# 44

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- Lola -

Hoffentlich ist sie da...
Ungeduldig und mit in den Jackentaschen vergrabenen Händen laufe ich vor dem Lehrerzimmer auf und ab, während ich nervös auf meiner Unterlippe kaue.
Nachdem ich mich etwas überstürzt von Direktorin Berger verabschiedet habe, zurück ins Schulgebäude gestürmt und durch die leeren Gänge gerannt bin, habe ich mit Schrecken festgestellt, dass die Tür zum Französischraum abgeschlossen war.
Zoe war gegangen...
Um ehrlich zu sein kann ich ihr das nicht verübeln. Schließlich habe ich sie eine gute halbe Stunde warten lassen...
Ich bin so dumm! So unfassbar dumm!
Und jetzt kann ich nur noch hoffen, dass es noch nicht allzu lange her ist, dass sie den Französischraum abgeschlossen hat und sie sich noch im Lehrerzimmer aufhält.
Hoffentlich findet Herr Heinrichs sie...
Sonst müsste ich zu ihr nach Hause fahren.
Oder versuchen sie anzurufen.
Wenn sie überhaupt noch mit mir reden will...
Verdammt, wieso bin ich nur so trotzig gewesen?!
Warum bin ich nicht einfach zur Nachhilfe gegangen und habe mit Zoe geredet?!
Ich habe ihr doch gesagt, dass sie mir sagen soll, wenn sie etwas stört oder verletzt!
Warum habe ich diesen Rat dann nicht selber befolgt?!
Direktorin Berger hatte Recht!
Wie konnte ich nur denken, dass ich Zoe nicht wichtig bin?!
Das ist doch absoluter Schwachsinn!
Und jetzt habe ich wahrscheinlich alles kaputt gemacht!
Ich bin so unfassbar, unfassbar, unfassbar dumm!
In diesem Moment höre ich hinter mir das Geräusch einer sich öffnenden Tür und wirble sofort herum.
Ich habe schon fast erwartet, dass Herr Heinrichs wieder im Türrahmen erscheint und mir mitteilt, dass Frau Jacobi schon lange nach Hause gegangen ist.
Umso überraschter bin ich, als Zoe hinter der halbgeöffneten Tür erscheint und, nachdem sie mich entdeckt hat, vollständig auf den Flur tritt und die Tür wieder hinter sich schließt.
Als sie sich wieder zu mir umdreht und in meine Richtung sieht, schaut sie mich aus großen, ungläubigen Augen an, so als könnte sie nicht glauben, dass ich hier vor ihr stehe. Dass ihre Augen zudem auch noch gerötet sind und sie trotz ihres Make Ups ziemlich fertig aussieht, lässt meinen Magen auf unangenehme Weise zusammenziehen.
Das ist alles meine Schuld...
Ich bin dafür verantwortlich, dass Zoe sich so schlecht fühlt...
Zerknirscht schaue ich zu Zoe, die mich immer noch schweigend und ungläubig betrachtet, und ziehe schuldbewusst meinen Kopf zwischen die Schultern.
Ich sollte etwas sagen...
Ich sollte mich bei ihr entschuldigen...
Für mein Verhalten von heute Morgen.
Für mein Fernbleiben von der Nachhilfe.
Für alles.
Doch als ich den Mund öffne, um genau dies zu tun, öffnet sich die Tür des Lehrerzimmers erneut und meine Hände ballen sich in meinen Jackentaschen zu Fäusten, als sich Herr Lüdenscheid durch die halbgeöffnete Tür  schiebt.
"Na, sieh mal einer an", sagt er und lächelt mich mit seinem ekelhaften falschen Lächeln an, "ich habe dir ja noch gar nicht meine Glückwünsche zu deiner Zulassung ausgesprochen, Lola."
"Ähm...danke, Herr Lüdenscheid", sage ich, wobei ich den leicht irritierten, aber auch genervten Unterton in meiner Stimme nicht verbergen kann.
Merkt der Kerl eigentlich nicht, dass er stört?!
Okay...blöde Frage...
Doch anstatt sich nach seinen nicht ernst gemeinten Glückwünschen wenigstens zu verziehen, bleibt Herr Lüdenscheid weiterhin im Türrahmen des Lehrerzimmers stehen und nimmt einen Schluck aus seiner Kaffeetasse.
Hoffentlich hat irgendjemand heimlich Spülmittel da reingemischt....
"Das grenzt ja doch schon an ein kleines Wunder mit deiner Zulassung. Da kannst du Frau Jacobi aber wirklich dankbar sein, dass sie sich so sehr für dich engagiert und eingesetzt hat. Und ich nehme an, dass eure abschließende Besprechung heute Morgen auch nichts an deiner Dankbarkeit geändert haben wird. Oder etwa doch?"
Mein Würgereiz, der in Gegenwart von Herrn Lüdenscheid sowieso immer auf Bereitschaft ist, wird von einem abrupten Zusammenziehen meines Halses unterbrochen, als Herr Lüdenscheid nach dieser Bemerkung einen kurzen, aber vielsagenden Blick in Zoes Richtung wirft, den Zoe überraschend gereizt erwidert.
Was soll das denn jetzt?
Hab ich vielleicht irgendwas verpasst?
Doch bevor ich meiner Verwirrung durch eine Frage anstatt bloß durch einen irritierten Blick Ausdruck verleihen kann, ertönt eine weitere Stimme hinter mir.
"Da bist du ja, Bruno", ruft Direktorin Berger, die gerade über den Flur und auf das Lehrerzimmer zu geht, "ich habe dich schon gesucht. Du wolltest mit mir doch nochmal über die Angelegenheit mit deiner siebten Klasse sprechen."
Während Herr Lüdenscheid etwas enttäuscht und auch verärgert in Direktorin Bergers Richtung sieht, sehe ich Direktorin Berger an, dass sie sich um einen möglichst unschuldigen und unwissenden Gesichtsausdruck bemüht. Doch als sich unsere Blicke treffen, meine ich für einen kurzen Moment ein verschlagenes Flackern in ihren Augen zu sehen.
Nicht schlecht, Frau Direktorin...
"Muss das jetzt sein, Mona?", fragt Herr Lüdenscheid und sieht immer noch sichtlich unerfreut über die plötzliche Unterbrechung aus, "könnten wir das nicht vielleicht morgen besprechen?"
"Das wird leider nicht möglich sein", sagt Direktorin Berger und ich bin beeindruckt, wie spielend leicht es ihr gelingt, das Bedauern in ihrer Stimme echt klingen zu lassen, "ich habe bis zum Ende dieser Woche und auch in der nächsten viel zu tun, unter anderem wichtige Telefonate, Termine und auch ein paar Konferenzen mit anderen Schuldirektoren. Aber ich weiß, dass du unbedingt noch in dieser Woche mit mir über diese Angelegenheit sprechen wolltest, deshalb wollte ich dir jetzt die Gelegenheit dazu geben. Und du scheinst ja gerade auch nichts allzu wichtiges zu tun zu haben, oder?"
Ich höre, wie Herr Lüdenscheid schwer aufseufzt und für einen Moment zwischen Zoe und mir hin und her schaut, bevor sein Blick wieder zu Direktorin Berger wandert.
"Nun gut, Mona", sagt er schließlich und strafft seine Schultern, als er vollständig auf den Flur tritt und die Tür des Lehrerzimmers hinter sich fallen lässt.
Immer noch mit seiner Kaffeetasse in der Hand stapft Herr Lüdenscheid in Direktorin Bergers Richtung und ich werfe ihr einen dankbaren Blick zu, den Direktorin Berger mir mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfnicken quittiert. Als Herr Lüdenscheid schließlich neben ihr angekommen ist und Direktorin Berger sich abwendet, um neben ihm zu gehen, macht sie eine kurze Husch-Husch-Handbewegung in Zoes und meine Richtung und verwickelt Herrn Lüdenscheid sofort in ein Gespräch, als dieser sich noch einmal zu uns umdrehen will.
Wirklich nicht schlecht, Frau Direktorin...
Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Zoe Direktorin Berger mit einem erleichterten Lächeln nachsieht, doch als sie ihren Kopf wieder zu mir dreht und sich unsere Blicke erneut treffen, verrutscht ihr das Lächeln auf ihren Lippen und ich sehe, wie sich ihre Fingerknöchel an der Hand, mit der sie den Gurt ihrer Tasche umfasst, vor Anspannung weiß verfärben.
Ich schlucke und trete unschlüssig von einem Fuß auf den anderen, bevor ich nach einer Weile tief Luft hole und mich anschließend räuspere.
"Ich...ähm...können...können wir reden...bitte?"
Für einen scheinbar endlosen Moment betrachtet Zoe mich einfach nur und ich versuche anhand des Blicks ihrer braunen Augen zu erahnen, was in ihr vorgeht.
Vergeblich...
Aber irgendwann räuspert sie sich auch.
"Ja...ich...ich denke, das sollten wir. Komm."

Liebe Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 1) (girlxgirl; teacherxstudent)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt