immer, dass ich viel zu lange fürs Umziehen brauche und ihr euch beim Warten immer zu Tode langweilt."
"Ignorier den Idioten", sagt Rohan und richtet sich auf, "er versucht nur wieder krampfhaft witzig zu sein."
"Dass dir das Outfit unserer Prinzessin gefällt war ja klar, Romeo", entgegnet Habib und grinst Rohan frech an, woraufhin dieser ihm einen Stoß gegen den Arm verpasst.
Seufzend verdrehe ich die Augen und fahre mir mit beiden Händen durch die Haare, um sie etwas aufzulockern. Dann greife ich in meine Tasche, die über meiner Schulter hängt, und fische in einem Wirrwarr aus Büchern und meinen normalen Klamotten nach meiner Wasserflasche, die ich kurz darauf finde und aufschraube.
Ein dreißigminütiger Dauerlauf und anschließende Hoch- und Weitsprungübungen gehen auch an mir nicht spurlos vorbei, obwohl ich in Sport zur Abwechslung mal zu den Klassenbesten zähle.
Die Flasche ist nach wenigen Zügen leer und ich stopfe sie zurück in meine viel zu überfüllte Tasche. Dann binde ich das Ende meines Tops zu einem Knoten, sodass ein Teil meines Bauchs zu sehen ist und zupfe abschließend meine Shorts zurecht.
"Tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen, Bibi", sage ich, während ich mit ihm und Rohan über den Schulhof in Richtung Ausgang stapfe, "aber ich wollte weder dich noch Rohan beeindrucken, sondern einfach nur schnell aus der Sporthalle raus. Dannys Kindergarten macht heute nämlich etwas früher Schluss, weil die Erzieher noch irgendeine wichtige Besprechung haben und deshalb muss ich da gleich direkt hin und Danny abholen. Das Duschen und Umziehen erledige ich dann zu Hause."
"Dann kann unser Romeo sich also abschminken, dass du heute Abend so zu Xenia arbeiten kommst?", fragt Habib und lacht, während Rohan und ich genervt die Augen verdrehen.
"Konnte er seine dummen Kommentare nicht vorhin bei euch in Musik loswerden?"
Rohan schüttelt den Kopf. "Keine Chance. Herr Jürgens hat die ganze Zeit über von seinem Wanderurlaub in irgendwelchen Bergen in Österreich erzählt."
Amüsiert hebe ich eine Augenbraue. "Hätte mich auch gewundert, wenn der Typ mal über was quatschen würde, was mit Musik zu tun hat."
"Ja", grinsend klopft Habib Rohan mit einer Hand kurz, aber kräftig, auf die Schulter. "Stell dir mal vor, wir müssen in der nächsten Stunde irgendwelche Wanderlieder trällern."
"Dann schwänze ich und geh mit Marvin schon mal zu Xenia", brummt Rohan, während Habib erneut lacht.
Überrascht hebe ich eine Augenbraue. "Hat Marvin schon Schluss?"
"Schon seit zwei Stunden", sagt Rohan und grinst schief, "verdammter Glückspilz."
"Na ja, irgendeinen Vorteil muss das Sitzenbleiben ja haben", murmle ich und seufze kurz, "also machst du heute mit Marvin jetzt gleich die erste Schicht?"
"Keine Sorge, Prinzessin", sagt Habib und zwinkert mir zu, "die übernehme ich. Ich würde dich doch schließlich nicht um die Gesellschaft deines wertgeschätzten Romeos bringen wollen."
"Und ich wusste nicht, dass du einen derart komplexen Satz auf die Reihe bekommst", entgegne ich und zwinkere zurück, woraufhin Habibs selbstgerechtes Grinsen irritierte Züge annimmt. "Aber abgesehen von diesem großzügigen Opfer, das du für mich bringst, könntest du mir noch einen anderen Gefallen tun. Könntest du Xenia fragen, ob Danny heute oben in ihrer Wohnung auf dem Sofa schlafen kann, bis meine Schicht vorbei ist und mir dann kurz schreiben?"
"Ähm, klar. Kann ich machen", sagt Habib und runzelt die Stirn, "aber warum willst du ihn nicht bei euch zu Hause lassen? Ich meine, deine Mutter kommt doch sowieso nie aus ihrem Zimmer raus."
"Normalerweise nicht", murmle ich und hole tief Luft, "aber sie trinkt wieder."
"Oh, fuck." Habib legt mir einen Arm um die Schulter. "Mach dir keinen Kopf, Prinzessin. Ich frag Xenia und wenn sie, warum auch immer, nein sagen sollte, kann der Kleine so lange zu uns."
"Weil bei euch mit sechs Personen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung ja auch so viel mehr Platz ist", sage ich, muss aber lächeln.
Habib grinst. "Eben. Da fällt einer mehr doch gar nicht auf."
Lachend verdrehe ich die Augen und stoße ihm freundschaftlich gegen den Arm, während wir weiter auf das Schultor zu gehen, als ich mit einem Mal einen Blick auf mir spüre.
Verwirrt schaue ich mich um und sehe zu meinem Erstaunen Frau Jacobi.
Zusammen mit Direktorin Berger und meinem Sportlehrer Herrn Heinrichs steht sie in der Nähe des Schulgebäudes und unterhält sich mit ihnen. Doch im Gegensatz zu den beiden anderen, die uns den Rücken zugewendet haben, schaut Frau Jacobi genau in unsere Richtung.
In meine Richtung, um genau zu sein.
Als sie merkt, dass ich ihren Blick erwidere, breitet sich ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen aus und sie nickt mir zu. Dabei gleiten ihre Augen kurz über meinen Körper und mir wird erst jetzt bewusst, dass ich für meine Verhältnisse viel zu freizügig angezogen bin.
Schnell nicke ich ihr ebenfalls zu und schaue wieder weg, um die Röte, die sich langsam auf meinen Wangen ausbreitet, zu verstecken.
Ich habe Frau Jacobi seit unserem Gespräch nach Französisch nicht mehr gesehen, wobei ich mich ab und zu immer noch frage, ob ich mir das Ganze nicht nur eingebildet habe.
Ich hätte wirklich nie damit gerechnet, dass sie sich bei mir entschuldigt, obwohl ich ja eigentlich diejenige gewesen bin, die sie grundlos angefahren hat. Meiner Meinung nach zumindest, aber offenbar hat sie das ja anders gesehen...
Und auch die Tatsache, dass Direktorin Berger bisher nicht darauf bestanden hat, dass ich das Nachsitzen vom ersten Schultag nachhole, was eigentlich ihre Art ist...ob Frau Jacobi was damit zu tun hat?
Ich schüttle leicht den Kopf, während ich mich von Habib und Rohan weiter zum Schultor ziehen lasse.
Was sollte sie schon damit zu tun haben? Direktorin Berger und Frau Jacobi kennen sich zwar anscheinend irgendwie, aber Direktorin Berger ist nicht die Art von Person, die sich von anderen etwas sagen oder beeinflussen lässt.
Und, wenn man mal davon absieht, warum sollte Frau Jacobi sich überhaupt für mich einsetzen? In den meisten unserer Unterhaltungen habe ich bestimmt keinen besonders guten Eindruck gemacht und die Entschuldigung war bestimmt auch nur aus reiner Lehrer-Höflichkeit...genauso wie das Lächeln von gerade...und der Blick...und warum denke ich überhaupt so ausführlich darüber nach?!
Ich schüttle erneut den Kopf, diesmal etwas heftiger.
"Alles okay?", fragt Rohan und mustert mich von der Seite.
"Ja", seufze ich und nicke, "nur...wirre Gedanken."

Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt