Bruder?

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Sophie:

Alle sprachen nervös durcheinander und ich konnte trotz höchster Konzentration kein Gespräch mithören. Von überall her wurde es mit jedem Wort lauter.
In den Gesichtern der Leute sah ich Wut, Hass, Unsicherheit und Angst, was ich ihnen nicht verübeln konnte. Seit Brian der Alpha war, hatten sie alle ein einigermassen ruhiges Leben, welches gerade drohte vorbei zu sein.
Nachdem wir diesen ach so freundlichen Brief von Brians Vater bekommen hatten, rannten wir schnurstracks zum Rest des Rudels, um sie zu warnen.

Ich konnte mich nicht konzentrieren. Zum einten, weil alle durcheinander schreiten und zum andern, weil ich nicht verstand, wie dieser Brief zu uns gelangen konnte. Zweiteres bereitete mir erträchtlich mehr Sorgen und mir schwirrte schon der Kopf.
Geistesabwesend wie ich war, bekam ich nicht mit, dass es plötzlich ruhig um mich war und Brian ihnen versicherte, dass er alles in seiner Macht stehende tun würde, um den Carter-Clan ein für alle mal zu vernichten.
Er gab allen irgendwelche Anweisungen und einer nach dem Anderen verschwand.

„...Sophie.. Prinzessin..", hörte ich vage.
Jemand packte mich an den Schultern und ich zuckte erschrocken zusammen.
Wieder in der Realität angekommen schaute ich Brian verwundert an, welcher mich besorgt begutachtete.
„Was ist los?", fragte er mich mit einem Unterton, welcher verriet, dass er kein „Nichts" gelten liess.
Nach langem überlegen, wo ich anfangen sollte, öffnete ich den Mund, schloss ihn aber wieder, ohne nur ein Ton aus mir zu bringen.

Vielleicht ist es besser, wenn ich ihn nicht mit noch mehr Sorgen belaste.

Doch sein Blick bohrte nach und ich wusste, dass wir erst gehen, wenn ich ihm sagte, was mir durch den Kopf ging.
Da ich extremst erschöpft war, hatte ich keine Lust mehr, ihn auf die Probe zu stellen.
Seufzend gab ich nach und begann zu sprechen. „Mir geht einfach nicht in den Kopf, wie zur Hölle er ein Brief an uns schreiben konnte..ich meine er ist ja.. tot."
Augenblicklich legte sich ein dunkler Schatten auf Brians Augen und ich wusste, dass dies seine grösste Sorge und Angst war.
Ich sah ihm an, wie er innerlich gerade mit sich kämpfte.
Da ich nicht wusste, was ich ihm sagen sollte, um ihn aufzumuntern, legte ich meine Arme um ihn und drückte ihn fest an mich.

Brian:

Ich wälzte mich im Bett, um eine geeignete Schlafposition zu finden und wollte schlafen, doch meine Gedanken liessen mich nicht in Ruhe. Sie quälten mich bis tief in die Nacht.
Sophie neben mir war, sobald sie im Bett lag, in den Schlaf gesunken, welcher jedoch ziemlich unruhig war. Sie zappelte im Schlaf und hatte mich in kürzester Zeit schon drei mal geboxt.
Als es nach zwei weiteren Stunden immer noch nicht klappte mit einschlafen, stand ich auf und ging nach draussen, um frische Luft zu schnappen.

Der Mond schien hell und erleuchtete die ganze Umgebung.
Durch die frische Luft wurde ich wachsamer und ich hörte in die Nacht hinein. Nichts. Kein einziges verdächtiges Etwas, was verraten würde, dass wir beobachtet werden.
Nach ein paar Minuten schoss mir ein Gedanke durch den Kopf und ich fing an meinen Körper auf Bestform zu bringen.
Du bist ein Taugenichts, ein Schwächling! Wer soll dich ernst nehmen? Die lachen dich alle aus! Du bist eine Schande für mein Blut!'
Diese Gedanken trieben mich an. Gedanken, welche mein Vater mir als kleines Kind immer ins Gesicht schleuderte. Damals wie jetzt brachten genau diese Worte mich auf 180. Vor lauter Wut konnte ich nicht mehr klar denken und ich rannte los. In den Wald hinein. Nach einiger Zeit liess die Wut nach und ich sah, wo sie mich hingeführt hatte. Zum Baum, an welchem ein Boxsack hing und ich schon als kleiner Bube trainiert hatte.
Damals natürlich heimlich.
Ich sah das als Zeichen und fing an zu trainieren.

Völlig durchnässt vom Schweiss bearbeitete ich den Boxsack, bis ich vor lauter Erschöpfung mich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Ich lief noch ein paar mal langsam um den Baum, um mein Puls langsam zu senken und denn setzte ich mich mit dem Rücken an den Baum auf den Boden. Am Ende meiner Kräfte lauschte ich dem Zwitschern der Vögel zu und dämmerte langsam weg.

White WolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt