On the way back home

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Nach 3 Stunden absolutes Schweigen fuhr Jeremy auf einen Rastplatz.
Kiwi musste aufs Klo und er brauchte eine Zigarette.
Während er auf Kiwi wartete schlenderte er nachdenklich über den kleinen Parkplatz und zog immer wieder gedankenverloren an seiner Zigarette. Immer wieder malte er sich aus, wie er mit Poldi nachher sprechen sollte und ob er ihr überhaupt die Wahrheit sagen sollte. Doch dann tauchte wieder Paul in seinem inneren Auge auf und Paul würde ernst machen und Poldi alles brühwarm erzählen. Er kannte Paul lange genug um zu wissen, dass er genauso handeln würde. Er hasste Betrug.
Jeremy setzte sich auf eine Bank und starrte in den blauen Himmel. Es war wieder fast unerträglich heiß heute. Vielleicht sollte er nachher, wenn er zu Hause war, erst einmal in den Pool springen, damit er einen kühlen Kopf bekam.
Poldi hatte ihn während der Fahrt schon 4x angerufen, aber er war nicht dran gegangen. Er konnte nicht den fröhlichen Mann spielen, obwohl er sich gerade selber hasste. Er hatte nur kurz eine Sprachnachricht geschickt wo er ihr erklärte, dass sein Akku fast leer wäre und somit kein Telefonat mehr möglich war. Danach hatte sie nicht mehr angerufen. Wieder hatte er sie angelogen und je näher er Los Angele kam, umso größer wurde sein schlechtes Gewissen.
Er drückte seine Zigarette aus und schaute dann zu dem kleinen Gebäude, in dem Kiwi verschwunden war. Sie kam gerade wieder raus. Jeremy stand wieder auf um zu dem Auto zurück zu gehen. Sie kamen fast zeitgleich an. Jeremy schloss den Wagen auf und setzte sich rein. Auch Kiwi folgte ihm schweigend.

Als Jeremy den Wagen starten wollte, hielt Kiwi ihn aber auf, in dem sie ihm die Hand auf seinen Arm legte. Mit einem trostlosen, verzweifelten Blick sah er sie an und auch ihr Blick sprach Bände.
„Kannst du mich nachher... in LA... woanders hinbringen, als nach Hause?" fragte sie. Es waren die ersten Worte, die sie so ihm sprach, seit dem sie San Franzisco verlassen hatten.
Jeremy nickte. „Wohin denn?" fragte er dann.
„Zu meinem Arbeitskollegen Dean.... Ich hab ihn gerade angerufen und er würde mich für einige Tage aufnehmen...."
Jeremy sah sie an. „Bist du sicher, dass du das willst?"
Kiwi nickte. „Ich kann Robert erst einmal nicht in die Augen schauen. ... Er hat mich zu tief verletzt." Sagte sie und schaute auf ihre Hände.
„Konntet ihr das heute früh im Hotel nicht schon klären... letztendlich ist es Jahre her, was er getan hat."
Jeremy sprach ruhig und sah sie an. Auch wenn seine Ehe wahrscheinlich am Abgrund stand, wollte er nicht auch noch Schuld dafür sein, das sich Robert und Kiwi trennten, nur weil er in seiner Wut das Maul nicht halten konnte.
Kiwi sah ihn an.
„Ich hab ihn gar nicht mehr gesehen, seit dem ich heute Nacht aus der Halle gelaufen bin. ... Ich hab mir im Hotel ein Einzelzimmer genommen und ihm geschrieben, dass ich nicht mit ihm heim fahren werde und er auch nicht auf mich warten soll." Gab sie ihm als Antwort.
Jeremy schaute sie schweigend an.
„Meinst du das regelt sich zwischen euch wieder....? Ich weiß, dass Robert dich sehr liebt. .. Als er damals in Hawaii den Anruf bekam und ich ihn dabei belauscht habe, konnte ich deutlich seine Verzweiflung hören und spüren. Ich weiß auch, dass er einen Vaterschaftstest verlangt hat, doch der fiel dann leider positiv aus. ... Es tut mir wirklich leid, dass du es auf diese Art und Weise erfahren musstest."
„Naja... du bist daran nicht unschuldig, Jeremy."
Jeremy seufzte leise.
„Es tut mir leid...!" sagte er dann und atmete tief durch.
„Vielleicht war es besser so... Es war ein Schlag mitten ins Gesicht und er hat mich damit zutiefst verletzt... aber besser so, als noch weitere Jahre mit dieser Lüge zu leben."
Sie sah ihn an. Deutlich konnte sie Verzweiflung in seinem Blick sehen, aber auch die Trauer und die Ungewissheit. Sie redete hier von ihrem Problem, dabei ging es ihm mindestens genauso schlecht.
„So eine Lüge zu erfahren tut weh. ... Vielleicht hätte ich damals anders reagiert, wenn er direkt ehrlich zu mir gewesen wäre, als er diesen Ausrutscher hatte. ... Natürlich wäre es damals ähnlich schlimm gewesen, aber ich wäre auch vorbereitet gewesen, als dann die Nachricht von dem Kind kam. ... Verstehst du was ich meine?"
Jeremy nickte leicht und sah auf seine Hände.
„Ich seh dir an, wie sehr du das von letzter Nacht bereust.... Und ich weiß auch, wie sehr du Poldi liebst. Wir konnten es den ganzen Abend beobachten. Sie hat dir sehr gefehlt. .. Deswegen... solltest du ehrlich zu ihr sein. Auch wenn es schwer werden wird. Auch wenn sie dich vielleicht einige Tage hassen wird.... Aber nur wenn du ehrlich bist, hast du vielleicht die Chance, dass sich deine Ehe retten lässt."

„Sie hasst Untreue.... Ich weiß das... und sie kann schrecklich eifersüchtig sein, auch wenn sie es selten zeigt. Ich musste ihr sogar verbieten, die Kommentare unter meinen Instagram-Beiträgen zu lesen."
„Jede Frau hasst Untreue.... Und du vergisst, dass sie selber mal ein Fan war. Vielleicht hat sie Angst dich irgendwann an einen anderen Fan zu verlieren."
„Die Angst ist unbegründet... ich will keine andere Frau mehr..."
Kiwi musterte ihn.
„Warum ist das dann gestern passiert? ... Alle waren total geschockt."
„Ich weiß es nicht." Seufzte er. „Ich kann es selber nicht erklären."
Kiwi sah ihn nachdenklich an. Man konnte sein schlechtes Gewissen und seine Verzweiflung förmlich spüren. „Du musst ihr die Wahrheit sagen, Jeremy."
Jeremy nickte langsam.
Ja vielleicht hatte sie Recht. Wenn er es nicht tat, würde es Paul tun und dann würde sie wahrscheinlich noch extremer reagieren, als bei ihm.
„Lass uns weiter fahren. ... Es wird sonst immer später." Sagte er dann und startete den Wagen.
Kiwi nickte und seufzte leise. Sie hätte Jeremy gerne in den Arm genommen und ihm dadurch etwas Kraft gegeben. Aber da war auch immer noch diese Wut, die sie auf ihn spürte. Er war die letzten Jahre so glücklich gewesen. Sie konnte sich noch erinnern, wie aufgeregt er bei Benjamins Geburt war und wie stolz er war. Er hatte vor Glück geweint. Warum zerstörte er dann all das Glück, dass er mit Poldi hatte und dann auch noch wegen einer Frau, die viel zu jung für ihn war. Sie konnte es einfach nicht verstehen, aber sie würde ihn darauf auch nicht ansprechen. Es ging ihm so oder so schon schlecht genug.

Jeremy lenkte den Wagen geschickt zurück auf den Highway und gab dann Gas. Wieder verfiel er in Gedanken. Kiwi schaute hin und wieder zu ihm. Sein Blick blieb unverändert verzweifelt und manchmal hatte sie das Gefühl, als würden sich Tränen in seinen Augen bilden, die er dann aber beschämt wegblinzelte. Irgendwie hoffte sie, dass er alles regeln konnte und sowohl er als auch Poldi mit einem blauen Auge daraus kommen würden.

Aber was war mit ihr? Würde sie wirklich alles mit Robert regeln können? Hatte ihre Beziehung nach dieser langjährigen Lüge noch eine Chance?
Sie wußte es nicht. Was sie wußte war, dass sie ihn liebte. Sehr sogar. Und doch war da diese Lüge und somit ein deutlicher Betrug an sein Vertrauen zu ihr. Und ein Vertrauensmissbrauch war für Kiwi mit das schlimmste in einer Beziehung und eigentlich auch ein Beziehungsaus. ... Aber wollte sie das wirklich?
Sie seufzte leise und schaute nachdenklich aus dem Fenster.
Eins stand für sie fest... Sie wollte ihn in den nächsten Tagen nicht sehen. Sie wollte zur Ruhe kommen und nachdenken. Mehr nicht.

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