Flucht

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Kurz nachdem ich allen gezeigt hatte, dass ich eine weisse Wölfin war und wir losgerannt waren, stiess ein weiterer Wolf zu uns. Dieser war weiblich und hatte eine Farbe von sandbraun mit feinen Linien dunkelbraun.
Verunsichert geriet ich ins Stolpern.
„Ich bin's doch, Sophie.", hörte ich ihre Stimme in meinem Kopf.
„Joanna?", fragte ich überrascht.
Diese nickte nur und gesellte sich zu uns.
Wir rannten so schnell es ging und flohen aus dem Revier. James' Revier.
Da ich mich konzentrieren musste, nicht zu stolpern, in einen Baum zu rennen, oder sonst was und unsere Spuren zu verwischen, mussten meine Fragen auf später warten.
Noch nie war ich so lange an einem Stück gerannt.
Nach unendlichen vier Stunden verlangsamte Brian endlich seinen Schritt und hielt schlussendlich an.

Na endlich.

Ich wusste nicht, wie lange ich das noch ausgehalten hätte. Meine Muskeln brannten wie wild, was bestimmt einen Muskelkater geben würde und meine Lungen waren total ausgepowert.
Erschöpft liess ich mich in die Wiese fallen und sah den anderen zu.
Erst jetzt fiel mir auf, dass ich noch immer nicht wusste, wer der andere Wolf war.

„Aaalso.", zog ich die Aufmerksamkeit auf mich.
„Ich habe bestimmt tausende Fragen, welche ihr mir beantworten müsst."
Das schnauben neben meinem Ohr, welches von Brian kam, der sich gerade neben mich gesellte, klang glucksend.
Er fand es amüsant.
Ich streckte ihm so gut es ging die Zunge raus.
„Ich weiss mittlerweile, dass du Joanna bist. Aber wer bist du?"
Bei dieser Frage richtete ich meinen Blick auf den grauen Wolf. Dieser fühlte sich nicht ganz wohl und verlagerte sein Gewicht von einer Seite auf die andere.
„Sophie, du kannst dich bestimmt noch an deinen ersten Besuch bei den Gefangen erinnern, oder", ergriff Joanna das Wort.
Bejahend nickte ich mit dem Kopf.
„Weisst du auch noch, was du mich damals draussen noch fragen wolltest, bevor wir uns vor den Wachen verstecken mussten?"
In meinem Hirn ratterte es, um eben diese Frage zu suchen.
Und da kam mir die Erinnerung.
„Ooh.", war alles was ich von mir brachte.
„Naja, jetzt ist es wohl höchste Eisenbahn, dir das zu sagen.", schmunzelte sie, ehe sie ihn mir vorstellte.
„Sophie, das ist eben dieser Kerl, mit welchem ich diese Blicke ausgetauscht hatte. So wie du es gesagt hattest. Das ist William. Wil, das ist Sophie."
Anerkennend nickte ich ihm zu, bevor ich mich zu Brian wandte.
„Und wieso weiss ich nichts davon? Wisst ihr, welchen Schreck ihr mir zugefügt habt?! Ich dachte unser Plan wäre zum Scheitern verurteilt!"
Die Unsicherheit, welche sich in mir angestaut hatte, verwandelte sich in Wut und Frustration.
„Ihr hättet sterben können!"
Dann sah ich Brian tief in die Augen.
„Du hättest sterben können. Ich wüsste nicht was ich.. wenn du.."
Den Satz konnte ich nicht mehr beenden. Ein Kloss bildete sich schon nur bei dem Gedanken daran, dass Brian hätte getötet werden können.
Mit aller Kraft gelang es mir, meine Tränen zurück zu drängen. Jetzt war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
„Ach Prinzessin. Es ist doch alles gut gegangen.", verweichlichte Brian die Situation.
„Da kannst du von Glück reden. Ich schwöre dir, wenn du getötet worden wärst, hätte ich dich zurückgeholt, nur um dich eigenhändig wieder um zu bringen!", fauchte ich ihn an.
„Schon gut, schon gut. Dreh nicht gleich durch. Leg dich hin und ruh dich aus. Morgen gehts weiter. Ich übernehme die erste Wache."
Mit diesen Worten stand er auf, entfernte sich einige Schritte und setzte sich mit dem Rücken zu mir hin.

Na ganz toll gemeistert..! Dann hast du ihn endlich wieder und du schreist ihn erst mal an..

Wütend auf mich selbst wälzte ich mich, bis ich eine einigermassen bequeme Position gefunden hatte.

Doch ich konnte nicht schlafen. Schuldgefühle breiteten sich aus und zerfrassen mich von innen. Ich wusste nicht, was vorhin über mich geschehen war.
Joanna und William lagen neben einander und schliefen tief und fest.
Ich rappelte mich auf, schüttelte mein Fell durch und lief vorsichtig zu Brian.
Leise setzte ich mich neben ihn.
„Es tut mir leid. Ich wollte nicht wütend werden.", entschuldigte ich mich bei ihm.
Den Kopf wehmütig gesenkt, starrte ich auf den Boden und wartete, bis er etwas sagte. Lange war totenstille und er sagte nichts. Dann schnaubte er und ich wusste, dass jetzt ein guter Moment war, was zu sagen.
„Ich hab dich schrecklich vermisst."
Brian war so überrascht davon, dass sein stählerner Blick in Nichts verpuffte.
Schnell schaute er weg und tat so, als würde er die Umgebung abchecken.
Ich tat keine Anstalten, mich zu entfernen und sass einfach nur da.
Irgendwann hörte ich seine Stimme in meinem Kopf.
„Ich dich auch, Prinzessin."
Von meinem seitlichen Blickwinkel sah ich, dass er den Blick noch immer im Wald herum schweifen liess und so lehnte ich einfach meinen Kopf an seine starke Schulter.
So sassen wir, bis mir die Augen zufielen. Brian leckte mir über die Schnauze, bevor ich mich neben ihm zusammen rollte und in den Schlaf sank.

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Endlich kam Brians Revier in Sicht. Erleichtert atmete ich auf, denn das bedeutete, dass ich nicht mehr den ganzen Tag rennen musste.
Vier Tage waren wir durchgerannt und ich konnte einfach nicht mehr.
Ich hatte genug. Meine Muskeln brannten wie die Hölle, vor lauter Muskelkater und meine Lunge hätte ich bestimmt schon 6 mal ausgekotzt, wenn das ginge.
Am Ende meiner Kräfte, verlangsamte ich mein Tempo und liess die anderen voraus. Brian als erster, denn Joanna und William wussten nicht, was sie erwarten würde. Dicht folgten sie ihm, sodass sie nicht bemerkten, dass ich langsamer wurde.

Brich jetzt ja nicht zusammen! Du schaffst das bis ins Bett! Du bist stark!

Diese Gedanken wiederholte ich immer wieder, um mich von meinem bevorstehenden Zusammenbruch abzulenken.

Bis ich an seiner Hütte angekommen war, hatte Brian schon alles geregelt und empfang mich in Menschengestalt.
Lässig an den Türrahmen gelehnt stand er da und wartete auf mich.
Kurz vor der Hütte verwandelte ich mich und kam ins Stolpern.
„Oh mann.
..genug..fürs..Leben..gerannt."
Das sprechen bereitete meiner Lunge zusätzliche Schmerzen und ich krümmte mich um mich zu übergeben. Doch es kam nichts. Es brannte nur höllisch.
Starke Arme griffen unter meine und hoben mich hoch. Auf wackeligen Beinen stand ich da und rang nach Luft.
Um meinen Stand zu stabilisieren, legte er seine Hände an meine Hüfte.
„Gehts?", fragte er mich sorgenvoll.
Ich hatte aus meiner vorigen Aktion gelernt und nickte, anstatt zu sprechen.
„Duschen oder baden?", grinste er mich an.
Theatralisch drückte er sich die Nase zu und wedelte vor dem Gesicht herum, als ob ich so deftig stinken würde.
Spielerisch boxte ich in seinen Arm und drückte mich an ihm vorbei, in die Hütte.
Oben in seinem Badezimmer liess ich die Wanne mit heissem Wasser volllaufen, während ich mich von den übrigen paar Fetzen, welche von meinem Körper gerade noch das Nötigste bedeckten, trennte.
Als die Wanne voller Schaum war, liess ich mich hineingleiten.
Ich unterdrückte gerade noch so einen Aufschrei.

AAH HEISS!!

Für meine Tollpatschigkeit schlug ich mir die Hand auf die Stirn.
Sobald sich mein Körper an die Temperatur gewöhnt hatte, konnte ich mich endlich entspannen.
Ich war sogar so entspannt, dass ich nicht gemerkt hatte, wie Brian ins Badezimmer kam, bis er hinter mir stand und seine Hand an meine Wange legte und ich mich so fest erschrak, dass das Wasser über den Rand schwabbte.
„Mein Gott..! Tu das bitte nie wieder."
Er musste lachen, was ihm böse Blicke meinerseits einbrachte.
„Du kannst mich auch Brian nennen.", grinste er mich an und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
Ich sah, dass er nichts anhatte und nur ein kleines Frotteetuch um seine Hüfte trug. Meinen Blick konnte ich nicht mehr von ihm abwenden, bis er sich räusperte und ich peinlich berührt wegsah. Meine Wangen glühten und hätte ich's nicht besser gewusst, hätte man glatt denken können, dass es wegen der Erschöpfung und der Hitze des Wasser war.
Leider wusste nicht nur ich es besser und sein Grinsen wurde noch grösser, was mir noch mehr Röte in die Wangen trieb.
Ich liess mich ein bisschen sinken, um zu versuchen meine Röte hinter dem Schaum zu verbergen.
„Ich geh dann mal duschen.", war alles was er dazu sagte, drehte sich ab und liess das Tuch kurz vor der Dusche fallen.

White WolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt