- Lola -
"Aber das klingt doch gar nicht so schlecht..."
Rebecca verstummt, als sie erst in mein Gesicht und dann der Reihe nach in das von Rohan, Habib und Marvin blickt.
"Ähm...", etwas unschlüssig schaut sie wieder zu mir, "oder...oder etwa nicht?"
"Ich glaube, Becky hat den Teil mit der Glasflasche überhört", sagt Habib, der sich verschwörerisch zu mir lehnt und in einem lauten Flüsterton redet.
"N-Nein, ich...", stammelnd schaut Rebecca zwischen Habib und mir hin und her, "ich dachte nur, dass...dass es doch ein gutes Zeichen ist, wenn Lolas Mutter sich Hilfe suchen möchte."
"S-Sie hatte ja auch mehr als genug Zeit, um zu dieser E-Erkenntnis zu gelangen", erwidert Marvin und lehnt sich mit dem Rücken gegen eine der Säulen, die die Eingangshalle der Schule vereinzelt umrahmen, wo wir unsere gemeinsame Pause verbringen.
"Ja, natürlich", Rebecca schaut in die Runde, "ich...ich wollte damit ja auch nur sagen, dass es doch sehr gut ist, wenn Lolas Mutter einsieht, dass sie das nicht alleine schafft. Ich meine, das ist doch der erste Schritt, um etwas zu ändern."
"Ja, sicher." Habib verdreht die Augen. "Das sagst du auch nur, weil du Lolas Mutter nicht kennst. Und außerdem..."
"Lass sie in Ruhe, Habib", unterbreche ich ihn und sehe ihn warnend an. "Du musst dich nicht über Rebecca lustig machen, nur weil sie glaubt, dass meine Mutter sich tatsächlich mal ändert."
"Aber du glaubst das doch auch nicht, oder?", fragt Rohan und mustert mich mit einer gehobenen Augenbraue von der Seite.
Ich zucke mit den Schultern.
"Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll. Am Wochenende und auch gestern hat sie sich wirklich zusammengerissen. Sie ist sogar aufgestanden und hat sich etwas Anständiges angezogen, wusste aber sonst nicht wirklich, was sie den Tag über tun sollte. Abgesehen davon, dass sie Danny beim Spielen mit seinen Autos zugesehen und einmal sogar kurz mitgespielt hat. Danny hat mich danach gefragt, ob irgendetwas mit unserer Mutter nicht stimmt, weil sie das vorher noch nie gemacht hat." Ich schenke den anderen ein schwaches Lächeln, bevor ich meinen Blick wieder etwas senke. "Aber das ist eben auch die Sache. Ich glaube nicht, dass es ein Problem für meine Mutter ist, sich für ein paar Tage zusammenzureißen. Aber das auf Dauer durchzuhalten traue ich ihr nicht wirklich zu. Dasselbe gilt auch für die Therapie. Sie hat zwar gestern bei ihrer früheren Therapeutin angerufen und auch einen Termin zu einem Vorgespräch vereinbart, aber ob sie wirklich zu dem Termin geht ist auch wieder die Frage. Mich würde es ja nicht überraschen, wenn sie das Ganze nicht durchhält, aber ich will nicht, dass sie Danny damit enttäuscht. Er kennt sie ja eigentlich kaum und hat sich trotz seiner anfänglichen Irritation wirklich gefreut, dass sie mit ihm gespielt hat. Sollte sie jetzt aber wieder in ihre alten Gewohnheiten zurückfallen und ihn dadurch traurig machen, werde ich ihr das nicht verzeihen."
Obwohl ich nicht aufschaue, merke ich, dass Rohan mir einen Arm um die Schultern legt und Rebecca nach meiner Hand greift.
"Sie wird es schon durchhalten", sagt Rohan und lächelt mir aufmunternd zu, "ganz bestimmt."
"Das denke ich auch", stimmt Rebecca ihm zu und drückt meine Hand.
"Ja, mal sehen", murmle ich, schaue aber lächelnd zwischen ihnen hin und her, "trotzdem danke."
"Und wo wir gerade alle so friedlich beisammen sind...", ich seufze und verdrehe leicht die Augen, als Habib wieder zu reden beginnt, "...wollte ich euch noch sagen, dass ich uns morgen für die Nachmittagsgruppe eingetragen habe. Also, alle außer dir, Kumpel. Dir bleibt dieser Mist ja erspart."
