- Lola -
Oh nein...
Während sämtliche Farbe aus Zoes Gesicht gewichen ist und sie wie versteinert zu Direktorin Berger schaut, die ihren Blick auf gleiche Art erwidert, schiebe ich Zoe hastig von mir weg und rutsche vom Pult herunter.
"Ich, ähm...das, äh...", stammle ich, während ich zwischen Zoe und Direktorin Berger hin und her schaue, die mir jedoch beide weiterhin keinerlei Beachtung zu schenken scheinen.
Von dem Verhalten der beiden her könnte man fast meinen, Zoe hätte Direktorin Berger mit mir betrogen...
Fieberhaft überlege ich.
Meine Gedanken rasen durch meinen Kopf.
Und überschlagen sich dabei förmlich.
Was sollen wir nur tun?
Alles abstreiten?
Ziemlich sinnlos, wenn man auf frischer Tat ertappt worden ist...
Abhauen?
Ja klar, etwa in der Hoffnung, dass Direktorin Berger eine plötzliche Amnesie erleidet? So nach dem Motto Aus den Augen, aus dem Sinn? So ein Schwachsinn!
Aber was sollen wir denn sonst tun?!
Verdammt, warum musste Direktorin Berger denn ausgerechnet jetzt hierhin kommen?!
Sie treibt sich hier doch auch sonst nie herum!
Ist der Kaffee bei Tina im Sekretariat ausgegangen?! Oder hatte sie einen Anfall von akuter Langeweile?!
Verdammt!
Und warum, verdammt nochmal, hatte ich vorhin nur so eine große Klappe?!
Von wegen alles unter Kontrolle!
Ich könnte mich ohrfeigen!
Wir sind geliefert!
Verdammt, verdammt, verdammt!
Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Direktorin Bergers Blick langsam zu mir wandert, bevor mich ihre Augen mit einer Mischung aus Schock und Überforderung anstarren.
Wenigstens kann ich sagen, dass ich diesen Blick bislang nicht von ihr kannte, obwohl ich immer angenommen habe, ihr gesamtes Blickrepertoire zu kennen. Aber in Anbetracht der Umstände hätte ich auf die Vervollständigung dieses Repertoires auch verzichten können...
Ich schlucke, als Direktorin Berger mich für einen Moment mustert und dann wieder zu Zoe schaut.
"Sie?", fragt sie und starrt Zoe verständnislos an, während sie mit einem Finger schwach in meine Richtung deutet. "Sie ist deine mysteriöse Unbekannte?"
Hä?
Verwirrt drehe ich meinen Kopf zu Zoe, über deren blasse Wangen sich eine leichte Röte zieht, als sie meinen Blick bemerkt.
"Ich bin deine was?", frage ich und lege den Kopf schief, während ich Zoe mit gerunzelter Stirn betrachte.
"N-Nichts", stammelt Zoe und schüttelt den Kopf, bevor sie nach meiner Hand greift, wodurch ich merke, dass diese leicht zittert, "ich...ich erklär's dir später, ma chérie."
"Chérie?!"
Direktorin Bergers Ausruf und ihr fassungsloser Blick lassen Zoe zusammenzucken und ich spüre, wie sich das Zittern ihrer Hand etwas verstärkt.
Schnaubend drehe ich meinen Kopf in Direktorin Bergers Richtung und funkle sie wütend an.
"Ja! Und? Haben Sie vielleicht ein Problem damit?!"
Während Direktorin Berger viel zu verdattert ist, um mir darauf eine Antwort zu geben, sehe ich, wie Zoe mich mit geweiteten Augen von der Seite anschaut.
Gut, ich gebe zu, dass das wahrscheinlich nicht unbedingt die cleverste Antwort gewesen ist, die ich in dieser Situation hätte geben können, aber Direktorin Berger ist selbst Schuld, wenn sie Zoe so anfährt...
Das Geräusch klackender Absätze lässt mich wieder zu Direktorin Berger schauen und ich sehe, wie sie zu einem der Schultische relativ nah am Eingang des Klassenzimmers geht und sich dort auf einen der Stühle fallen lässt. Ihre Unterlagen, die immer noch auf dem Boden verteilt liegen, ignoriert sie dabei konsequent.
Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe, als Direktorin Berger mit einem tiefen Seufzer ihre Arme auf dem Tisch abstürzt und ihr Gesicht für einen Moment in beiden Händen vergräbt, bevor sie ihren Kopf wieder hebt und sich mit geschlossenen Augen die Schläfen massiert.
"Das kann doch einfach nicht wahr sein", höre ich sie leise sagen und muss erneut schlucken.
Wieso haben wir uns nicht einfach zurückgehalten?
Jetzt ist alles kaputt...
Als Zoe leicht meine Hand drückt, drehe ich meinen Kopf zu ihr und sehe, wie sie mich mit einem Blick ansieht, den ich nicht deuten kann.
"Geh, Lola", sagt sie leise.
"Was?!"
Panik steigt in mir auf und mein Griff um Zoes Hand wird fester.
Sie kann mich doch jetzt nicht einfach wegschicken!
Das...das geht doch nicht!
Nicht nach allem, was zwischen uns war!
"Aber...", stammle ich und schaue zwischen Zoe und Direktorin Berger, die immer noch ihre Schläfen massiert, hin und her, "aber du...ich...wir..."
"Ist schon gut", flüstert Zoe und eine Welle der Erleichterung durchströmt mich, als sie mich sanft anlächelt, "ich...ich werde das hier mit Mona klären. Und du gehst zu Danny und holst ihn ab. Ich rufe dich dann später an, okay?"
"Bist du sicher?", frage ich und mustere sie besorgt, während ich wieder kurz zu Direktorin Berger schaue, "ich...ich kann hier bleiben. Das ist wirklich kein Problem und..."
"Das ist lieb von dir", unterbricht Zoe mich und streicht mit ihrem Daumen in kreisförmigen Bewegungen über meine Finger, "aber es ist besser so. Mona und ich klären das. Unter vier Augen."
"Na gut", murmle ich und seufze tief, "wenn du meinst."
"Das tue ich." Zoe lächelt mich immer noch sanft an und deutet dann mit ihrem Kopf zur Klassenzimmertür. "Nun geh schon."
Etwas widerwillig greife ich nach meiner Tasche, die ich während unseres Kusses auf den Boden fallen gelassen habe und werfe sie mir über die Schulter, bevor ich zur offenen Klassenzimmertür gehe. Dabei passe ich auf, dass ich nicht aus Versehen auf eine von Direktorin Bergers vermutlich sehr wichtigen Unterlagen auf dem Boden trete.
Im Flur angekommen drehe ich mich nochmal um und schaue zu Zoe, die mich immer noch anlächelt und mir leicht zunickt.
Ich erwidere das Nicken und wende mich dann ab, um durch den leeren Korridor und zum Schulausgang zu gehen.
Hoffentlich geht das gut...
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Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)
RomanceSie wissen nicht, was sie voneinander halten sollen. Lola Sommer, die durch ihre rebellische und vorlaute Art in der Schule nur Ärger macht und Zoe Jacobi, die ihre Stelle als neue Französischlehrerin an Lolas Schule antritt. Beide haben Gründe, den...