Wieder bei Sinnen

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„Du musst was essen.", drängte James mich. Er stand mit einem Tablet in der Tür zu meiner Zelle und redete auf mich ein. Er wusste, dass ich jetzt gebrochen war und nun Zeit brauchte, wieder auf die Beine zu kommen.
Deshalb hatte er mich die letzten drei Tage alleine gelassen.
Gedankenlos und leer geheult sass ich auf dem Boden, wie ein Häufchen Elend.
Da ich keine Anstalten machte, etwas zu essen, hockte er sich neben mich auf den Boden.
„Komm, Kleine. Sonst fällst du mir noch auseinander.", sagte er und hielt mir ein paar Trauben hin. Widerwillig nahm ich eine und steckte sie mir in den Mund.
Ich hatte ganz vergessen, wie gut sich das in meinem Mund anfühlte, etwas zu kauen. Schneller als man hätte 'Appetit' sagen können, waren alle Trauben aufgegessen.
Ein kleines Lächeln trat auf sein Gesicht und er hielt mir eine Flasche Wasser hin.
Den Deckel schon offen legte er die Flasche an meine Lippen, sodass ich nur zu trinken hatte. Ich fühlte mich wie ein Kleinkind, welches gefüttert werden musste.
Schnell nahm ich einen Schluck nach dem anderen.
Mein Magen begann zu rebellieren, weil er sich das nicht mehr gewohnt war und ich musste mich übergeben.
Fürsorglich hielt James mir die Haare zurück und bestand darauf, dass ich endlich etwas zu mir nahm. Zum Glück hatte er Suppe dabei, welche ziemlich appetitlich roch.
Diesmal langsam, nahm ein einen Schluck und wartete darauf, dass sich mein Magen wehrte. Doch jetzt akzeptierte er es und ich nahm noch einen Schluck.

Die Suppe endlich fertig stand er auf und hob mich hoch. Auf wackeligen Beinen schleppte er mich zu einem Badezimmer.
„Joanna kommt und hilft dir beim frisch machen.", verabschiedete er sich und gab mir einen flüchtigen, aber intensiven Kuss auf die Lippen.
Drinnen sah ich eine Badewanne voll mit warmem Wasser und ich konnte meinen Drang, endlich hinein zu gleiten, nicht mehr unterdrücken, bis Joanna da war. Ich zog mich aus und stieg in das warme, angenehme Wasser.
In mir wuchs das Verlangen, meinen Kopf unter Wasser zu halten und ich liess mich sinken.
Es fühlte sich gut an, vollständig vom Wasser eingemantelt zu sein und ich genoss die Stille und Klarheit in meinem Kopf.
Plötzlich wurde ich hektisch hinauf gezogen und eine fast hysterische Joanna fing an mich zu beschimpfen, was mir einfalle und dass sie sich schreckliche Sorgen gemacht hatte.
Kurz stahl sich das erste Lächeln seit Tagen auf mein Gesicht, was sich ungewohnt anfühlte. Joanna sah dies und unterbrach sofort ihre Standpauke.
„Ich hab dich auch lieb.", zündete ich sie an.
Doch im nächsten Moment kam wieder alles zurück und meine Unbeschwertheit löste sich in Luft auf.
„Es tut mir leid.", entschuldigte ich mich leise.
„Mir auch."
Wir lächelten uns an, doch niemand sprach weiter. Joanna ergriff als erstes das Wort. „Es tut mir leid, wie es mit ihm gekommen ist."
Tränen drückten sich schon wieder an meinen Augen vorbei und drohten hinaus zu fallen. Meine Stimme versagte und ich nickte nur.
Nach einer geschlagenen Stunde stieg ich endlich aus der Wanne heraus und wickelte mich in einen Bademantel.
Mein Blick glitt zum Fenster, doch ich setzte mich auf den Stuhl, um meine Haare zu machen.

Fertig angezogen, brachte sie mich zu James und ich musste den ganzen Tag bei ihm bleiben. Um auf andere Gedanken zu kommen, hatte er argumentiert.

Nach dem Abendessen durfte ich dann endlich in meine Zelle gehen. Natürlich nicht ohne Diskussion, dass es bestimmt bequemer wäre, wenn ich bei ihm im Bett schlafen würde.
Ich hatte ein bisschen gezögert, was bei James Hoffnung aufflammen liess.
Kurz bevor ich mich endlich in den Schlaf geweint hatte, kam Joanna zu mir und nahm mich mit. Sie sprach kein Wort mit mir, während sie mich hinterher zog.
Doch schon auf halbem Weg wusste ich, wohin es ging. Mein Magen zog sich zusammen und ich musste stehen bleiben.

Wenn du jetzt kotzt..

Meine eigene unausgesprochene Drohung half mir, mich zu sammeln.
Ich musste stark bleiben und das durchziehen.
Vor der Tür verschwand Joanna und ich stand alleine da.

White WolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt