# 41

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- Lola -

"Da bist du ja endlich!", begrüßt Tina mich mit einem breiten Lächeln, als ich die Sekretariatstür hinter mir schließe und mich mit einer gehobenen Augenbraue wieder zu ihr drehe.
"Ähm...ja", erwidere ich zögernd und mustere sie etwas irritiert.
Bin ich vielleicht zu spät?
Aber das war eigentlich unmöglich.
Schließlich hatte ich gestern vorm Schlafengehen nicht nur dreimal überprüft, ob mein Handywecker auch wirklich angestellt war, sondern ich hatte ihn auch noch eine halbe Stunde früher eingestellt, damit ich wirklich pünktlich zum Gespräch mit Zoe und Direktorin Berger erscheinen würde. Auch wenn es mich all meine Überzeugungskraft gekostet hat, Danny früher als sonst aus dem Bett zu kriegen. Ich hingegen war so nervös gewesen, dass ich in der Nacht kaum richtig in den Schlaf gefunden habe und wenn, dann war mein Schlaf von unruhigen Träumen durchzogen gewesen.
Was hat Direktorin Berger nur mit Grundregeln gemeint?
Und wie werden sich diese Regeln auf Zoes und meine Beziehung auswirken?
Gerade jetzt, wo es doch so gut zwischen uns läuft...und es hatte ja auch mehr als lange genug gedauert...
Ein kurzer Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand, die gerade mal halb acht anzeigt, beruhigt mich wieder etwas.
Zumindest bin ich nicht zu spät.
Trotzdem versteift sich mein Körper etwas, als Tina mit ihrem breiten Lächeln und weit ausgestreckten Armen hinter ihrem Sekretariatstresen hervorkommt und mich fest an sich drückt.
"Ich wollte dir nur gratulieren, meine Liebe", sagt Tina fröhlich und ich verziehe das Gesicht etwas, als ihre schwarzen Haare mich an meiner Nasenspitze kitzeln.
"Äh, danke", sage ich und löse mich immer noch verwirrt, aber mit einem Lächeln, aus Tinas Umarmung, "aber wozu?"
"Na, zu deiner Zulassung zum Abschluss. Deswegen hast du doch auch gleich deine abschließende Einschätzungsbesprechung mit der Chefin und Frau Jacobi."
Tina schaut mich an, als würde ich vollkommen auf der Leitung stehen, was ich zugegebenermaßen bis zu diesem Zeitpunkt auch getan habe und mir daraufhin am liebsten mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen hätte. Das war doch der Vorwand gewesen, unter dem Zoe und Direktorin Berger mich sprechen wollten...
"Ähm, ja klar", erwidere ich und zwinge mich zu einem Gähnen, "tut mir Leid, ich bin noch nicht ganz wach."
"Na ja, solange du deine Besprechung nicht verschläfst", entgegnet Tina und zwinkert mir vergnügt zu, bevor sie mit ihrem Kopf auf die geschlossene Bürotür von Direktorin Berger deutet. "Du kannst ruhig anklopfen. Die Chefin und Frau Jacobi sind schon da und warten auf dich. Und ich habe noch einen Haufen an Kopierarbeiten zu erledigen." Sie verdreht die Augen und seufzt theatralisch, bevor sie wieder hinter ihren Sekretariatstresen und an ihren Schreibtisch tritt und dort nach einem großen Papierstapel greift.
Da sie den Stapel mit beiden Händen umfassen muss, öffne ich erneut die Sekretariatstür und halte sie auf, während Tina an mir vorbei und mit einem dankbaren Blick in meine Richtung auf den Flur huscht.
"Danke, das ist sehr lieb von dir, Lola. Aber jetzt beeil dich, sonst überlegt sich die Chefin noch so eine miese Kopieraufgabe für mich, weil ich mich mal wieder mit dir verquatscht habe."
"Keine Sorge, bin schon weg", entgegne ich und zwinkere Tina zum Abschied noch zu, bevor ich die Sekretariatstür wieder schließe und zu Direktorin Bergers Bürotür gehe.
Egal, was das für Grundregeln sein werden, die Direktorin Berger sich da überlegt hat...sie werden Zoes und meine Beziehung nicht negativ beeinflussen...das dürfen sie einfach nicht...
"Ja, bitte", ertönt Direktorin Bergers Stimme, nachdem ich kurz und fest gegen die Tür geklopft habe und kurz darauf mit einer entschlossenen Bewegung die Klinke herunterdrücke.
Während Direktorin Berger wie immer hinter ihrem Schreibtisch sitzt und mich zur Abwechslung mal mit einem etwas kühleren Blick als sonst betrachtet, lächelt Zoe, die ihr auf der anderen Seite des Schreibtischs gegenüber sitzt, mich warm an.
Ich erwidere ihr Lächeln und drehe mich um, um die Bürotür wieder hinter mir zu schließen.
Auch wenn sich niemand mehr im Sekretariat befindet, der unsere Unterhaltung mitbekommen könnte, sollten wir kein unnötiges Risiko eingehen. So viel habe ich ja inzwischen gelernt...
Doch als ich mich wieder zurückdrehe, um zu Direktorin Bergers Schreibtisch zu gehen und mich auf den freien Stuhl neben Zoe zu setzen, zucke ich leicht zusammen, als Zoe mit einem Mal vor mir steht und mich zur Begrüßung sanft küsst.
"Hey", sagt sie leise und greift nach meinen Händen, um mit ihren Daumen über meine Finger zu streichen, "ist alles in Ordnung, ma chérie? Du siehst müde aus."
"Ach, mach dir keine Sorgen", erwidere ich lächelnd und küsse sie ebenfalls, bevor ich meine Hände aus ihren löse und ihr eine Haarsträhne hinters Ohr streiche, "ich bin nur ein bisschen verschlafen. Das wird schon wieder."
"Und ich glaube, mir kommt gleich mein Morgenkaffee hoch. Es ist wirklich ein Wunder, dass ihr beiden nicht noch früher aufgeflogen seid."
Während sich Zoes Wangen auf Direktorin Bergers Bemerkung hin rötlich verfärben und sie einen Schritt von mir zurücktritt, verdrehe ich genervt die Augen und schaue mit einem leisen Schnauben in Direktorin Bergers Richtung.
"Der Kommentar war jetzt nötig, oder?", fauche ich und funkle Direktorin Berger wütend an, bevor mein Blick wieder zu Zoe wandert, die etwas unschlüssig zwischen ihrer Freundin und mir hin und her schaut.
"Oh je, das ist alles?", entgegnet Direktorin Berger und seufzt leicht, bevor sie nach ihrer Tasse greift und einen leichten Schluck daraus nimmt, "Du enttäuschst mich, Lola. Normalerweise bin ich etwas kreativere Gegenantworten von dir gewohnt."
"Kreativere Gegenantworten?! Sehe ich aus wie Ihr persönlicher Alleinunterhalter, oder was?!"
"Jetzt reg dich nicht auf, Lola", Zoe tritt wieder neben mich und streicht mir beruhigend über den Arm, was mich tief durchatmen lässt, "wir sind alle ein bisschen gereizt und unter Spannung, auch Mona. Und sie kompensiert das nun mal mit ihren oft sehr unsensiblen Sprüchen."
"Du weißt schon, dass ich hier noch sitze, oder Süße?", entgegnet Direktorin Berger trocken, woraufhin Zoe aufseufzt und zu ihr schaut.
"Und du weißt schon, dass du uns eigentlich hierher bestellt hast, weil du mit uns darüber reden wolltest, wie es jetzt weitergeht, oder Mona?"
"Ist ja gut, ist ja gut", seufzt Mona und hebt beschwichtigend beide Hände, "ich halte mich ja zurück. Wenn ihr beiden also bitte Platz nehmen würdet."
Zögernd schaue ich zu Zoe, die mir zunickt und nach einem erneuten Seufzer trete ich zusammen mit ihr auf die beiden freien Stühle vor Direktorin Bergers Schreibtisch zu.
"Nun gut", sagt Direktorin Berger und räuspert sich etwas, nachdem wir uns gesetzt haben, "wie Zoe vorhin schon gesagt hat, ist die Situation für uns alle nicht gerade einfach. Ich für meinen Teil hätte sehr gut auf dieses brisante Detail aus dem Liebesleben meiner besten Freundin verzichten können. Und auch wenn ich mich freue, dass du nun deine Zulassung hast, garantiere ich dir, Lola, dass ich höchstpersönlich dafür sorgen werde, dass du deines Lebens nicht mehr froh werden wirst, wenn du Zoe irgendwie unglücklich machen solltest oder..."
"Könntest du bitte beim Thema bleiben, Mona?", unterbricht Zoe sie und schaut mit einem entschuldigenden Blick in meine Richtung, woraufhin ich nur mit den Schultern zucke und anschließend mit einem vielsagenden Lächeln die Arme vor der Brust verschränke.
"Also, ich finde die Sorge deiner besten Freundin ja ganz niedlich."
"Niedlich?" Direktorin Berger schnaubt und richtet sich etwas in ihrem Stuhl auf. "Ich akzeptiere so gut wie jede Bezeichnung für mein Verhalten, aber niedlich ist es ganz sicher nicht."
"Und damit wäre es wieder ausgeglichen zwischen uns", entgegne ich und grinse Direktorin Berger zufrieden an, woraufhin diese mit einem Stöhnen die Augen verdreht.
"Ich finde es ja ganz reizend, dass ihr beiden offenbar großen Spaß daran habt, euch gegenseitig mit diversen Bemerkungen zu ärgern, aber könnten wir bitte mit unserer Unterhaltung fortfahren? Immerhin müssen Lola und ich bald zum Unterricht."
"Sicher. Entschuldige bitte, Zoe", sagt Direktorin Berger und räuspert sich erneut, bevor ihr Blick zwischen Zoe und mir hin und her wandert. "Ich denke, wir sind uns alle einig, dass diese...diese Beziehung zwischen euch nicht herauskommen darf und dass wir jede Möglichkeit, wie sie herauskommen könnte, unterbinden müssen."
"Ja, also...werde ich Lolas Französischkurs abgeben müssen, richtig?", fragt Zoe, woraufhin ich mich mit gerunzelter Stirn und verwirrtem Blick zu ihr drehe.
"Was? Davon hast du gar nichts erzählt!"
"Ich habe es Mona auch lediglich angeboten."
"Aber das geht doch nicht! Ich meine..."
"Kann ich jetzt auch mal wieder was dazu sagen?"
Direktorin Bergers Einwand lässt uns wieder zu ihr schauen und ich erkenne an ihrem Blick und an der Art, wie sie sich mit zwei Fingern ihre Schläfe massiert, dass sie bereits sehr genervt ist.
Nachdem sie Zoe und mich für einen Moment schweigend gemustert hat, holt Direktorin Berger tief Luft und strafft ihre Schultern.
"Nein, Zoe. Du wirst Lolas Französischkurs weiterhin unterrichten. Abgesehen davon, dass es ein sehr hoher personaler Aufwand wäre, die Unterrichtspläne der wenigen Französischlehrer wieder umzustrukturieren, würde mir auch kein legitimer Grund einfallen, mit dem ich den Wechsel gegenüber den Kollegen rechtfertigen könnte. Insofern bleibt in diesem Punkt alles beim Alten."
Erleichtert atme ich auf und lasse mich etwas in meinen Stuhl zurücksinken, während ich meine Tasche von meiner Schulter und auf den Boden neben den Stuhl fallen lasse.
Das klingt doch schon mal gut...
"Allerdings", fährt Direktorin Berger fort und ihr strenger Tonfall lässt meinen Magen etwas zusammenziehen, "würde ich es begrüßen, wenn ihr euren Kontakt in der Schule auch nur auf die Dauer des Unterrichts beschränken würdet. Das bedeutet, dass ihr nur während der Schulstunde miteinander redet und dann auch nur über unterrichtsbezogene Inhalte. Ihr seht euch nicht vor der Stunde. Ihr seht euch nicht danach. Ihr redet nicht auf dem Flur miteinander. Und...ihr werdet nach der heutigen Nachhilfestunde fortan auch keine weitere Nachhilfe mehr zusammen haben."
"Was?!"
Entgeistert starre ich Direktorin Berger an und schaue dann zu Zoe, die ihre Augenbrauen mit einer Mischung aus Überraschung und Verwirrung gehoben hat. Dann räuspert sie sich.
"Ist...ist das wirklich notwendig, Mona?"
"Ja, ist es", erwidert Direktorin Berger und erwidert Zoes Blick fest. "Du hast mir gesagt, dass deine gute Benotung von Lola nichts mit deiner Beziehung zu ihr zu tun hat. Daraus schließe ich, dass Lola sich im Laufe der Wochen entsprechend in deinem Fach verbessert hat und in Zukunft deine Unterstützung in Form einer Nachhilfe nicht mehr benötigen wird. Und außerdem würde es doch recht komisch wirken, wenn sie diese Nachhilfe immer noch bekäme, obwohl sie gute Noten hat und ihre Zulassung zum Abschluss."
Das...das kann sie doch nicht ernst meinen!
Schnaubend lehne ich mich ein Stück zu Direktorin Berger vor.
"Ja, aber ich muss dieses Niveau doch auch noch über mehrere Monate hinweg halten. Was mache ich denn, wenn ich mich wieder verschlechtere?"
"Ich bin mir sicher, dass Zoe dir in diesem Fall entsprechende Übungsaufgaben und Texte zur Verfügung stellt, mit denen du dich zu Hause beschäftigen kannst, damit dir das nicht passiert", entgegnet Direktorin Berger und mustert mich unbeeindruckt.
Trotzig verschränke ich die Arme vor der Brust und schaue zur Seite.
Hätte ja klappen können...
"Nun gut", sagt Zoe und seufzt leise, "ich...ich bin zwar auch nicht sonderlich begeistert darüber, aber ich kann verstehen, dass Lola und ich unseren Kontakt in der Schule auf ein Minimum beschränken sollten."
"Schön, dass wir uns da einig sind", sagt Direktorin Berger und ich sehe aus den Augenwinkeln, wie die beiden ihre Köpfe zu mir drehen. "Und was ist mir dir, Lola?"
Genervt verdrehe ich die Augen und verschränke die Arme noch fester vor der Brust, die sich jedoch wieder etwas lockern, als ich Zoes Hand an meiner Schulter spüre.
"Komm schon, ma chérie", sagt sie leise und streicht mir leicht über die Wange, bis ich schließlich mit einem frustrierten Stöhnen meinen Kopf zu Direktorin Berger drehe.
"Okay, okay. Sie haben gewonnen. Ich werde mich in der Schule nicht mit Zoe unterhalten oder treffen, es sei denn, wir sehen uns im Unterricht. Und die Nachhilfe hat sich auch erledigt. Zufrieden?"
"Fast", entgegnet Direktorin Berger, was mich erneut aufstöhnen und Zoe aufhorchen lässt.
"Was gibt es denn noch, Mona?", fragt sie irritiert, "damit wäre doch alles geklärt. Lola und ich gehen uns in der Schule aus dem Weg und..."
"Genau das ist das Stichwort, Süße", unterbricht Direktorin Berger sie und lächelt sie mit einer Mischung aus Mitgefühl und Entschlossenheit an, "wenn ihr eure Beziehung wirklich geheim halten wollt, wird es nicht ausreichen, wenn ihr euch nur in der Schule aus dem Weg geht. Bis zu Lolas Abschluss müsst ihr euch vollständig aus dem Weg gehen. Und das bedeutet auch, dass ihr euch bis dahin auch nicht mehr privat treffen könnt."

- Zoe -

"Soll das ein Scherz sein?!"
Während ich viel zu perplex bin, um auf Monas Aussage reagieren zu können, springt Lola von ihrem Stuhl auf, sodass dieser hinter ihr scheppernd auf den Boden knallt.
"Sind Sie total bescheuert?! Was bilden Sie sich eigentlich ein?! Sie können uns doch nicht verbieten, uns außerhalb der Schule zu treffen!"
"Wenn du weiter so herumschreist, wird das auch gar nicht nötig sein, weil es dann sowieso schon das gesamte Lehrerzimmer mitbekommen hat", entgegnet Mona ruhig, während sie ihre ineinander verschlungenen Hände vor sich auf den Tisch gelegt hat, "und außerdem habt ihr beiden euch das durchaus selbst zuzuschreiben. Ohne eure mangelnde Vorsicht hätte ich schließlich nie von eurem kleinen Geheimnis erfahren."
"Sie haben wirklich Spaß daran, das immer wieder zu betonen, oder?", knurrt Lola und funkelt Mona wütend an, während ihre zu Fäusten geballten Hände leicht zittern.
Ich schlucke schwer und stehe ebenfalls auf, um Lola zu mir zu ziehen.
"Jetzt beruhige dich erst mal, ma chérie. Ich..."
"Ich will mich aber nicht beruhigen!", faucht Lola und stößt meine Hände unsanft weg, "ich wundere mich viel mehr, dass du da so ruhig bleiben kannst! Deine liebe Freundin verlangt, dass wir uns bis zu meinem Abschluss nicht mehr sehen! Das heißt, wir können nicht nur unser Date am Samstag vergessen, sondern auch sämtliche andere Dates für das komplette nächste Jahr, bis ich meinen gottverdammten Abschluss habe! Ist dir das klar?!"
Ich schlucke erneut, während ich sehe, wie sich in Lolas Augen ein leichter Tränenschleier abzeichnet und sie mich mit einer Mischung aus Verzweiflung und Verständnislosigkeit anschaut.
"Ja, ich...ich weiß", erwidere ich schwach, während ich in meinem Kopf nach Worten suche, die Lola trösten könnten. "Ich...ich möchte das auch nicht. Glaub mir, ma chérie. Ich...ich würde dich am liebsten die ganze Zeit über bei mir haben. Aber...aber Mona hat wahrscheinlich Recht. Unabhängig davon, ob sie Bescheid weiß oder nicht...wir müssen vorsichtig sein. Es war pures Glück, dass nur Mona uns erwischt hat und nicht irgendein Schüler oder ein anderer Lehrer. Und...dieses Risiko würde weiter bestehen...also, wenn wir uns außerhalb der Schule treffen. Ich habe dir zwar gesagt, dass so ein Treffen sorgfältig geplant werden muss, aber...aber ein Risiko kann man einfach nicht planen...das bleibt immer da...und damit wäre kein einziges unserer Treffen sicher...selbst wenn du nur zu mir kommen würdest. Aber nur, weil wir uns in nächster Zeit nicht mehr sehen können, muss sich das doch nicht zwangsläufig negativ auf unsere Beziehung auswirken. Nicht, solange wir beide weiter daran festhalten. Und ich will weiter daran festhalten! Und...wenn ich dich daran erinnern darf, hatten wir damals auch vereinbart, weiterhin vorsichtig zu sein, um unsere gemeinsame Zukunft nicht zu gefährden."
"Du meinst, um deine berufliche Zukunft nicht zu gefährden, oder?", entgegnet Lola bitter, was mir einen leichten Stich versetzt.
Ich weiß, dass sie wütend und verletzt ist, aber es tut trotzdem weh, sie so etwas sagen zu hören...
"Dir ist schon bewusst, dass Zoe mit ihrer Beziehung zu dir ein ziemliches Risiko eingeht, oder Lola?", höre ich Mona scharf fragen, bringe sie aber mit einer kurzen Handbewegung wieder zum Schweigen, ohne meinen Blick dabei von Lola abzuwenden.
"Halt dich bitte da raus, Mona."
"Ach, so ist das", entgegnet Lola und lacht spöttisch auf, "jetzt soll sich deine liebe Freundin also auf einmal raushalten, aber Regeln für unsere Beziehung darf sie aufstellen oder was?"
Der Stich schmerzt immer mehr und ich spüre, wie sich mein Hals zusammenzieht.
"Jetzt bist du unfair, Lola."
"Nein, Zoe. Du bist unfair", erwidert Lola und blinzelt mehrfach, um ihre Tränen zurückzuhalten, "du beschließt einfach für uns beide, dass wir uns bis zu meinem Abschluss nicht mehr sehen, ohne das mit mir zu besprechen oder auszudiskutieren."
"Weil es nunmal das Beste für unsere Situation ist!"
"Und das kannst du alleine entscheiden?!"
"Ich will nur nicht, dass unsere Beziehung aufliegt!"
"Und wie ich mich dabei fühle, ist dir vollkommen egal!"
"Das stimmt nicht!"
"Und warum verhältst du dich dann so?!"
Das schrille Klingeln der Schulglocke hindert mich an einer weiteren Antwort, während Lola mit einem unterdrückten Schluchzer nach ihrer Tasche greift und aus Monas Büro stürmt, ohne mich nochmal anzusehen.
Die Schmerzen des Stiches sind nun so stark, dass sich mein Brustkorb heftig zusammenzieht.
Sie...sie kann doch nicht einfach gehen...
Sie...kann mich doch nicht einfach so hier stehen lassen...
"Lola, warte! Bitte!", rufe ich ihr nach und will ihr nachgehen, als Mona, die ebenfalls aufgestanden ist, mich an meiner Schulter zurückhält.
"Lass sie gehen, Süße", sagt Mona leise und streicht mir mit einer Hand beruhigend über den Rücken, "in diesem Zustand wirst du nichts bei ihr erreichen können. Außer, dass ihr wahrscheinlich sämtliche Aufmerksamkeit auf euch ziehen werdet. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. Gib Lola etwas Zeit. Sie muss sich erst mal wieder beruhigen. Und ich bin mir sicher, dass ihr dann später bei der Nachhilfe vernünftig darüber reden könnt."
"Wenn sie überhaupt erscheint", entgegne ich bitter, während ich meinen Mund mit einer Hand bedecke, um meine zitternde Unterlippe darunter zu verstecken und gleichzeitig versuche, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken, "nach der Situation gerade könnte ich es gut verstehen, wenn sie gar nicht erst auftaucht. Was...was mache ich dann denn nur?"

Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt