𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟑𝟐

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"Kennen Sie ihn?" 

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"Kennen Sie ihn?" 

Mit versteinerter Miene betrachtete ich den Mann, der da vor mir stand und mich mit genau demselben ausdruckslosen Blick in den Augen ansah, wie ich ihn. 

Irgendetwas an seinen dunkelbraunen Haaren, den blau-grauen Augen und den kantigen Gesichtszügen kam mir furchtbar vertraut vor, aber ich wusste nicht was, schließlich hatte ich diesen Mann noch nie in meinem Leben gesehen. 

"Nein..." sagte ich obwohl ein winzig kleiner Teil von mir, aus irgendeinem unverständlichen, sinnlosen Grund, gerne ja  gesagt hätte. 

Aber warum hätte ich lügen sollen? Ich kannte ihn schließlich nicht. Ich war mir sicher ihm noch niemals zuvor begegnet zu sein und trotzdem war da etwas bekanntes, irgendetwas, eine Ahnung oder ein Gefühl... eine Verbundenheit, etwas, das es mir unmöglich machte, den Blick abzuwenden. 

"Und Sie? Kennen Sie diese Frau?" fragte der große, schlaksige Mann nun meinen Gegenüber, der daraufhin ganz leicht die Stirn runzelte, als müsste er ernsthaft darüber nachdenken. 

"Nein..." meinte auch er dann und bei dem Klang seiner Stimme schoss mir etwas durch den Kopf, zum Greifen nah, ein Name, sein Name und doch schaffte ich es nicht, ihn festzuhalten.

Er entglitt mir und war wieder verschwunden, noch ehe er richtig da gewesen war. 

Aber woher sollte ich seinen Namen kennen, wenn ich ihn doch vor ein paar Sekunden zum ersten mal gesehen hatte? 

"Seid ihr einander schon einmal begegnet?" hakte der Mann hinter der Glasscheibe nach.

Ich neigte den Kopf leicht zur Seite und musterte die den Mann vor mir genauestens, als suchte ich nach etwas, das mir bestätigte, dass ich mir diese Vertrautheit nur einbildete, bis mein Blick schließlich an seinem linken Arm hängen blieb, der im grellen, künstlichen Licht silbern schimmerte. 

Was war das? 

War er aus Metall? 

Bevor ich mich selbst zurückhalten konnte, war meine Hand nach vorne geschnellt, hatte den Ärmel des Shirts nach oben geschoben und war vorsichtig über die kühle, glatte Innenseite seines Armes gefahren. 

"Soldat!?" mahnte der Mann hinter der Scheibe und augenblicklich zuckte meine Hand zurück, als hätte ich mich an dem Metall verbrannt. 

Als ich meinen Kopf wieder hob und dem Mann vor mir in die Augen blickte, war da nicht mehr dieser kalte, unnahbare Ausdruck zu sehen, sondern so etwas wie Verwirrung. 

"Soldat!?" wiederholte die Stimme hinter dem Glas barsch, doch ich schaffte es nicht, meinen Blick von den Augen des Mannes zu lösen, der mich nun ansah, als versuchte er etwas zu verstehen, was er nicht verstehe konnte. 

"SOLDAT!?" 

Bei dem lauten Wort, war ich unwillkürlich zusammengezuckt, während mein Gegenüber sich angespannt und seinen Blick von meinem gelöst hatte, um zu den Männern hinter der Scheibe zu sehen. 

"Seid ihr einander schon einmal begegnet?" wollte der große Schlaksige erneut wissen und eine gefährliche Ungeduld lag in seiner Stimme. 

"Nein!" sagte der Mann mit dem metallenen Arm und wieder löste der bloße Klang seiner Stimme dieses Gefühl in mir aus. Als würde etwas fehlen. Als wäre da irgendetwas, das ich wissen sollte, nein, wissen musste und ganz egal wie sehr ich auch versuchte, es zu fassen, die Lücke zu füllen, in der dieses gravierende Etwas fehlte, ich schaffte es nicht.

