Bitte helft mir

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Gegen Abend machten sich Bina und Chris dann auf den Weg zum Paradise. Sie hatten Poldi noch mal gefragt, ob sie nicht doch mit wollte, aber sie hatte wieder abgesagt. Wahrscheinlich hafteten am Paradise einfach zu viele Erinnerungen und genau das konnten Bina und Chris verstehen. ... Hier hatte Poldi Jeremy das erste Mal richtig gedatet, hier hatte er ihr einen Antrag gemacht, hier hatten sie geheiratet und hier war auch die Tauffeier von Benjamin gewesen. Seit der Trennung von Jeremy war sie nicht mehr im Paradise gewesen und anscheinend waren es diese schweren Erinnerungen, die sie davon abhielten, ihr eigentliches Lieblingslokal zu betreten.

Da Chris fast durch die gesamte Stadt fahren musste, kamen sie erst nach fast 45 Minuten Fahrt am Paradise an. Chris fuhr auf den Parkplatz und stieg dann aus. Auch Bina stieg aus und gemeinsam gingen sie Hand in Hand zum Eingang. Dort wurden sie, wie fast immer, von Georg, dem Besitzer des Paradise begrüßt. Ein Mitarbeiter brachte sie dann zu einem freien Tisch mit Blick auf den Sonnenuntergang.
Auf dem Weg dorthin entdeckten sie allerdings einen anderen Gast und Bina verdrehte leicht die Augen.
„Schau mal, wer auch hier ist..." raunte sie Chris zu und nickte in eine bestimmte Richtung.
Chris folgte seinem Blick und stöhnte unwillkürlich auf.
An einem anderen Tisch, welcher näher am Hauptlokal stand, saß Jeremy gemeinsam mit Jill, William und noch 2 Frauen, die sie aber nicht kannten.
„Das der sich überhaupt noch hierher verläuft, jetzt, wo er was besseres ist." Stellte Chris fest.
„Allein die Tatsache, mit dieser Schlampe hier zu sitzen, ist unter aller Sau. ... Er hat hier geheiratet!" protestierte Bina.
„Was ihm anscheinend völlig egal ist... Er ist einfach nur noch ein Arschloch... Komm!" Chris zog sie weiter und wenig später setzten sie sich an ihren Platz.
Bina hatte nur noch kurz zu Jeremy geschaut, der in diesem Moment auf sah und seine ehemaligen Freunde sofort erkannt hatte. Wie sehr er sie doch vermisste und es tat weh, dass sie ihn komplett ignorierten. Dabei brauchte er ihre Hilfe mehr denn je.
William saß neben ihm und erzählte von irgendwelchen Reisen. Jeremy hatte eher widerwillig einen Arm um Jill gelegt, die sich an ihn gekuschelt hatte. Die beiden anderen Frauen kannte Jeremy nicht und er ignorierte sie völlig. Wahrscheinlich waren es irgendwelche Bettgeschichten von William, aber darüber wollte er gar nicht nachdenken. Er fühlte sich einfach nur unwohl mit diesen Menschen hier zu sein und den glücklichen Mann zu spielen. Immer wieder hing er seinen Gedanken nach. Dieser Ort war voll von alten und doch schönen Erinnerungen. Er brauchte nur zum Strand schauen und erinnerte sich schlagartig an seine Hochzeit. Er sah Poldi vor sich in ihrem perfekten Kleid, das in allen Farben durch die Sonne geglitzert hatte. Was waren sie damals glücklich gewesen. Das alles hätte niemals enden dürfen, das wußte er nur zu genau und er sehnte sich nichts mehr zurück, als genau dieses alte und absolut perfekte Leben.


Bina studierte derzeit die Karte. Vor ein paar Wochen hatte Georg eine komplett neue Karte rausgebracht und die kannte sie noch nicht. Die Alte hatte sie irgendwann auswendig gekannt und hatte fast immer das Gleiche bestellt. Jetzt war wieder mehr Abwechslung da.
„Ich nehm den Lachs!" sagte Chris und legte die Karte auf den Tisch. Dann schaute er auf Bina, die gerade eine Seite weiter blätterte. „Und du?" fragte er dann.
„Ich bin mir noch nicht sicher. ... Aber ich denke, ich nehm das Steak. ... Ich brauch heute so richtig Fleisch."
Chris schmunzelte.
„So? Brauchst du das?" fragte er vielsagend und strich ihr über den Oberschenkel.
Bina erwiderte seinen Blick. „Oh ja... viel Fleisch."
„Ich hätte viel Fleisch zu Hause anzubieten."
Bina biss sich auf die Unterlippe.
„Wenn ich nicht so Hunger hätte, dann würde ich sofort mit dir nach Hause fahren wollen."
„Ich weiß!" Er zwinkerte ihr zu. „Was aber nicht bedeutet, dass ich später keine Lust mehr habe. ... Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. ... Und wenn die Kinder schon nicht da sind, sollten wir das auch durchaus ausnutzen!"

Sie schmunzelte. „ich liebe dieses Stück Fleisch!"
„Ich weiß!"
Chris beugte sich vor und gab ihr einen langen sanften Kuss mit einer Spur Leidenschaft. In all den Jahren, die sie bereits bei ihm war, hatte sie nie etwas von der Liebe zu ihm verloren und ihm ging es genauso. Die Probleme, welche die Renners derzeit hatten, würden sie wohl niemals haben. Da waren sie sich Beide sicher.

Kurz nach ihrem langen Kuss mit der Spur Leidenschaft bestellten sie ihr Essen und stießen mit den bereits gebrachten Getränken an. Chris hatte einen Arm um seine Frau gelegt und sie fest an sich gezogen. Dann schauten sie gemeinsam zum Meer, wo die Sonne langsam unterging. Die Sonnenuntergänge hier im Paradise waren ein Highlight. Es gab Leute, die nur deswegen hierher kamen und wieder verschwanden, wenn die Sonne untergegangen war.
Die Zwei genossen ihren gemeinsamen Abend sichtlich. Sie unterhielten sich über alles Mögliche, lachten viel oder lagen einfach nur Arm in Arm in den Loungesesseln und küssten sich zärtlich.
Das Essen war wie immer super und schon bald war es richtig dunkel geworden. Aber das Paradise würde noch lange nicht schließen. Die Musik wurde etwas lauter und von einem Szenelokal verwandelte sich der Laden langsam aber sicher in eine Art Club. Bunte Lichter zuckten auf einer Außentanzfläche und alle Anwesenden feierten und hatten sichtlich Spaß. Hier wurde einfach täglich gefeiert und vor allem die High Society liebte das Paradise allein durch die Tatsache, dass hier weder Paparazzis, noch Fans oder Presse reinkamen. Hier konnten sie einfach Mensch sein.

„Ich muss mal aufs Klo!" sagte Chris und löste sich langsam von Bina.
„Schwache Blase?" fragte Bina und grinste.
„Ich bin nicht mehr der Jüngste, Babe."
„Stimmt... die Inkontinenz fängt langsam an... Aber solange du nicht ins Bett pinkelst, ist alles ok."
Chris lachte und stand auf. Dann schlängelte er sich durch die vielen Tische und ging geradewegs zu den Männertoiletten.
Hier war das Licht gedämmt und nur das Dröhnen des Basses der Musik war hier drin zu hören.
Wenig später wusch sich Chris die Hände und schaute kurz in den Spiegel. Er strich sich durchs Haar und verließ dann die Bar um wieder zu Bina zu gehen.
Doch weit kam er nicht.
Plötzlich wurde er gepackt und an die Wand gedrückt. Chris war erst völlig überrascht, erkannte den Übeltäter aber sofort.

Es war Jeremy.

Allein die Tatsache, das Chris mehr als einen Kopf größer als Jeremy war, ließ die Szene eher witzig aussehen, dennoch war Chris von dieser Aktion völlig überrumpelt.
„Was willst du Renner!?" fragte Chris und schaute wütend aber auch verwirrt auf Jeremy.
„Du hörst mir jetzt zu! ... Ich steck bis zum Hals in der Scheiße... Wenn ich hier jetzt belauscht oder erwischt werde, bin ich tot! ... William Parker ist Boss einer Mafiakette, die vor allem In San Franzisco die Unterweilt regiert. Er ist in Drogengeschichten verwickelt, in der wohl auch die Regierung verwickelt ist. Ein Grund, warum man ihm nichts vorweisen kann. Er weiß zu viel. ... Er hat seine Frau umgebracht, sowie seinen Sohn, weil sie nicht das taten, was er wollte. ... Doch die Bullen können nichts machen, weil sie eben nichts gegen ihn in der Hand haben. ... Ich bin das neuste Opfer von ihm. ... Sie haben mir bereits alles genommen, was ich besitze. ... William hat mich dazu gezwungen, meine Autos und Motorräder zu verkaufen, damit ich mehr Geld auf dem Konto habe. Er hat mich dazu gezwungen, Aktien zu kaufen, und diese mit meinem kompletten Besitz zu versichern. Verliere ich diese Aktien, verliere ich alles was ich habe. ... Jetzt hat er mich dazu gezwungen, Camp Renner zu verkaufen. ... Fast täglich sind Interessenten da um sich mein Anwesen anzuschauen. ... Ich darf nichts sagen, keine Wiederworte geben oder sonst was, sonst werde ich sofort verprügelt! ... William zwingt mich zum Sex mit seiner Tochter und auch das ich sie heirate. Wenn ich das alles nicht tun würde, würde Poldi, Benjamin und auch Ava bereits tot sein. .. Ich mach das alles nicht um euch oder Poldi zu ärgern. Ich tu das alles um euch und vor allem sie zu schützen! ... Poldis Haus wird beobachtet, genauso wie jeder meiner Schritte beobachtet wird. ... Ich will das alles nicht, aber ich muss mich an diese Regeln halten. ... Wenn ich die Bullen informieren würde, würde ich sofort erschossen werden. Mittlerweile wohnen 4 von Williams russischen Handlangern bei mir, damit sie genau mitbekommen, wenn ich das Haus verlasse, oder wenn wohlmöglich Poldi zu Besuch kommt. ... Nachdem ich gestern Nacht abgehauen bin, um Poldi zu sehen, hat man mich anschließend 2 Stunden nackt unter die Dusche gestellt und das Wasser auf eiskalt gestellt. ... Ich darf Poldi nicht mehr besuchen... sie ist sonst tot.... Und Ben auch... Bitte Chris... ich will nicht, dass ihr mich alle hasst...aber ich hab im Moment keine andere Wahl, als zu tun, was die Mafia von mir verlangt! ... Tu mir einen Gefallen, und erzähle das alles Poldi. ... Sie ist sehr skeptisch mittlerweile und ich kann es ihr nicht verübeln. Aber ich liebe sie. ... Ich liebe sie, wie am ersten Tag! Sag ihr das bitte.... All das was ich im Moment mache, ist nicht von mir gewollt. Keins der Interwies ist wahr. .... Nur bitte... geht nicht zur Polizei.... Ich weiß nicht ob ich jemals lebend aus dieser Geschichte raus komme....aber ich will einfach nur, dass ihr mich nicht hasst. Ihr seid meine besten Freunde.... Helft mir... aber bringt euch nicht in Gefahr....Und sag Poldi... ich liebe sie so sehr... und ich bereue den ganzen Schmerz, den ich ihr seit Wochen ungewollt zufüge. ... Ich hasse mich dafür... aber... ich habe keine andere Wahl. ... Ich bin am Ende... und werde nicht mehr lange durchhalten. .. Ich will nur das ihr wisst... was passiert ist... und wieso ich so ein Arsch geworden bin!"
Jeremy starrte Chris panisch aber auch verzweifelt an. Chris selber war nicht in der Lage, irgendetwas zu sagen. Er hörte Jeremy einfach nur schweigend zu und versuchte, das was er sagte, in sich aufzunehmen.
„Ich bin in Gefahr und meine Familie auch... aber der Gang zur Polizei würde ein Todesurteil für alle Beteiligten bedeuten. ... Dieser Mann ist skrupellos. ... Poldi soll sich bitte nicht einmischen. .. Ich werde versuchen mich so heimlich wie möglich um sie zu kümmern...Hier und da hab ich die Möglichkeit zu telefonieren...aber ich vermute, dass man früh oder später mir das Handy weg nimmt oder es abhört. ... Poldi soll dann einfach nur warten...ich werde mich wieder melden. ... Sie soll einfach nur wissen was los ist... Bitte sag ihr das...Chris...du bist jetzt meine einzige Hoffnung.... Du und die anderen Sillvengers...."
Jeremy zitterte und ließ Chris los. Dann ging er einige Schritt von ihm weg. Er atmete schnell und schaute sich immer wieder panisch um. Schweiß stand auf seiner Stirn und sein Mund war staubtrocken geworden.
Chris starrte nur verwirrt auf ihn.
Was genau passierte hier gerade?
„Sag ihr... das ich sie liebe... und ich sie immer lieben werde!" stotterte Jeremy noch und lief dann aus dem Raum.
Chris sah ihm nach. Jeremy hatte teilweise so schnell gesprochen, dass er sich erst einmal sammeln musst um zu verstehen, was Jeremy am Ende überhaupt gesagt hatte.
Langsam verließ auch er den Raum und ging zurück zum Strandbereich. Sofort wurde die Musik lauter und bunte Lichter zuckten vor seinem Auge.
Sein Blick fiel auf Jeremy, der wieder bei William, Jill und den zwei anderen Frauen war. Alle standen bereits und wollten anscheinend gehen. Jeremy schaute kurz zu Chris. Sein Blick zeigte noch immer eine deutliche Verzweiflung.
Chris sah nachdenklich zu ihm und ging dann zu Bina zurück. Nachdenklich setzte er sich zu ihr.
„Da bist du ja. ... Ich hab noch mal beim Kellner eine Runde Bier bestellt." Sagte Bina und lehnte sich wieder an ihn.
Chris nickte nur.
„Alles ok?" fragte sie und schaute verwundert auf ihren Mann.
„Was? Ja... ja klar.. alles gut!" Er lächelte sie an.
Bina war etwas verwirrt, sagte aber nicht dazu.
Chris musste sich selber erst einmal fassen und würde erst über die Sachen, die Jeremy ihm binnen weniger Minuten gesagt hatte, nachdenken. Das waren zu viele Informationen.
Drogen, Mord, Mafia.
Die Worte hallten wie nicht endende Echos in seinem Kopf nach.
Er würde mit Bina darüber sprechen. Anscheinend war Jeremy in Gefahr. Aber er konnte nicht sofort mit ihr reden. Er musste erst alles richtig in seinem Kopf zusammen setzen, bevor er sich öffnen konnte. Außerdem wollte er ihr diesen Abend nicht versauen, da sie sich den ganzen Tag sosehr darüber gefreut hatte.
Aber eins stand fest...Er würde mit ihr und auch mit den anderen Sillvengern sprechen... und dann auch mit Poldi...

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