James' rechte Hand

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„Du willst mich also sprechen?", stellte James eher fest, als eine Frage zu stellen.
All die Worte, welche ich ihm nur zu gern entgegenschleuern würde, schluckte ich hart hinunter und nickte, ehe ich zum sprechen ansetzte.
„Ich will mich bei dir entschuldigen.", presste ich schweren Herzens aus mir heraus.
Seine Augen begannen zu leuchten und ein Lächeln stahl sich in sein Gesicht.

Er glaubt es mir.

„Ich werde dir Joanna schicken.", mit diesen Worten verschwand er aus meinem Blickfeld und ich wurde alleine gelassen.
Einige Minuten später öffnete sich die Tür wieder und Joanna kam zum Vorschein.
Sie lächelte mich scheu an und band meine Fessel von der Wandkette los ohne ein Wort zu sagen.
Ich folgte ihr den Weg hinauf in ein Badezimmer.
„Ich lasse dich fünf Minuten alleine, während ich Kleider für dich hole. Du machst mir doch keine Schwierigkeiten, oder?", flehte sie mich mit ihrem Blick an.
Verneinend schüttelte ich den Kopf und begann mich in der bereits gefüllten Badewanne zu waschen.
Die fünf Minuten zogen sich in die Länge und ich hatte schon Zweifel, dass sie mich vergessen hatte.

Endlich kam sie doch noch und legte ein Kleid über den Paravent. Irgendetwas war anders, aber ich konnte nicht sehen was.
Sie half mir beim anziehen, da ich noch immer Verletzungen hatte, welche aber deutlich besser waren, seit ich in der Wanne lag.
„Wie konntest du dich so schnell heilen?", fragte Joanna mich neugierig.„Weiss nicht. Ich hab nichts getan.", winkte ich ab und zuckte mit den Schultern.
Wunden heilten bei uns Gestaltwandlern sowieso schon schneller, als bei gewöhnlichen Menschen, aber meine Verletzungen waren verdächtig schnell geheilt.
„Joanna?", zog ich ihre Aufmerksamkeit auf mich. Sie sah mich von der Seite an, doch drehte sich nicht ganz zu mir.
Ihre Haare hatte sie so gerichtet, dass diese ihr linkes Auge verdeckten.
„Was ist gerade passiert?", fragte ich vorsichtig.
Sie drehte sich komplett ab und murmelte ein „Nichts".
Ich drehte sie an den Schultern zu mir und strich behutsam die Haare aus ihrem Gesicht.

Ach du Scheisse..!

„Wer hat dir das getan?"
Ihr wurde ziemlich deftig ins Gesicht geschlagen, denn ihr Auge begann blau zu werden und Blut klebte an der Wunde knapp darüber.
Joanna machte keine Anstalten dies zu sagen, denn sie wusste, dass dies nur Ärger gab.
„Joanna.", gab ich Druck.
Verzweifelt und mit Tränen in den Augen sah sie mich an, ehe sie antwortete.
„Es war James' rechte Hand. Er will unbedingt mit mir ausgehen, aber ich weise ihn immer ab.", erklärte sie mir.

Den kenn ich noch gar nicht!

Sanft berührte ich mit meiner nassen Hand ihre Wunde, die wie Zauberei durch meine Berührung zu heilen begann.
Fassungslos starrte ich an diese Stelle, an welcher jetzt fast nichts mehr zu sehen war.
Fragend schaute Joanna mich an, denn sie hatte von all dem nichts mitbekommen.
Als ich noch immer keine Antwort gab, drehte sie sich um, um zu sehen, was denn meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog.
Jetzt war es an ihr grosse Augen zu machen und zu staunen.
„Wie..?", begann sie ihre Frage, wusste aber nicht weiter.
„Wasser hat eine heilende Wirkung", murmelte ich vor mir hin.
Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren um das gerade Geschehene zu verarbeiten.

Ich dachte Erde sei meine Gabe..
Jetzt sind es schon zwei?

Joanna rüttelte mich aus meinen Gedanken.
„Du darfst auf keinen Fall jemanden verraten, dass du das kannst. Er wird dich töten, wenn er davon erfährt.", redete sie eindringlich auf mich ein.
Wie in Trance nickte ich und setzte mich auf den Stuhl, damit sie mir Haare frisieren konnte.

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„Na, wie findest du's?", prahlte James.
Er hatte mich in seinen heiligen Garten mitgenommen und wir sassen nun an einem Tisch und genossen die Sonne, welche dieses Jahr besonders lang die Erde erwärmte.
Mein Mund war gerade mit Kuchen vollgestopft, weshalb ich nickte und versuchte ein halbwegs gutes Lächeln hinzukriegen.
„Weisst du,", begann er zu reden. „Ich wusste, dass du dich besinnst und wir hier eine schöne Zeit haben werden."
Während dem ganzen Nachmittag plapperte er solch Zeugs vor sich hin und ich nickte und lächelte jedesmal, wenn er zu mir sah.
„Wo darf ich denn mal für kleine Mädchen?", fragte ich ihn so zuckersüss, wie ich nur konnte.
Er begleitete mich bis dahin und sagte, er würde in Speisesaal auf mich warten.

Endlich ein bisschen Ruhe!

Erleichtert liess ich mich auf die Toilette sinken und genoss die Stille.
Allzu lange konnte ich aber nicht verweilen und so machte ich mich auf den Weg zum Speisesaal.

Anscheinend war ich zu früh dran, denn James sass mit jemandem am Tisch und war vertieft in ein Gespräch.
Von irgendwo her kam er mir sehr bekannt vor.

Hab ich den schon mal gesehen?

James bemerkte meine Anwesenheit und beendete sofort das Gespräch. Der andere schaute kurz hoch und wieder weg, nur um nochmals zu schauen. Sein Blick war überrascht, dass ich hier war, als würde er mich kennen.
Und da sah ich dieses Detail, welches mir so bekannt vorkam.

NEIN! Damit hätte ich nicht gerechnet.

„DU?!", warf ich ihm das Wort entgegen.
Er schien genauso überrascht zu sein, wie ich.
„Ich wusste nicht, dass sie deine Gefangene ist.", hörte ich ihn zu James flüstern und dann wandte er sich wieder an mich.
„Sieht so aus. Hätte nicht gedacht, dich wieder zu sehen. Er hat dich also nicht umgebracht.", begrüsste er mich.
Es war Josh, mein früherer Nachbar.
Er hatte sich ein bisschen verändert, denn seine Haare waren nicht mehr voller Gel, sondern eher wuschelig und er hatte abgespeckt. Er sah fast schon gut aus, aber eben nur fast.
„Was soll das denn wieder heissen?", fragte ich schnippisch.
Sein Pädo-lächeln war aber noch immer das selbe.
„Du weisst es immer noch nicht? Brian wurde von James beauftragt dich gefügig zu machen und dich dann umzubringen, sobald er mehr wusste."

Umbringen? Mehr wusste wovon?

Anscheinend war diese Frage in mein Gesicht geschrieben, denn er fuhr fort.
„Er sollte herausfinden, ob an dem Gerücht was wahr ist, dass noch ein weisser Wolf unter uns lebt."

Nein, das würde er nie tun!

Ohne auch nur abzuwarten, was ich zu sagen hatte, sprach er weiter.

Mein Gott, der soll seine Klappe halten.

„Aber anscheinend ist dieses Gerücht falsch. Er konnte nichts herausfinden."
„Du lügst doch, sobald du die Klappe aufmachst. Er würde mich nicht töten!", schrie ich. Eher um mich selbst davon zu überzeugen.

Er würde doch nicht? Wir lieben uns doch. War alles nur eine Show?

Zweifel überkamen mich und ich hatte Mühe, meine Wut zu bändigen.
„Josh! Es genügt!", ruf James ihn zurück.

White WolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt