Zurück - Tilbake

5 0 0
                                    

Zurück – Tilbake

„Woher kommt der Wind? Er ist so stark, dass er große Meere bewegt, und er entfacht Feuer. Aber so mächtig er auch ist, kann man ihn doch nicht sehen; denn er ist von wundersamer Beschaffenheit."
(Edda des Snorri Sturluson, Gylfis Täuschung, 18.)

~

Es hatte nachts geregnet.
Wenn Hedvig mit Hulda verschwunden war, dann musste sie jetzt völlig durchnässt sein. Außerdem war es noch ziemlich kühl draußen. Sie konnte doch nicht einfach so unter diesen Umständen verschwinden. Das ging nicht.
Aber Hedvig war alles zuzutrauen. Zu Einars Glück war Tingelsædet nicht besonders groß. Und sie war noch auf der Insel, denn das Boot war immer noch da. Sie war ganz sicher nicht zum Festland geschwommen. Nicht mit Hulda.
Wo war sie? Sie würde nicht von selbst zurückkommen. Dazu war sie zu stur. Aber in der Kälte würde sie irgendwann krank werden. Selbst dann würde sie nicht zurückkommen. Sie würde wahrscheinlich eher sterben.
Hätte er gestern doch etwas gesagt! Dann wäre es gar nicht erst so weit gekommen. Im Endeffekt hatte er völlig überreagiert. Es war ein dummer Zufall, dass sie mit Max geschlafen hatte, mehr nicht. Sie kannte Einar damals doch noch gar nicht.
Warum hatte er nicht einfach mit ihr reden können?

Einar fand sie einige Zeit später. Sie hatte Hulda im Arm und beugte sich schützend über sie. Und sie war völlig durchnässt, genau wie Einar angenommen hatte. Ihr Gesicht war blass von der Kälte und sie zitterte. Ihre Lippen waren blau.
Als sie Einar bemerkte, sah sie ihn feindselig an. Er konnte es verstehen. Sie hatte sich bei ihm entschuldigt – obwohl es nichts gab, wofür sie sich entschuldigen müsste – und er hatte sie komplett ignoriert.
„Hedvig!", rief Einar und ging mit schnellen Schritten auf sie zu. Sie drückte Hulda fester an sich.
„Was willst du?"
„Es tut mir leid. Wirklich. Ich habe mich benommen, wie der letzte Vollidiot. Bitte komm wieder nach Hause.", sagte er. Sie sah ihn misstrauisch an.
„Du nimmst es mir also nicht übel?", fragte sie skeptisch.
„Was denn?"
„Das mit deinem Bruder."
Einar schüttelte nur den Kopf. Hedvig stand langsam vom Boden auf. Sie musterte Einar von Kopf bis Fuß.
„Weißt du, ich glaube, ich gehe wirklich nach Hause. Wir brauchen wohl beide ein bisschen Ruhe voreinander.", meinte sie dann.
„Was soll das heißen?", wollte Einar wissen.
„Ich gehe zurück in mein altes Haus auf dem Festland. Lass uns die Sache noch einmal von vorne anfangen.", antwortete Hedvig.
Das waren ihre letzten Worte.

Huset på skjæret - Das Haus auf der SchäreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt