Eiswürfel und Hundescheisse

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Neugierig reckte Benjamin den Hals, als Poldi durch ein großes Tor fuhr und einen relativ schmalen Weg hochfuhr. Dann weiterten sich seine Augen.
„Wir machen Urlaub bei Onkel Paul?" rief er aus und wirkte völlig begeistert.
Poldi versuchte zu lächeln.
„Überraschung!" sagte sie dann.
„Wie cool ist das denn!"
„Du freust dich also?"
„Ja total."

„Super, dann ist mir die Überraschung ja gelungen!"
Es war nicht einfach die fröhliche Mama für einen 4 Jährigen zu spielen, wenn man sich gerade von der großen Liebe getrennt hatte, aber sie musste da durch. Irgendwann würde es Benjamin sowieso merken und dann musste sie ihm das irgendwie erklären. Doch vor diesem Gespräch hatte sie jetzt schon Angst.

Sie parkte ihr Auto auf den kleinen Parkplatz.
Paul stand an der Tür und sah fast schon nachdenklich zu ihr. Wahrscheinlich hatte er geahnt, dass sie bald hier auftauchen würde.
„Onkel Paul!" rief Benjamin gerade, sprang aus dem Auto und rannte los.
„Nicht so schnell!" rief Poldi ihm nach, doch Ben hörte nicht mehr zu und lief zu Paul
Dieser packte ihn, hob ihn hoch und drehte ihn auf den Kopf.
„Na was ist das denn? Wo ist dein Kopf?" fragte Paul lachend.
Ben lachte. „Hier unten!" rief er und klopfte mit seinen Händen vor Pauls Knie.
Paul drehte sich um. „Ich höre dich... aber dein Kopf ist weg."
Ben lachte und trommelte wieder auf Pauls Knie und Oberschenkel herum. „Ich bin hier!" rief er.
Paul sah nach unten. „Huch! Ich halte dich falsch rum!" Dann drehte er ihn richtig rum. „So ist es doch gleich besser."
Ben kicherte. „Mama hat gesagt, wir machen hier Urlaub. Stimmt das?"
Paul schaute kurz zu Poldi, dann zu Ben. „Wenn sie das sagt. ... Mamas wissen sowas."
„Ich finde das voll cool!"
„Dann lauf mal rein, und erzähl das Tante Julie!"
Ben nickte sofort und Paul ließ ihn wieder runter. Dann lief er ins Haus. Paul sah ihm kurz nach und schaute auf Poldi. Ein Blick in ihre Augen sagte ihm sofort, was passiert war.
„Komm mal her!" sagte er dann und nahm sie in den Arm.
Poldi krallte sich sofort an ihn fest und schluchzte leise. Sie war so dankbar, dass sie Freunde wie Paul hatte. Paul strich ihr tröstend aber auch beruhigend über den Rücken.
Nach einiger Zeit löste sie sich von ihm und wischte sich leicht über die Augen.
„Können... wir wirklich hier bleiben, Paul?" Sie sah ihn verzweifelt an, doch Paul nickte sofort.
„Klar... Wenn nicht hier, wo sonst. ... Ben kann bei Darby mit im Zimmer schlafen und für dich wäre eins der Gästezimmer bereit."
„Danke!"
„Nicht dafür. ... Komm rein!"
Er lächelte sie aufmunternd an und ging dann mit Poldi in das Haus.
Julie saß im Wohnzimmer und schaute lächelnd zu Ben, der gerade zusammen mit Darby, die 11-jährige Tochter der Rudds, in den Garten lief, wo sie spielen wollten.
Als Julie Poldi sah, stand sie ebenfalls sofort auf und ging zu ihr. Dann drückte auch sie fest.
„Es tut mir so leid!" sagte Julie leise und sah sie mitleidsvoll an.
„Ich komm zurecht... ich mach mir eher Sorgen um Ben. ... Er weiß von nichts." Sagte Poldi jetzt und klang verzweifelt.
„Er wird es irgendwann verstehen... Komm... setz dich. Möchtest du was trinken?" fragte Julie und Poldi nickte.
„Gerne, ja... Ein Wasser."
„Hol ich dir!"
Paul und Poldi setzten sich auf die Couch und Poldi atmete tief durch.
„Er weiß übrigens nicht, dass ich hier bin. ... Falls er also fragen sollte, du hast keine Ahnung wo ich bin." Sagte Poldi und schaute bittend auf Paul.

Paul schmunzelte. „Ich glaube nicht, dass er mich fragen würde."
„Wegen eurem Streit?"
„Ja."
Poldi nickte nachdenklich. Jeremy hatte seit seiner Rückkehr aus San Franzisco Paul nicht mehr erwähnt. Erst durch Chris hatte sie von dem Streit der eigentlich besten Freunde gehört.
„Es tut mir leid, dass ihr euch gestritten habt." Sagte sie dann.
„Nein... ihm sollte es leid tun und da von ihm aber nichts kommt, nicht einmal ein Anruf oder ähnliches, zeigt es mir, was er von mir denkt. ... Aber ganz ehrlich? Nach dieser Aktion am Freitag kann er mir gestohlen bleiben. ... Du bist hier also sicher vor ihm."
„Trotzdem werde ich mir irgendwo eine kleine Wohnung suchen. ... Ich kann doch nicht ewig hier bleiben."
„Darüber mach dir jetzt keine Gedanken. ... Du musst erst einmal zur Ruhe kommen. Das ist wichtig."
„Ich versuche es... aber... im Moment... ist es alles noch zu frisch." Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen und Paul legte tröstend ein Arm um sie.
Jetzt kam auch Julie wieder dazu und reichte Poldi ein Glas Wasser. Dann setzte auch sie sich dazu.
„Von dem Interview habt ihr gelesen?" fragte Poldi nach einiger Zeit.
Julie nickte. „Ja... heute Mittag. ... Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich das gelesen habe."
„Julie hat mir sofort gesagt, ich soll dir schreiben, dass du jeder Zeit herkommen kannst. Wir wußten nicht ob du es schon gelesen hattest." Sagte Paul.
„Doch ... kurz davor... Jeremy und Ben waren draußen, aber mir war es zu warm, also war ich im Wohnzimmer und da wurde es mir dann auf dem Handy angezeigt."
„Was ich nicht verstehe ist, wie er uns alle so blenden konnte. ... Es hat am Freitag echt so ausgesehen, dass er Jill nicht kannte." Sagte Julie jetzt.
„Er hat den falschen Job, das ist das Problem an dem Ganzen. .... Er ist zu gut in sowas." Sagte Paul.
„Ich... war völlig fertig, aber er hat immer wieder gesagt, dass das alles gelogen sei. ... Ich hab die für und wieder hingelegt und überlegt, was wäre, wenn er Recht hätte... doch dann... stand diese Jill plötzlich vor unserer Tür."
„Bitte was?" fragten Julie und Paul aus einem Mund.
„Ich war genauso geschockt! ... Erst dachte ich, es wäre Chris. Sie fährt den gleichen Wagen. ... Deswegen hab ich das Tor geöffnet. Mein Fehler. Als ich es bemerkt habe, war es zu spät. Sie beleidigte mich, lachte mich aus, spottete über mich und hat sich Jeremy gegenüber sehr vertraut verhalten."
„Und wie hat er reagiert?" fragte Julie.
„Verwirrt irgendwie... und er hat all das was sie zu ihm sagte, verneint. Er wurde richtig aggressiv. ... Jeremy halt... aber ... er war zu verhalten. ... Ihr kennt ihn, und ihr kennt ihn viel länger als ich es tu. .... Ihr wisst, wie er ist wenn jemand fremdes in seinem Haus ist. Er ist scheu und vertreibt jeden. ... Sie aber nicht. ... Er hat zwar mehrmals gesagt, sie solle gehen, aber wirklich rausgeschmissen hat er sie nicht. ... Dann fing sie wieder an mich zu verspotten und mir anschließend haargenau zu sagen, wie er es ihr besorgt hat und da konnte ich nicht mehr. Dann hab ich meine Koffer gepackt."
„Oh man....!" Sagte Julie fassungslos.
„Diese Bitch... Ich hab überhaupt keine Ahnung, was er an ihr findet, aber anscheinend ist sie in ihrem Kopf schon weiter als er." Sagte Paul jetzt.
„Jeremy hat mich angefleht zu bleiben aber.... Ich kann das nicht mehr. ... Ich wollte ihm den Seitensprung verzeihen. ... Schon allein wegen Benjamin. ... Aber nach dem Interview und all den Aussagen von Jill.... Ist mir klar geworden, dass... ich das nicht mehr kann. ... Wenn er mich wirklich geliebt hätte, hätte er sie direkt rausgeschmissen in seiner typischen aggressiven Art. Hat er aber nicht. ... Und sie hat mir den Krieg erklärt... und ganz ehrlich... allein wegen Benjamin möchte ich diesen Krieg nicht. Erinnert euch an all das was Sonni gemacht hat... ich bin nicht so. ... Wenn ich merke, dass man mich irgendwo nicht mehr will, dann mache ich es wie der kleine Prinz. Ich gehe und werde zur Erinnerung." Poldi hatte wieder Tränen in den Augen und Julie zog sie tröstend an sich.
„Du bist eine starke Frau.... Jetzt tut es noch weh, aber du hast die besten Freunde der Welt. Wir werden dir helfen und du wirst das Leben auch perfekt ohne Jeremy meistern können. ... Wir werden dich hier auf andere Gedanken bringen, damit du an diesen Idioten gar nicht mehr denken musst." Sagte Julie.
„Ganz genau! Wir sind Sillvengers... wir halten zusammen. Mach dir um deine Zukunft keine Gedanken." Sagte Paul.
„Ich danke euch."
„Und wie... geht es mir dir und Jeremy jetzt weiter?" wollte Julie noch wissen.
„Ich werde die Scheidung einreichen. ... Ich kann das nicht mehr. ... So sehr ich ihn geliebt habe... und auch immer noch tue, ich kann ihm nicht verzeihen. Ich sehe ihn immer wieder mit dieser Jill."
„Hätte nie gedacht, dass er mal zum Pädophilen wird." Sagte Paul jetzt.
Julie sah ihn überrascht an. „Paul!"
„Wieso, ist doch wahr! ... Überlegt doch mal... er ist 54 und sie 26 ... Rechnet mal zurück wie alt er war, als sie 14 war... Dafür hätte man ihn eingelocht!" sagte Paul.
„Recht hat er schon!" sagte Poldi.
„Ja schon... aber eigentlich hab ich Jeremy mehr Verstand zugesprochen." Sagte Julie.
„Ich auch... bis er dieses Kind im Männerklo gevögelt hat." Sagte Paul.
Poldi seufzte und Julie strich ihr über den Rücken.
„Sie ist nur ne billige Schlampe. ...Wohlmöglich macht sie das nur, um an seine Kohle zu kommen. Es ist kein Geheimnis, wie viel er auf den Konten hat." Sagte Paul tröstend.
„Weniger als sie!" sagte Julie und sah auf ihren Mann. „Ihr Vater ist Multimilliardär und sie hat am Tisch gesagt, dass sie keine Geschwister hat. Sprich... Kohle hat sie jetzt wahrscheinlich schon mehr, als wir alle zusammen."
Paul überlegte. „Wieso will sie ihn dann?"
„Vaterkomplexe oder so... keine Ahnung." Sagte Poldi.
„Möglich!" meinte Paul.
„Fakt ist aber, sie hat eine Ehe zerstört, die einfach perfekt war. Und dafür müssten wir sie bluten lassen." Sagte Julie.
„Und wie soll das aussehen?" fragte Poldi und auch Paul schaute überrascht auf Julie. Solche Worte kannte er kaum von ihr.
„Ich weiß nicht... vielleicht auch ein Interview... Paul Rudd, jetzt redet der ehemals bester Freund." Sagte Julie.
„Klingt eher nach einem Angriff auf Jeremy." Sagte Poldi.
„Was auch nicht schlimm wäre. ... Aber ich lass mir was einfallen. ... Wenn die Beiden mal im Paradise auftauchen, können wir sie mit Eiswürfel beschmeissen."
„Paul!" kicherte Julie.
„Ich wollte jetzt nicht Hundescheisse sagen!" verteidigte er sich sofort.
„Würde aber besser zu ihr passen!" sagte Poldi.
Paul schmunzelte. „Ich mag die Idee." Grinste er dann.
„Wieso war mir das klar." Grinste Julie.
Poldi lächelte leicht. Sie war so dankbar für diese Freunde. Nicht nur, weil sie sie hier aufnahmen, sondern auch weil sie wirklich alles taten, sie wieder aufzumuntern. Poldi wußte, dass es wahrscheinlich noch ewig dauern würde, bis sie wirklich wider richtig lachen konnte, aber mit der Hilfe der Rudds und ihren anderen Freunden würde das sicherlich irgendwie gehen. Sie hoffte es wenigstens.

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