Mamas Geschichte

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Sophie:

Ich hatte es geschafft. Ich war bei Brian, wenn auch nur im Traum, aber wir waren zusammen dort.
Für den Moment war ich glücklich und ich versuchte dieses Gefühl zu behalten.
Unter einem Baum wartete schon meine Familie darauf, dass ich ihnen alles erzähle.
Alle schauten mich erwartungvoll an.
Ich konnte nicht mehr länger meine gute Laune verstecken und strahlte sie an.
„Es hat geklappt!", rief ich ihnen entgegen.
Sie atmeten alle erleichtert auf und freuten sich mit mir, dass wir einen kleinen Schritt nach vorne geschafft hatten.
Wir jubelten, tanzen und sangen über den Erfolg und es fühlte sich an, wie früher. Früher, als alle noch lebten.
Meine Eltern gaben alles dafür, dass wir eine glückliche, fröhliche Familie waren.
Genau deshalb genoss ich jetzt die Zeit mit ihnen in vollen Zügen.
Meinen Grund, weshalb ich hier war, vergass ich jedoch nie. Er war für einen kleinen Augenblick nur ein bisschen nach hinten gerutscht.

„Mama, wie kann man sich an etwas detailliert erinnern, was nur bei halbem Bewusstsein geschah?", fragte ich sie in der Hoffnung, sie wusste einen guten Rat.
Sie schaute mich mit ihrem sanftmütigen Blick an und lächelte leicht, bevor sie begann zu sprechen.
„Das ist nicht leicht, meine kleine. Vorallem, wenn dabei ein Fluch eine grosse Rolle spielt. Man muss ihn geschickt umgehen können, ansonsten, passiert etwas Schlimmes."
Sie legte eine kurze Pause ein, ehe sie weiter sprach.
„In deinem Fall, ist es schon passiert. Deine Seele ist hier gefangen, während dein Körper auf der Erde auf dich wartet. Deshalb ist es nicht mehr oberste Priorität, sich zu schützen. Aber nicht, dass du jetzt Kopf über Fuss ins Verderben springst. Du musst dich trotzdem ein bisschen Schützen und achtsam sein.
Am besten ist es, wenn du dich jetzt darauf konzentrierst, was du wissen willst. Erinnere dich gut daran, was geschehen ist und achte auf jede kleinste Einzelheit."
Sie legte eine Hand an meine Wange und tätschelte sie sanft.
„Du schaffst das schon. Glaub an dich.
Ich lasse dich jetzt alleine."
Mit diesen Worten ging sie.

Na gut. Das sollte nicht so schwer sein.

Voller Elan machte ich mich daran, heraus zu finden, welche Zutaten in diesem Duft steckten.

Leichter gesagt als getan.
Nach duzenden Malen gescheitert, war ich kurz davor aufzugeben.
Jedes Mal, wenn ich kurz davor war, einen frischen Duft herauszufiltern, verlor ich die Konzentration und ich fand den Faden nicht mehr. Dann konnte ich wieder frisch anfangen.

Irgendwann schaffte ich es trotzdem, etwas herauszufiltern.
Dieser Geschmack kam mir so vertraut vor.
Nach einigen Minuten nachdenken, wusste ich woher.
Es roch nach Weihnachten!
Aber es war nicht Zimt oder Muskatnuss.
Schnell rannte ich zu meiner Mutter.
„Mama!", schrie ich und sie drehte sich um. „Mama, wie heisst dieses Gewürz nochmal, welches du in deine speziellen Kekse hinein getan hast?"
Vor lauter Eifer konnte man mich nicht verstehen und ich musste mich wiederholen.
„Och Schätzchen.", lächelte sie mich an. „Es ist doch noch nicht Weihnachten."
„Ja, ich weiss Mama. Aber dieser Duft war dabei..", klärte ich sie auf.
Ihr Blick wurde ernst und verärgert.
„Mama, was ist?", fragte ich sie besorgt.
Sie jedoch hörte mich nicht, denn sie war tief in ihre Gedanken versunken.
„Das kann doch nicht möglich sein...das gibt keinen Sinn...niemand würde das beifügen...", murmelte sie vor sich hin.

Oo ooh. Wenn Mama so murmelt, heisst das nichts Gutes..

„Mama. Sag mir bitte was los ist.", forderte ich bestimmt.
Sie war so tief versunken, dass sie nicht realisierte, dass ich mit ihr sprach.
Ich rüttelte sie an den Schultern.
„Mama! Sag mir, was los ist."
Verwirrt schüttelte sie den Kopf, um zu sich zu kommen.
„Hol Papa und Alex. Dann erzähl ich dir alles.", befahl sie mir.
Ich fragte nicht wieso, sondern tat wie geheissen.

„Also Sophie hat herausgefunden, dass Anis mit dem Fluch zu tun hat.", begann sie.

Ja genau, Anis.

„Nein. Das kann nicht sein.", kam es von Papa.
Langsam fand ich es komisch, dass alle genau so reagierten.
„Was ist daran so speziell?", stellte ich die Frage aller Fragen.
Meine Eltern schauten sich an und Papa nickte ihr aufmunternd zu.
Ich sah zu Alex und wusste, dass er genau so ahnungslos war, wie ich.
„Als ich noch jung und frisch mit eurem Vater zusammen war, hatte ich einen Verfolger. Ich wurde ihn einfach nicht los. Wenn ich an eine neuen Ort ging, kam er auch. Wenn ich in die Bibliothek ging, war er schon da.
Ich erzählte es eurem Vater und er nahm sich vor, mit ihm zu reden. Ab diesem Zeitpunkt gingen wir immer zusammen aus dem Haus. Er zeigte sich nicht mehr. Einmal war ich nur fünf Minuten alleine und promt stand dieser Kerl vor mir.
Immer wenn ich ihn fragte, was er von mir wolle, antwortete er nur: Dich.

Verzweifelt wandten wir und an einen Schamanen. Wir wollten unsere Ruhe.
Er gab uns einen Rat, welchen wir befolgten.
Der Schamane teilte uns mit, dass mein Verfolger allergisch auf Anis wirke.
Ich rieb mich mit Anis ein und ging auf den Verfolger zu. Er wollte mich packen, doch sobald er seine Hände auf mir hatte, zischte es und seine Hände waren voll mit Blasen, als wäre es äzend.
Ich fasste ihn überall an, damit sein ganzer Körper voller Blasen war. Dies würde ihn eine lange Weile still legen.
Während ich davon lief hörte ich ihn: Na warte! Ich werde dich umbringen! Du wirst wissen, wenn ich es war!

Wir hauten ab und tauchten unter. Wir hatten ein schönes Leben. Alex kam auf die Welt und fünf Jahre später du, Sophie. Wir hofften, dass alles normal bleiben würde. Deshalb erzählten wir auch nichts über unser Geheimnis.. aber als Alex 10 wurde und seine Sinne langsam stärker wurden, wussten wir, dass wir so nicht weitermachen konnten. Wir wollten mit euch weg. Mit dem Vorwand, wir würden Ferien machen. Wir wollten euch einweihen.
Aber dazu kam es nie..."

White WolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt