# 11

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- Lola -

Ich bin nervös.
Dieser Satz alleine ist an sich eigentlich schon ein Fehler, denn ich werde normalerweise nicht nervös.
Nie.
Oder zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal nervös geworden bin.
Wobei das wiederum auch nicht ganz stimmt, denn als Frau Jacobi mich gestern vor der Französischstunde gefragt hat, ob sie mich nach dem Unterricht sprechen könnte, bin ich nervös geworden.
Sehr.
Sogar so sehr, dass ich mich die ganze Stunde über nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte und kein einziges Wort herausgebracht habe.
Gut, ich gebe zu, dass ich wahrscheinlich sowieso nichts Produktives zum Unterricht hätte beisteuern können, aber es geht ums Prinzip.
Am Ende der Stunde habe ich meine Sachen sogar extra im Zeitlupentempo eingepackt, in der Hoffnung, dass es irgendeine meditative Auswirkung auf das unruhige Kribbeln in meinem Bauch hat. Natürlich ohne Erfolg. Wäre ja auch zu schön gewesen.
Trotzdem glaube ich, dass ich meine Nervosität zum größten Teil während des Gesprächs überspielen konnte, zumindest so lange bis Frau Jacobi mir eine Hand auf die Schulter gelegt hat und ich gespürt habe, wie meine Wangen nach und nach wärmer wurden.
Und jetzt stehe ich schon seit über fünf Minuten hier, am Anfang des Korridors auf dem Weg zum Französischraum, und kann einfach nicht weitergehen.
Verdammt, das ist doch albern! Was ist nur los mit mir?!
Ich hole tief Luft und fahre mir mit einer Hand durch die Haare, bevor ich mir mit geschlossenen Augen die Schläfe massiere.
Wieso habe ich mich nur darauf eingelassen?
Ich meine, ich weiß ja, dass ich eine gute Note in Französisch brauche und ich habe gestern auch nicht übertrieben, als ich Frau Jacobi gesagt habe, dass meine Kenntnisse in diesem Fach eher spärlich bis kaum vorhanden sind. Insofern ist es nur logisch, dass ich Nachhilfe in diesem Fach nehme und dass Frau Jacobi bereit ist, mir diese zu geben, ist wirklich ein Glücksfall...wenn sie mich nur nicht so nervös machen würde...
Seufzend öffne ich die Augen wieder und schaue über den leeren Korridor zum Französischraum. Es ist einer der letzten Räume auf dem Gang, aber im Gegensatz zu den anderen Räumen steht die Tür des Französischraums weit offen.
Frau Jacobi wartet also schon auf mich.
Mein Bauch fängt erneut an zu kribbeln.
Wieso macht mich allein schon der Gedanke an sie so unruhig?
Gut, ich gebe zu, dass sie eine attraktive Frau ist...
Ich erstarre kurz und unterbreche den Gedanken, bevor ich ihn zu Ende führen kann.
Dann schüttle ich den Kopf.
Jetzt reiß dich aber zusammen, Lola! Sie ist deine Lehrerin! Sie gibt dir Nachhilfe! Selbst wenn sie extrem attraktiv ist...ach, verdammt!
Verärgert über mich selbst straffe ich meine Schultern und setze mich in Bewegung.
Wenn ich hier noch länger stehen bleibe, sind die zwei Stunden rum, bevor wir auch nur ansatzweise mit der Nachhilfe angefangen haben. Oder Frau Jacobi wundert sich wo ich so lange bleibe, tritt nach draußen auf den Gang und sieht mich so unentschlossen am Anfang des Korridors stehen, was ziemlich peinlich wäre...
Umso näher ich dem Französischraum komme, umso mehr spüre ich das Herzklopfen in meiner Brust, das sich nun auch noch zusätzlich zu meinem Bauchkribbeln gesellt hat.
Fantastisch...
Ich atme nochmal tief durch und trete dann in den Türrahmen des Französischraums, von dem aus ich Frau Jacobi an ihrem Pult sitzen sehen kann.
Noch scheinbar ganz in ihre Arbeit vertieft bemerkt sie mich nicht und hat ihren Blick stattdessen auf das Papier vor sich gerichtet, an dessen Seitenränder sie ab und an Notizen mit einem roten Fineliner macht. Kurz darauf nimmt sie das Stück Papier, legt es ordentlich auf den Papierstapel neben sich und greift nach einem weiteren Blatt Papier, das auf einem anderen Stapel liegt. Wahrscheinlich kontrolliert sie gerade einen Vokabeltest oder so was in der Art.
Doch anstatt das neue Papierstück ebenfalls mit roten Randnotizen zu versehen, schließt Frau Jacobi ihre Augen und lehnt sich etwas in ihrem Stuhl zurück, bevor sie sich mit einer Hand durch ihre blonden Haare streicht und dabei leicht aufseufzt.
Ich spüre, wie mein Hals trocken wird und muss mich räuspern, woraufhin Frau Jacobi sich zu mir dreht.
"Oh, hallo Lola", sagt sie und schenkt mir ein warmes Lächeln. "Und? Bereit für deine erste Nachhilfestunde?
Ich will etwas erwidern, bekomme aber keinen Ton heraus und nicke stattdessen nur, während ich ihr Lächeln so gut wie möglich erwidere.
Oh Mann...

Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt