𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟏𝟏𝟒

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Wie gebannt starrte ich auf die Umrisse der Stadt, die in einiger Entfernung vor uns lag und sich ganz allmählich aus den Fängen des Nebels zu befreien begann

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Wie gebannt starrte ich auf die Umrisse der Stadt, die in einiger Entfernung vor uns lag und sich ganz allmählich aus den Fängen des Nebels zu befreien begann. 

Die halbe Nacht über hatte ich kein Auge zugetan, weil die freudige Aufregung - jetzt, da unser Ziel zum Greifen nah war und es nur noch eine Frage von Stunden, wenn nicht sogar Minuten war, bis wir es erreichten - mir schlichtweg jeden Gedanken an Schlaf geraubt hatte. 

Auch Bucky war anfangs von der Aussicht, bald anzukommen und diese verrückte Reise damit abschließen zu können, wachgehalten worden. 

Doch nachdem wir uns auf den Zug geschlichen hatten, der uns die letzten hundert Kilometer nach Bukarest bringen sollte, und aus den vollbesetzten Abteilen auf das menschenleere Dach geflüchtet waren, um dem Lärm und der unfreiwilligen Aufmerksamkeit zu entkommen, waren ihm vor lauter Schlafmangel irgendwann doch die Augen zugefallen. 

Was mich wiederum dazu gezwungen hatte, nicht gedankenverloren in den Nachthimmel hinauf zu starren und die Sterne zu bewundern - wie ich es gerne getan hätte -, sondern darauf zu achten, dass er ruhig liegen blieb und nicht im Schlaf vom Zug stürzte. 

Zugegeben, ich war das ein oder andere Mal eingenickt, aber den Großteil der Nacht hatte ich mit weit geöffneten Augen und wachem Verstand verbracht, was - wenn man bedachte wie selten wir in letzter Zeit eine ordentliche Portion Schlaf abbekommen hatten - ein wahres Wunder war. 

Und nun, da die Sonne langsam ihre Strahlen nach der Welt ausstreckte und mit ihrem warmen, weichen Licht die Schatten der Dunkelheit vertrieb, saß ich mit schmerzenden, steif gefrorenen Gliedern auf dem vordersten Waggon und wurde von meinem besten Freund als Kissen missbraucht. 

Nicht dass mich das sonderlich stören würde, immerhin hatte auch er schon des öfteren als mein ganz persönliches Polster hinhalten müssen... 

"Hey, Buck...", murmelte ich mit rauer Stimme, als ich den Moment der Atemlosigkeit überwunden hatte, den mir der Anblick unseres in Nebelschwaden gehülltes Ziel verschafft hatte. "...Buck, wach auf! Wir... w-wir sind gleich da!" 

Ohne auf sein widerwilliges Brummen Rücksicht zu nehmen rüttelte ich ihn an der Schulter, sodass ihm letztendlich nichts anders übrig blieb, als die Augen aufzuschlagen und aus der Welt der Träume in die Realität zurückzukehren, die - ausnahmsweise einmal - etwas Gutes mit sich brachte. 

"Was?" wollte er halb genervt, halb verschlafen wissen, als ich ihn vor lauter Aufregung immer weiter schüttelte und die Tatsache, dass er schon längst wach war und ich daher wieder von ihm ablassen konnte, dabei vollkommen vergaß. 

"Wir sind glich da!" wiederholte ich mit ungewöhnlich hoher Stimme und deutet an ihm vorbei, hin zu der Stadt, die sich wie ein gewaltiges Lichtermeer unter der feinen Nebeldecke abzeichnete und uns entgegen leuchtete. 

"Was?!" 

Diesmal klang er kein bisschen müde mehr. 

Ganz im Gegenteil. Sein Kopf war in die Höhe geschossen, sein Blick hatte sich in die Richtung gewandt, in die ich zeigte, und seine Augen hatten sich bei dem Anblick, der sich ihm bot, geweitet. 

"Bukarest?" fragte er, als könnte er nicht glauben, dass wir nach den vielen, fürchterlich anstrengenden Wochen endlich dort angekommen waren, wo wir von Anfang an hingewollt hatten. 

Ich konnte es selbst kaum glauben, so unwirklich wie es sich anfühlte.  

Jede halbwegs funktionierende Hirnzelle sagte mir, dass wir unmöglich schon da sein konnten, dass es nur ein schlechter Scherz, ein hinterhältiger Trick oder ein einfacher Fehler, eine Verwechslung war, weil allein die Vorstellung - nun endlich angekommen und der Vergangenheit damit ein klein wenig mehr entflohen zu sein - zu abwegig erschein. 

Wir hatten so viele schreckliche Dinge erlebt - sowohl vor Hydra, als auch bei ihnen und in der Zeit danach, auf unserer Flucht -, dass der Gedanke an einen Neuanfang, an ein neues Leben in einer neuen Stadt, gleichermaßen befreiend und furchteinlösend, aber vor allem unwahrscheinlich war. 

Denn wie konnte das alles auf einmal vorbei sein? 

Wie konnten wir auf einmal frei sein zu tun, zu denken und zu fühlen, was auch immer wir wollten? 

Wie konnten die Jahre voller Schmerz und Tod, die Monate voller Angst und Verzweiflung, auf einmal einer Zukunft weichen, die - ganz egal wie kompliziert oder nervenaufreibend sie auch sein mochte - nur besser werden konnte, als das, was wir hinter uns hatten? 

Wie konnte ich hier sitzen - auf dem windigen Dach eines Zuges, Seite an Seite mit meinem besten Freund - und tatsächlich auf die Stadt zufahren, von der wir seit Wochen geträumt hatten und die nun wie ein leuchtender Hoffnungsschimmer vor uns aus der Dunkelheit ragte? 

Wie konnte diese verrückte und naive Hoffnung plötzlich Wirklichkeit werden? 

"Bukarest!" bestätigte ich und spürte, wie der ungläubige Gesichtsausdruck langsam einem breiten, ehrlichen Lächeln wich. 

"Heilige Schieße...", stieß Bucky lachend hervor und schlang - überwältigt von dem Glücksgefühl, wirklich und wahrhaftig angekommen zu sein - die Arme um mich, bevor er mir einen Kuss auf den Kopf drückte. "...wir... w-wir haben's geschafft! Wir sind da! Wir sind endlich da!" 

Mit dem wohl breitesten Grinsen seit Jahrzehnten im Gesicht, strahlte ich ihn an. 

"Ja..." quiekte ich, vergeblich bemüht meine Stimme vor lauter Enthusiasmus nicht zu hoch klingen zu lassen. "...w-wir sind da!" 

𝐦𝐨𝐫𝐞 𝐭𝐡𝐚𝐧 𝐟𝐫𝐢𝐞𝐧𝐝𝐬 || 𝐛𝐮𝐜𝐤𝐲 𝐟𝐟Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt