- Lola -
"Also, hat alles geklappt?", fragt Xenia, während ich mir mein Handy ans Ohr drücke und im Hotelzimmer auf und ab gehe.
"Ja, zum Glück", erwidere ich und schaue mich mit einem zufriedenen Lächeln in dem Raum um. "Jacques hat alles perfekt vorbereitet, so wie du gesagt hast. Jetzt muss ich nur noch so lange warten, bis sie kommt."
"Was vermutlich der schwierigste Teil an deinem Plan ist, oder?", fragt Xenia und ich höre an ihrem Tonfall, dass sie belustigt eine Augenbraue hebt.
"Ja, kann man so sagen", murmle ich und fahre mir ein wenig verlegen durch die Haare, "ich meine, ich habe die ganze Woche darauf hingearbeitet, habe mir die Überraschungen überlegt und bin nach dem Nachsitzen an die verschiedenen Orte gefahren, um sie auch entsprechend zu organisieren...und jetzt kann ich einfach nichts mehr machen außer abzuwarten...und das nervt."
"Das glaube ich dir", erwidert Xenia lachend, während ich mich mit einem tiefen Seufzer aufs Bett setze, "es liegt jetzt nunmal nicht mehr in deiner Hand. Aber ich muss sagen, dass du dir da wirklich etwas Schönes überlegt hast, Liebes. Und deine Herzdame wird das sicherlich genauso sehen."
"Hoffentlich", murmle ich und atme tief durch, "ich meine, ich kann ja nicht mal einschätzen, ob ihr mein Kleid gefällt. Woher soll ich dann wissen, ob sie diese Idee gut findet. Vielleicht hält sie das Ganze ja auch für total albern und kindisch und kommt überhaupt nicht."
"So eine Unsicherheit passt überhaupt nicht zu dir, Schätzchen", entgegnet Xenia, deren Stimme nun einen etwas strengeren, aber auch fürsorglicheren Ton angenommen hat. "Mal abgesehen davon, dass sich deine Herzdame dann vermutlich schon längst bei dir gemeldet und dir das gesagt hätte, glaube ich nicht, dass sie so darüber denkt. Abgesehen von ihrer Existenz hast du mir zwar nichts von ihr erzählt, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie sich nicht darüber freut. Diese ganze Planung und Mühe, die du in die Vorbereitung und Umsetzung gesteckt hast, zeigt einfach, wie viel sie dir bedeutet und das ist letztendlich das größte Geschenk, das du ihr machen konntest."
"Ja...ich...ja...vielleicht hast du Recht", erwidere ich und seufze ergeben.
"Ja, das habe ich", entgegnet Xenia und ich kann ihr zufriedenes Grinsen förmlich vor meinen Augen sehen. "So, und jetzt hör bitte auf, dir über so einen Unsinn Gedanken zu machen und freu dich lieber auf deine Herzdame. So wie ich das einschätze, sollte sie ja eigentlich bald bei dir auftauchen. Also leg endlich auf, sammle dich nochmal und warte auf sie. Du willst schließlich nicht mit mir telefonieren, wenn sie an der Tür klopft."
"Nein, absolut nicht", sage ich und lache, beiße mir jedoch kurz darauf etwas zerknirscht auf die Unterlippe, "entschuldige bitte, ich..."
"Lola, welchen Teil von auflegen hast du nicht verstanden? Oder muss ich dir diese Aufgabe abnehmen?"
Überrascht halte ich inne, muss dann jedoch erneut lachen. "Okay, okay. Ich lege ja schon auf. Aber vorher...wollte ich mich noch bei dir bedanken. Also, dass du deine Kontakte zu Jacques für mich genutzt und mir das Hotelzimmer organisiert hast...und das noch zu einem ermäßigten Preis..."
"Wozu hat man Freunde und Beziehungen, wenn man sie nicht nutzt?", entgegnet Xenia lachend, was mich ebenfalls wieder auflachen lässt. "Und jetzt freu dich einfach und genieße den Abend."
"Das mache ich. Danke, Xenia."
"Du wiederholst dich, Liebes. Und da du ja wirklich nicht aufzulegen scheinst, lege ich jetzt auf. Einen schönen Abend und wir sehen uns dann nächsten Freitag."
Noch bevor ich etwas erwidern kann, dröhnt das bekannte monotone Piepsgeräusch in meinem Ohr und ich lasse meine Hand, dessen Finger das Handy umfassen, wieder senken.
Seufzend schaue ich auf das Display, welches sich nach ein paar Sekunden wieder schwarz färbt und stehe auf, um es auf die Oberfläche des kleinen Nachttischs neben dem Bett zu legen.
Xenia hat ja Recht.
Ich muss aufhören, mich so verrückt zu machen.
Abgesehen davon, dass das überhaupt nicht zu mir passt, bringt es jetzt ja schließlich auch nichts mehr.
Vielleicht hätte ich den Taxifahrer bitten sollen, noch einen Moment zu warten und nicht gleich loszulassen, dann hätte ich wenigstens Zoes Reaktion gesehen, wenn sie den Briefumschlag unter ihrem Scheibenwischer findet.
Aber als ich nach dem Klingeln an ihrer Wohnungstür wieder die Treppe hinunter gelaufen und aus dem Haus gestürmt bin, wollte ich einfach nur weg.
Sie sollte mich ja vorher nicht sehen...
Und dafür muss ich jetzt mit dieser verdammten Unsicherheit leben...und auf sie warten...na toll...
Ein genervtes Stöhnen entfährt mir und ich fahre mir mit geschlossenen Augen durch die Haare, während ich in dem Hotelzimmer auf und ab gehe.
Hoffentlich kommt Zoe bald...- Zoe -
Schon als ich auf den angrenzenden Parkplatz des Hotels gefahren bin, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus und dieses Staunen wird nur noch größer, als ich nun auf den Eingang des Hotels zu gehe.
Das Hotel Fürst macht seinem Namen alle Ehre.
Relativ abseits der Stadt liegt es ruhig eingebettet in einem kleinen, kunstvoll arrangierten Park, den man nur zu Fuß durchqueren kann und welcher durch hohe Eichen von der Umgebung und dem Parkplatz abgegrenzt wird.
Die verschiedenen Wege durch den Park sind mit künstlerischem Geschick angelegt worden. Die Büsche und Sträucher wurden mit demselben Geschick gestutzt und zum Teil zu diversen Figuren geschnitten, welche sich in ihrer Eleganz mit einigen der umherstehenden weißen Marmorskulpturen messen können.
Dieser Park war jedoch nichts im Vergleich zu dem Hotel selbst.
Das Hotel, dessen Fassade dem Farbton der Marmorskulpturen gleicht, ist in einem neoklassizistischen Stil erbaut worden. Es verfügt über fünf Stockwerke, sofern ich das anhand der regelmäßigen Anordnung der Rundbogenfenster beurteilen kann, und wird von einem flachen Dach mit dunklen Ziegeln gekrönt, die in der Abendsonne leicht schimmern. Und obwohl ich noch ein gutes Stück von dem Hotel entfernt bin, kann ich bereits den prunkvollen Eingang sehen, der von zwei Säulen umrahmt wird, die wiederum durch einen Bogen darüber miteinander verbunden sind.
Ein wenig unsicher umklammere ich meine Handtasche etwas fester, während ich weiter auf das Hotel zu gehe.
Was hat Lola sich nur dabei gedacht?
Das ist doch bestimmt viel zu teuer!
Mir hätte es ja schon gereicht, wenn wir einfach den Abend zusammen verbracht hätten und sie arrangiert nicht nur eine Nacht in diesem viel zu luxuriösen Hotel, sondern schickt mich obendrein noch auf eine kleine Schnitzeljagd mit diesen vielen Adressen.
Prompt wandern meine Gedanken zurück zu den vielen kleinen Geschenken, die ich während der vergangenen Stunde an den verschiedenen Adressen erhalten und in meinem Auto liegen gelassen habe.
Auch wenn ich anfangs noch ein wenig überrumpelt von Lolas Plan gewesen bin, habe ich mich schließlich nach tiefem Durchatmen in mein Auto gesetzt und bin losgefahren.
Zuerst bin ich zu einem Blumenladen gefahren, wo mir die Verkäuferin kurz nach der Nennung meines Namens einen großen Strauß voller roter Rosen in die Hände gedrückt hat, zusammen mit einem kleinen Kärtchen, auf dem in Lolas geschwungener Handschrift stand Damit sich deine eine Rose nicht so alleine fühlt und weil dieser Strauß schon längst überfällig ist. Überrascht, gerührt und auch ein wenig überfordert bin ich mit hochroten Wangen und den Rosen auf dem Arm aus dem Laden gestolpert und habe mich dabei nicht mal richtig bei der Verkäuferin verabschiedet. Erst als ich in meinem Auto saß, wurde ich wieder ein wenig ruhiger, doch die Röte auf meinen Wangen blieb weiterhin bestehen.
Und meine roten Wangen sollten an den folgenden Adressen nicht verblassen.
Insgesamt bin ich danach noch zu vier weiteren Adressen gefahren, von denen die letzte Adresse das Hotel gewesen ist.
Erst zu einem kleinen Musikgeschäft, in welchem Schallplatten, CDs und diverses Musikzubehör verkauft wurden, wo mir der Verkäufer ein kleines Päckchen in die Hand gedrückt hat, offensichtlich eine CD. An der Schleife hing ein weiterer von Lolas kleinen Zetteln mit dem Hinweis Achte auf den fünften Song. Das tat ich, nachdem ich draußen vor dem Laden das Päckchen ausgepackt habe, und musste unwillkürlich schmunzeln. Die CD war ein Album von Superbus und der fünfte Song darauf war Lola.
Die nächste Adresse führte mich zu einem Geschäft, in dem Kosmetikartikel verkauft wurden. Dort überreichte mir eine Verkäuferin eine kunstvoll verpackte Zusammenstellung verschiedener Badeöle und -salze, auf dessen Kärtchen stand Für unser nächstes gemeinsames Bad.
Danach fuhr ich zu einem Laden, der mich zugegebenermaßen erst ein wenig stutzig machte, da es sich um ein Fachgeschäft für Kameras und Fotografiebedarf handelte. Schließlich gab es kein gemeinsames Foto von Lola und mir und das aus gutem Grund. Und meine Sorge blieb weiterhin bestehen, als mir der Verkäufer ein weiteres Päckchen reichte, an dem ein weiterer Zettel von Lola hing. Für die vielen zukünftigen Momente, die ich mit dir erleben und teilen möchte. Nach kurzem Zögern hatte ich meine Schultern gestrafft und auch dieses Päckchen geöffnet. Ein leeres Fotoalbum.
Gerade das letzte Geschenk hat mich schwer schlucken lassen. Aber im positiven Sinne.
All die anderen Geschenke waren mindestens genauso schön und wohlüberlegt gewesen, aber dieses Album repräsentierte etwas, was die anderen Geschenke nicht unbedingt taten.
Eine gemeinsame Zukunft mit Lola.
Und das ist das größte Geschenk von allen.
Bei dem Gedanken daran muss ich erneut lächeln, wie so oft schon während des heutigen Abends, und atme tief durch, während ich weiter durch den Park auf das Hotel zutrete.
Ich kann es kaum erwarten, Lola endlich zu sehen...
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Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)
RomanceSie wissen nicht, was sie voneinander halten sollen. Lola Sommer, die durch ihre rebellische und vorlaute Art in der Schule nur Ärger macht und Zoe Jacobi, die ihre Stelle als neue Französischlehrerin an Lolas Schule antritt. Beide haben Gründe, den...