Er stößt Marvin gegen die Schulter, der ihn angrinst.
"D-Damit kann ich leben."
Ich hingegen runzle die Stirn und schaue Habib irritiert an.
"Wovon sprichst du?"
"Na, von der Oberstufenparty an diesem Freitag, Prinzessin." Habib schaut mich an, als hätte ich behauptet, die Erde sei eine Scheibe. "Du weißt schon. Die Party, bei der wir die Einnahmen für die Finanzierung unserer Abschlussparty verwenden. Klingelt da was bei dir?"
Ich schneide ihm eine Grimasse und schaue dann zu Rohan.
"Das ist diesen Freitag?"
"Ja." Rohan nickt. "Ich war gestern noch kurz bei Xenia und hab ihr Bescheid gesagt, dass sie am Freitag nur mit Marvins Hilfe rechnen kann, weil du, Habib und ich den Abend wahrscheinlich mit irgendwelchen Hilfsarbeiten für die Party verbringen werden."
"Okay, gut", ich drehe meinen Kopf zu Habib, "aber wofür hast du uns denn dann morgen eingetragen?"
"Na, so eine Party will ja auch vorbereitet werden", entgegnet Habib und schaut mich immer noch etwas verständnislos an. "Ich habe uns in einem der Aufbauteams eingetragen. Wir müssen die komplette Aula umräumen, damit da auch genug Platz ist. Außerdem muss noch die Musikanlage aufgebaut und richtig angeschlossen werden und wer weiß, was sich unsere beiden Schulsprecher noch so überlegt haben."
"Aber das geht nicht!", protestiere ich und schiebe Rohans Arm leicht von meiner Schulter, während Rebecca meine Hand ebenfalls wieder loslässt. "Ich kann morgen Nachmittag nicht bei irgendwelchen Aufbauarbeiten helfen! Ich habe da meine Nachhilfestunde in Französisch!"
"Ist doch cool." Habib zuckt mit den Schultern. "Dann hast du wenigstens eine gute Ausrede, warum du da nicht hin musst."
"Das ist nicht witzig, Habib!", fauche ich und funkle ihn wütend an. "Du hättest mich wenigstens vorher fragen können!"
"Sei doch froh, dass du den ganzen Essenskram nicht kaufen oder sonst was machen musst", entgegnet Habib und verschränkt etwas trotzig die Arme vor der Brust. "Und du musst mich auch nicht so anfahren. Ich wollte dir nur einen Gefallen tun! Wer weiß, mit wem du sonst am Ende in eine Gruppe gekommen wärst. Und abgesehen davon warst du doch in der letzten Französischklausur ganz gut. Da ist es doch nicht schlimm, wenn du die Nachhilfe jetzt einmal ausfallen lässt. Und außerdem hast du heute ja auch noch deine Mathenachhilfestunde mit Becky, wo du echt dringender Nachhilfe brauchst."
Er deutet mit dem Kopf auf Rebecca, während ich mir auf die Unterlippe beiße und zur Seite schaue.
Habib hat schon Recht, wenn er sagt, dass ich in Mathe immer noch um einiges schlechter bin als in Französisch. Aber ich kann ihm ja nicht sagen, dass ich eigentlich nur zur Nachhilfestunde will, um Zoe zu sehen.
Seit unserem kurzen Nachrichtenaustausch am Samstagabend hatten wir keinen Kontakt mehr miteinander und obwohl ich den ganzen Montag über nach ihr Ausschau gehalten hatte, habe ich sie nicht gesehen. Warum müssen unsere Stunden auch nur so unterschiedlich liegen?
Gerade deshalb habe ich mich auch so sehr auf die heutige Französischstunde und vor allem die morgige Nachhilfestunde mit ihr gefreut, auch wenn ich die letzte von den beiden jetzt eindeutig vergessen kann.
Und alles nur wegen dieser dämlichen Oberstufenparty...
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Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)
RomanceSie wissen nicht, was sie voneinander halten sollen. Lola Sommer, die durch ihre rebellische und vorlaute Art in der Schule nur Ärger macht und Zoe Jacobi, die ihre Stelle als neue Französischlehrerin an Lolas Schule antritt. Beide haben Gründe, den...