Ganz langsam schüttelte ich den Kopf, schaffte es aber immer noch nicht den Blick vom Mann neben mir zu nehmen, auch wenn er schon längst den seinen abgewendet hatte. 

"Kommt sie Ihnen bekannt vor?" fragte die Stimme weiter und der Mann wandte für den Bruchteil einer Sekunde den Kopf zu mir, doch dieser winzige Moment reichte, um den Sturm der Emotionen in seinen Augen zu sehen. 

Da war Verwirrung, jede Menge davon aber auch Ungewissheit, Zweifel und noch etwas anderes, das ich nicht einordnen konnte. War es Angst? Oder Sorge? Oder vielleicht Furcht? 

"I-ich... weiß nicht...i-ich..." stammelte er so leise, dass die Männer hinter der Scheibe es unmöglich gehört haben konnten und tatsächlich, kaum hatte er den Mund wieder geschlossen hakten sie noch einmal nach. 

Wieder huschte sein Blick zu mir, doch diesmal wandte er ihn nicht sofort wieder ab. 

"J...Nein!" 

"Wie war das?" 

"Nein!" 

"Und was ist mit Ihnen, kommt er Ihnen bekannt vor?" 

Jetzt lagen alle Augen auf mir, das konnte ich ganz deutlich spüren und es jagte mir eine Gänsehaut über den Körper. Nicht weil es mir unangenehm war so angestarrt zu werden, sondern weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte und die Blicke mich zu einer Antwort drängten. 

Das Einfachste wäre, die Wahrheit zu sagen. Ja, er kam mir bekannt vor, verdammt bekannt sogar. Aber irgendetwas in mir sträubte sich dagegen. Ich wollte es nicht sagen, ich wollte lügen, ich wollte behaupten, dass er mir überhaupt nicht bekannt vorkam, obwohl er es tat. 

Ich wusste, was ich sagen sollte, sagen musste, aber ich konnte es nicht. Es ging nicht. Ich konnte es nicht sagen, dieses schlichte einfache Wort, diese ein Silbe, die zwei Buchstaben. Ja

Und statt der ehrlichen Antwort schlüpfte mir eine Lüge über die Lippen. 

Ein Wort, fast genau so schlicht und einfach wie das andere doch mit der vollkommen gegensätzlichen Bedeutung.

"Nein..." 

Hinter der Scheibe wurde angeregt geredet, doch ich verstand nicht, was sie sagte, dafür wirbelten mir viel zu viele Gedanken im Kopf umher. 

Warum hatte ich das getan? 

Warum hatte ich gelogen? 

Warum hatte ich nicht die Wahrheit gesagt, wie ich es eigentlich hätte tun sollen? Wie es von mir erwartet wurde? Wie ich es hätte tun müssen? 

Wieso hatte ich nicht einfach zugegeben, dass er mir vertraut vorkam? Ich hatte nicht einmal einen Grund das Gegenteil zu behaupten und trotzdem hatte ich es getan... 

Aber warum? 

Wieso, verdammt? 

Wie von selbst wandte ich den Kopf wieder zur Seite und blickte zu dem Mann, der dieses seltsame Gefühl der Unvollständigkeit und des Unwissens in mir auslöste, der mich so sehr verwirrte, dass ich die Menschen hinter der Scheibe anlog, nur um festzustellen, dass seine Augen längst auf mir ruhten. 

Die gleiche unausgesprochene Frage lag in seinem Blick, die auch mir durch den Kopf spukte. 

Warum? Warum habe ich gelogen? Warum habe ich für dich gelogen, obwohl ich dich gar nicht kenne? Sag mir wieso! Bitte, sag mir warum, denn ich verstehe es nicht!

𝐦𝐨𝐫𝐞 𝐭𝐡𝐚𝐧 𝐟𝐫𝐢𝐞𝐧𝐝𝐬 || 𝐛𝐮𝐜𝐤𝐲 𝐟𝐟Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt