Familienleben

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Jeremy sass im Arbeitszimmer und beantwortete unzählige E-Mails, als sein Handy klingelte. Er schaute auf das Display und sah, dass es sein Agent war. Er stöhnte leise. Eigentlich hatte er keine Lust auf dieses Gespräch. Schon seit einigen Tagen rief sein Agent immer wieder an um ihn neue Filmangebote zu präsentieren. Aber er musste. Schon fast ein Jahr lang hatte er nicht mehr vor der Kamera gestanden und langsam wurde es wieder Zeit, das wusste er selber. Er nagte zwar noch lange nicht am Hungertuch und konnte alle seine Rechnungen ohne Probleme bezahlen, dennoch verlangte die Öffentlichkeit nach seiner Präsenz und das musste er einfach akzeptieren.
Also griff er nach seinem Handy und ging dran.
„Hey Joel, was gibt's!" sagte er und schaute wieder auf den Bildschirm.
„Stör ich?" fragte Joel auf der anderen Leitung.
„Nein, alles gut... ich arbeite gerade die ganzen E-Mails ab."
„Okay, dann müsste dir auch eine von mir aufgefallen sein."
„So weit bin ich noch nicht."
„Du solltest regelmäßiger deine Mail checken."
„Ja ich weiß.... Also?"
„Okay hör zu. ... Am Freitag veranstaltet die CNN eine riesige Charity Veranstaltung zu Gunsten krebskranker Kinder und ich hab eine Einladung für dich und deine Frau auf dem Tisch liegen."
„Für Freitag? .... Ziemlich kurzfristig oder?"
„Du bist seit 4 Tagen nicht an dein Handy gegangen und deine Mails checkst du auch erst heute. Also ich trage keine Schuld."
Jeremy lehnte sich zurück und strich sich durchs Haar.
„Und wo steigt diese Party?" fragte er dann.
„In San Franzisco!"
Jeremy seufzte.
„Prinzipiell würde ich ja sagen... ich weiß ja, dass ich mich da draußen mal wieder vernünftig blicken lassen muss... aber ich weiß nicht was meine Frau vor hat und vor allem brauchen wir jemanden für das Kind."
„Bis wann weißt du Bescheid? ... Ich muss bald die Antwort schicken."
Jeremy schaute auf seinen Kalender, der vor ihm lag.
„Morgen! ... Ich denke bis dahin weiß ich Bescheid."
„Wie sieht es mit einer Spende aus deiner Seite aus?"
„Natürlich werde ich spenden. ... Gerade für so etwas, das weißt du."
„Wie immer?"
„Ja, wie immer."
„Gut, ich werde mich um die Überweisung kümmern. ... Und du sagst mir morgen Bescheid, ob du dich dort blicken lässt."
„Mach ich, versprochen!"
„Alles klar... und nächstes Mal meldest du dich sofort."
„Jaja!"flötete Jeremy. „Bis Morgen."
„Bis Morgen!"
Jeremy legte auf und atmete tief durch. Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust auf so eine Veranstaltung. Es bedeutete Stress. Roter Teppich ist für ihn immer Stress. Man musste in so gut wie jede Kamera lächeln, man musste gut gelaunt sein, auch wenn man es nicht war, man musste unzählige Autogramme geben und tausende Fragen beantworten. Er hasste es einfach und er wusste, dass es Poldi ähnlich ging. Sie war zwar schon einige Male bei so einer Veranstaltung dabei gewesen und hatte nach 4 Jahren Ehe schon einige rote Teppiche hinter sich, aber Jeremy hatte immer gespürt, dass sie sich dort einfach nicht wohlfühlte. Und er konnte es verstehen. Sie war nur seine Frau und wurde oft einfach stehen gelassen, wenn sich Reporter und Fans auf ihn stürzten.
Jeremy schaute auf die Uhr. Poldi war mit Benjamin einkaufen und wollte danach noch bei Bina und Chris vorbei. Er hatte keine Ahnung wann sie nach Hause kommen würde. Eigentlich hatte er mitfahren wollen, hatte sich dann aber anders entschieden, da einfach zu viel Arbeit auf ihn gewartet hatte. Er nahm seine Brille ab, stand auf und verliess sein Arbeitszimmer. Kurz schaute er aus dem Fenster, da es irgendwie dunkel wurde. Ein Blick in den Himmel zeigte ihm, dass es heute wohl noch regnen würde. Gewitter waren angesagt worden.
Jeremy ging in die Küche und holte sich ein Glas Wasser und setzte sich damit dann draußen auf die Terrasse.
Die Veranstaltung ging ihm nicht aus dem Kopf. Die Letzte war Monate her und damals wurde er schon vor Fragen nach seinem nächsten Film zerlöchert.
...

Ein leises Grummeln war zu Hause und Jeremy schaute erneut in den Himmel, der mittlerweile was komplett mit schweren, schwarzen Gewitterwolken zugezogen war. Der Regen würde nach der Hitzewelle gut tun, auch wenn Jeremy vermutete, dass es danach noch schwüler werden würde.
Wie lange er jetzt hier draußen gesessen hatte, wusste er nicht. Er stand auf und ging wieder ins Haus. Dann schloss er die Terrassentür und schloss ebenfalls die Fenster alle. Dann änderte er die Einstellungen in der Klimaanlage, damit die Wohnung angenehm kühl blieb.
In diesem Moment hörte er, wie die Haustür geöffnet wurde. Er lächelte als Poldi und Benjamin reinkamen.
„Hey!" sagte er sofort mit einem sanften Lächeln.
Ben warf seinen Rucksack auf den Boden und lief zu ihm.
„Kannst du mir kurz mit den Einkäufen helfen, bevor es anfängt zu regnen?" fragte Poldi.
„Klar!" sagte Jeremy und während Benjamin in sein Zimmer lief, ging Jeremy mit Poldi wieder raus und half ihr, die Tüten ins Haus zu tragen.
„Und wie war es bei den Evans?" fragte Jeremy und stellte zwei voll gepackte Einkaufstüten auf die Anrichte in der Küche.
„Ganz lustig. .... Lilly ist so eine Süße."
Jeremy schmunzelte. „Vielleicht heiratet sie mal Ben." Antwortete er.
Poldi lachte. „Na das wäre doch mal was... aber wenn Chris so weiter macht wie im Moment darf sie niemals heiraten."
Überrascht schaute Jeremy sie an. „Warum?"
„Du musst ihn reden hören. Sie ist seine Prinzessin und Männer, die sich mal an sie interessieren, müssten an ihn vorbei."
„Das müssen die Männer, die sich mal für Ava interessieren auch."
Poldi schmunzelte. „Ich seh es schon kommen.... 4-Seitiges Führungszeugnis ist Minimum!"
„Ganz genau!" grinste Jeremy.
„Wie gut das wir einen Sohn haben!"
Jeremy schaute sie an. „Wo ich hoffe, dass er nicht nach mir kommt."
Überrascht schaute Poldi ihn an. „Warum das? Du bist ein herzensguter Mensch."
„Das sagst du, weil du mich liebst... aber du weißt auch, was für ein Arsch ich war und wie ich mal mit Frauen umgegangen bin."
„Deine Kindheit war nicht so einfach, wie die von Benjamin sein wird. ... Und jetzt bist du ein Mann, zu dem man sehr wohl aufschauen kann."
Poldi ging zu ihm und strich ihm sanft über die Wange. „Verkauf dich nicht immer unter deinem wert. ... Wärst du ein Arsch, wäre ich schon lange nicht mehr hier und das weißt du. Zu mir warst du nie ein Arsch."
Jeremy legte seine Hände auf ihre Hüften und sah sie lächelnd an.
„Doch war ich, du hast das nur wieder vergessen."
„Ausrutscher macht jeder mal."
„Du bist wundervoll!"
Er beugte sich vor und gab ihr einen langen und sanften Kuss. Poldi legte ihre Hände auf seine Schultern und erwiderte den Kuss. Seit sie Eltern waren, hatten sie kaum noch Zeit für sich allein und somit genossen sie diese kurzen Momente umso mehr
Ein deutliches Würgegeräusch war zu hören und Poldi musste in den Kuss hinein lachen. Jeremy öffnete ein Auge und löste sich dann von Poldi. Benjamin stand vor ihnen und verzog das Gesicht.
„Was ist?" lachte Jeremy.
„Das ist ekelig!" sagte Benjamin.
„Aber ich geb Daddy doch nur einen Kuss!" lächelte Poldi.
„Trotzdem ekelig!" sagte Ben.
„Wenn du mal gross bist, wirst du es nicht mehr ekelig finden." Sagte Jeremy und begann die Einkaufstüten auszupacken.
Wieder verzog Ben das Gesicht. „Niemals! Ich will doch nicht die Spucke von einem Mädchen im Mund haben."
Poldi kicherte und schaute zu Jeremy. Dieser erwiderte ihren Blick.
„Wenn er wüsste was ich sonst noch so von dir schon im Mund hatte!" flüsterte sie ihm zu und er lachte.
„Honey!"
„Was denn!"
„Wer flüstert der lügt!" sagte Benjamin jetzt und sah empört zwischen seinen Eltern hin und her.
„Das stimmt auch, Ben...! Honey? Du lügst, ich kann mich an nichts erinnern!" grinste Jeremy und zwinkerte ihr zu.
„Dann sollte ich dich heute Nacht vielleicht mal daran erinnern."
„Gute Idee!"
Poldi schmunzelte.
„Mama? Darf ich ein Eis?" fragte Ben jetzt.
„Wir essen gleich zu Abend!" sagte Poldi und sah ihn entschuldigend an.
„Ein kleines!" bettelte Ben. „Bitte...!"
Jeremy ging an den Kühlschrank um die Einkäufe zu verstauen, schielte dabei aber zu Poldi und Ben.
„Du isst dann wieder nicht... das hatten wir doch schon sooft. ... Du bekommst nach dem Abendessen eins, ok?" sagte Poldi gerade.
„Ach man....!"
„Ausserdem hattest du vorhin schon eins."
„Trotzdem... ich möchte noch eins."
„Später, okay?"
Poldi begann einige Dosen in einen Schrank zu räumen und drehte Ben den Rücken zu. Jeremy sah zu ihr, zog leise ein Wassereis aus dem Eisschrank und reichte es Ben. Dieser bekam große Augen und griff sofort danach. Noch bevor er laut Danke sagen konnte, legte Jeremy sofort sein Finger auf den Mund und Benjamin kicherte. Dann lief er schnell aus der Küche und in diesem Moment drehte sich Poldi um. Jeremy stellte sich sofort wie zur Salzsäule erstarrt hin, musste aber grinsen. Skeptisch schaute Poldi ihn an.
„Jeremy...!?" Sie musterte ihn.
Jeremy biss auf seine Unterlippe und tippte leicht die offene Eisschranktür an, die dann zufiel. Poldi wusste genau was er getan hatte und schüttelte den Kopf.
„Wenn er gleich nicht isst, isst du seine Portion!" sagte sie ermahnend. „Und wenn er wegen Bauchschmerzen nicht schlafen kann, stehst du auf und tröstest ihn!"
Jeremy schaute zu ihr und nickte schnell. „Ja Mama!" Er grinste verlegen.
„Du bist unmöglich, Jeremy."
„Gerade war ich noch ein ganz besonderer Mann."
„Bist du auch... mit einigen seltsamen Macken!"
Jeremy ging zu ihr und zog sie in den Arm. Dann sah er sie an. „Dabei stehst du genau auf diese Macken, das weiss ich, sonst hättest du mich nicht geheiratet."
„Was macht dich da so sicher?"
„Alles.... Ich weiß was ich machen muss und du frisst mir aus den Händen."
Herausfordernd schaute Poldi ihn an. „Zum Beispiel?" fragte sie grinsend.
Jeremy sah sie vielsagend an und strich ihr über die Seiten. Eine Hand wanderte direkt zwischen ihr Beine und sie keuchte kurz auf. „Jeremy!"
Er grinste. „Hab ich Recht?!"
„Ja hast du!"
Er lachte und küsste sie noch mal. Poldi schüttelte nur den Kopf. Sie konnte nicht in Worten fassen, wie sehr sie diesen Mann liebte. Er brachte sie immer wieder zum Lachen und böse konnte sie ihm definitiv auch nicht sein.
....

Das Gewitter brachte nicht viel Abkühlung und wie Jeremy schon geahnt hatte, wurde die Luft draußen noch schwüler, als sie sowieso schon war.
Nach dem Abendessen hatte sie noch gemeinsam mit Ben Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt und Jeremy hatte gegen seinen Sohn verloren, was dieser natürlich richtig gut fand. Anschließend hatte Poldi ihn ins Bett gebracht, hatte ihm eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen, bis der Junge vor Erschöpfung eingeschlafen war.
Jetzt sass lag sie in Jeremys Armen auf der Couch und sie schauten sich die Nachrichten an.
„Gibt's denn was Neues bei Chris und Bina? Die waren schon ewig nicht mehr hier!" stellte Jeremy fest.
„Nun, du hättest ja mitkommen können." Grinste Poldi und kraulte ihm sanft über den Arm.
„Ja ich weiß... aber ich musste die Mails endlich mal beantworten."
„Schon gut Sweetheart. Das sollte kein Vorwurf sein."
„Hab ich auch nicht so angesehen!" sagte er und gab ihr einen Kuss.
„Und bei Chris und Bina ist soweit alles okay... obwohl... sie üben wieder!" sagte Poldi dann.
„Sie üben? Was meinst du?!"
„Sie wollen noch ein Kind!"
Überrascht schaute Jeremy auf Poldi. „Ernsthaft?"
„Ja ich war auch sehr überrascht. Damit hätte ich niemals gerechnet. Aber warum nicht. Sie sind ja noch jung."
„Ich würde am liebsten auch noch 5 haben."
„Ich weiss, aber dafür sind wir Beide schon zu alt."
„Ja leider... ich wünschte, ich hätte dich 20 Jahre früher kennengelernt."
Poldi lächelte und schmiegte sich etwas enger an ihn. Dann atmete sie tief durch und genoss seine Nähe.
„Ach Honey... bevor ich es vergesse... Ich müsste Freitag zu einer Charity Veranstaltung!" Er sah sie an.
„Freitag?"Poldi sah ihn an und er nickte.
„Ich habe es auch erst heute erfahren."
„Ist die wenigstens hier in LA?"
„Nein... In San Franzisco."
„Auch noch... Muss ich da mit hin?" Poldi sah ihn unsicher an, obwohl sie die Antwort kannte.
„Du weißt wie diese Veranstaltungen ablaufen.... Man erwartet dich schon."
Poldi atmete tief durch. „Dann muss ich versuchen für zwei Tage einen Babysitter zu bekommen....Chris und Bina brauchen wir gar nicht fragen, die sind übers Wochenende nicht da."
„Bei den Anderen weiß ich nicht, wer eventuell auch bei der Veranstaltung ist." Sagte Jeremy. „Aber ich denke schon, dass einige auch eine Einladung haben."
„Ich schau mal was sich machen lässt. ... Bis wann musst du es wissen?"
„Bis Morgen?!"
„Jeremy...warum ist das immer so kurzfristig."
„Tut mir leid Honey...meine Schuld. ... Joel hatte mehrmals in den letzten Tagen angerufen und ich bin nicht dran gegangen, weil ich geglaubt habe, der will mir wieder irgendein Drehbuch aufquatschen."
„Er ist dein Agent... Wenn er anruft, ist es wichtig. ... Wenn Kevin mich anruft, geh ich auch sofort dran, weil er mein Chef ist."
„Ja ich weiß.. war blöd von mir."
„Ja etwas schon." Poldi atmete tief durch. „Ich versuche das bis Morgen zu klären."
„Danke dir... du bist die Beste!" Er gab ihr einen Kuss und zog sie wieder eng an sich.
Natürlich war es blöd von ihm gewesen, aber jetzt konnte er nur noch das Beste daraus machen. Bis zur Veranstaltung waren es noch 4 Tage in denen er jetzt einiges regeln musste. Sie brauchten ein Hotel, musste schauen, wie sie am Besten nach San Franzisco kamen, mussten schauen, was sie mitnehmen würden und so weiter. Gott seit Dank würde sich Joel um die Spende von Jeremy kümmern. Die hatte er mal vergessen und seit dem kümmerte sich Joel darum.
Jeremy hasste solche Veranstaltungen einfach und doch wußte er, dass er sie machen musste, damit er und sein Namen nicht in Vergessenheit gerieten. Und genau das wollte er dann doch nicht. Immerhin hatte er lange dafür gearbeitet, heute einen so bekannten Namen zu haben.

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