Die Scheidungsunterlagen

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Erst nach mehreren Stunden lagen sie eng aneinander gekuschelt und völlig erschöpft im Bett und genossen die völlige Entspannung, die sich in ihrem Körper breit gemacht hatte. Es war still und Beide dösten etwas. Sie fühlten sich wohl und Beiden war klar, dass sie genau das gebraucht hatte.
Doch langsam klarte auch Poldis Geist wieder auf. Langsam kamen die Gedanken zurück und langsam begriff sie auch, was hier gerade passiert war. Sie öffnete die Augen.
Sie lag mit dem Rücken zu Jeremy und er hielt sie fest in seinem Arm. Sein Atem ging ruhig. Wahrscheinlich war er eingeschlafen.
Natürlich hatte Poldi diese Zweisamkeit mit Jeremy genossen. Es war wie früher. Es war pure Leidenschaft und nur mit ihm hatte sie jemals eine solche Leidenschaft spüren können. Aber war es richtig gewesen mit ihm zu schlafen?
Poldi hatte sich von ihm getrennt, weil er fremd gegangen war und sie betrogen hatte. Und jetzt? Jetzt hatte er seine neue Freundin betrogen... mit ihr. Konnte man in so einem Fall sagen, das sie Quitt waren? Wohl eher nicht. Sie hasste Untreue. Aber war das hier Untreue? Eigentlich war sie mit ihm noch verheiratet. Es war ein Teufelskreis und doch kroch so etwas wie ein schlechtes Gewissen in ihr auf.
Sie hätten es nicht tun dürfen. Es war falsch gewesen. Sie lebten in Trennung und Poldi war her gekommen, um die Scheidungsunterlagen zu holen. .... Mehr nicht.
Leise seufzte sie. Wenn sie Jeremy nicht so lieben würde, wäre alles einfacher. Aber jetzt würde es noch schwerer werden, ihn zu vergessen und loszulassen.
Wie spätes war, wußte sie nicht. Ein kurzer Blick zum Fenster sagte ihr allerdings, dass die Sonne bereits unterging. Bina machte sich sicherlich schon Sorgen, wo sie blieb. Das alles war einfach anders gelaufen, als es geplant war.

Vorsichtig schaute Poldi über ihre Schulter zu Jeremy. Dieser hatte die Augen geschlossen und wirkte zufrieden und entspannt. Er schien wirklich zu schlafen und se wollte ihn jetzt auf keinen Fall wecken. Sie würde einfach gehen. Dann müsste sie auch nichts erklären und vielleicht würde er glauben, dass alles nur ein Traum gewesen war.
Langsam löste sie sich aus seiner Umarmung und setzte sich leise auf. Sie griff nach ihren Sachen und begann sich so leise wie nur möglich anzuziehen, um Jeremy nicht zu wecken.
„Willst du schon gehen?" fragte er jedoch und Poldi zuckte unwillkürlich zusammen.
Er war also doch wach. Doch sie schaute nicht zu ihm, sondern griff nach ihrem Shirt.
„Ich muss....!" Sagte sie knapp.
Jeremy beobachtete sie. „Bitte bleib...!" sagte er dann.
„Ich kann nicht.... Das hier... hätte nie passieren dürfen....!" Sagte Poldi und zog sich das Shirt über den Kopf.

„Es ist aber passiert.... Und ich bereue es nicht." Sagte er und beobachtete sie weiter.
Poldi griff nach ihrer Shorts und zog diese ebenfalls an. Dann sah sie zu ihm. Sein Blick hatte etwas hoffendes, aber auch etwas flehendes.
„Bereust du es?" fragte er jetzt.
Sie sah ihn an. Bereute sie es? Es waren die schönsten Stunden der letzten Wochen gewesen, das wußte sie, aber bereute sie es?
„Du bist in einer Partnerschaft, Jeremy... das hier... war falsch."
„Es war... das beste Fremdgehen, dass ich jemals hatte..."

„Jeremy... du weißt was ich meine..."
„Und ich weiß, dass du meine Frau bist. ... Was spricht also dagegen, das wir miteinander schlafen."
„Die Tatsache, dass wir getrennt sind und du in einer neuen Partnerschaft bist?"
„Was spricht gegen eine Affäre."
„Jeremy... mach es mir nicht schwerer als es ist. ... Entweder sie oder ich.... Was anderes kann ich nicht."
Er sah sie an und seufzte. „Ich... kann mich nicht von ihr trennen." Sagte er dann.
Poldi nickte. „Verstehe. ... Dann ist es wirklich besser, wenn ich jetzt geh."
„Honey... bitte verstehe mich nicht falsch. ... Du bist alles was ich im Leben will... aber im Moment... es ist alles zu kompliziert."
„Du solltest dir bewusst werden, was du wirklich willst, Jeremy. ... Solange du da nicht sicher bist, wirst du ihm Leben nicht weiter kommen und immer wieder Menschen verletzen."
„Es tut mir leid... ich wünschte ich könnte mich entscheiden... denn meine Entscheidung würde auf dich fallen. ... Sie würde immer auf dich fallen."
Poldi verstand ihn einfach nicht. Sie schlüpfte in ihre Flip Flops und sah ihn an. Er erwiderte ihren Blick.
„Lass es uns vergessen, was hier passiert ist. ... Es wird uns sonst beide verrückt machen."
Jeremy seufzte und nickte langsam. Wie gerne hätte er ihr die Wahrheit gesagt. Wenn ihm einer sofort helfen würde, dann wäre es Poldi. Das wußte er. Aber er konnte nicht. Ein Wort zu ihr würde ihr Todesurteil bedeuten. Wie nur sollte er wieder daraus kommen. Er musste sie beschützen und das konnte er nur, wenn er ihr nicht die Wahrheit sagte.
Er griff nach seiner Boxershorts und zog sie an. Dann stand er auf und ging zu ihr.
„Darf ich dich...wenigstens noch mal in den Arm nehmen?" fragte er dann.
Poldi sah ihn an. Er machte es so nicht einfacher, aber sie hatte auch dieses Verlangen ihn zu umarmen. Also nickte sie leicht. Jeremy lächelte und nahm sie in den Arm. Fest zog er sie an sich. Poldi legte ebenfalls die Arme um ihn. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Hals und wieder reagierte einfach alles auf seine Berührungen. Liebevoll strich er ihr über den Rücken und sie tat es ebenfalls. Dann lösten sie sich wieder und Jeremy lächelte zaghaft.
„Ich danke dir trotzdem für diesen Nachmittag.... Auch... wenn wir ihn wieder vergessen..." sagte er dann und Poldi nickte.
Sie war ihm auch dankbar und nichts in der Welt würde sie lieber tun, als jetzt den Abend mit ihm auf der Terrasse ausklingen zu lassen. Doch es ging einfach nicht.
Sie drehte sich um und ging mit ihm die Treppe runter.
„Ich würde gerne bald die Katzen holen...!" sagte sie dann.
„Können sie... noch etwas hier bleiben?" fragte er unsicher und sie schaute zu ihm.
„Warum?"
„Sie sind... das einzige was von dir geblieben ist... und... ich würde sie ungerne abgeben."
„Ben vermisst sie."
„Bitte...!"
Poldi seufzte. „Okay... aber nicht mehr so lange." Sie wußte, dass es die Katzen hier besser hatten, als in dem kleinen Haus. Hier hatten sie ein über 200 Quadratmeter großes Haus und einen riesigen Garten.
„Danke!" sagte Jeremy und lächelte.
Dann gingen sie zu Tür und Jeremy hielt kurz inne.
„Warte kurz....!" Sagte er dann und verschwand wenig später in seinem Arbeitszimmer.
Verwundert schaute Poldi ihm nach. Was hatte er vor? Es dauerte etwas, bis er zurück kaum und ihr einen großen braunen Umschlag reichte. Poldi nahm diesen entgegen und schaute ihn fragend an.
„Was ist das?" fragte sie dann.
Jeremy seufzte leise. „Die.... Scheidungsunterlagen... Deswegen bist du doch gekommen..." sagte er dann leise.
Das versetzte Poldi nun doch einen Stich, auch wenn sie genau das eigentlich gewollt hatte.
„Hast du sie unterschrieben?" fragte sie dann und Jeremy nickte.
„Ja..." sagte er dann und sah sie weiter an.
„Danke dir!"
„Schon okay... nur... ein Bitte hab ich trotzdem." Sagte er dann.
„Und die wäre?" fragte Poldi.
„Könntest du... noch etwas damit warten, sie einzureichen?"
„Jeremy... der Anwalt wartet seit 10 Wochen darauf."
„Ich weiß... aber bitte... Ich verlange nicht viel von dir, nur dieses eine."
„Und warum sollen wir es weiter aufschieben?"
„Weil ich noch immer nicht will, dass wir uns scheiden lassen. Vor allem nicht, nach diesem Nachmittag."
„Jeremy... Du machst es schwerer als es ist... Ich vermiss dich, aber solange du mit dieser anderen Frau zusammen bist, wird es kein wir mehr geben. ... Und es klang vorhin nicht so, als würdest du dich von ihr trennen wollen."
„Ich kann mich nicht von ihr trennen."
„Was spricht dann gegen die Scheidung.... Du bist in einer Partnerschaft..."

„Bitte warte noch... bitte, Honey. ... Wenn du mich wirklich liebst... warte noch."
„Jeremy, warum... ich will es nur versehen."
„Ich... versuch etwas zu regeln... ich würde dir gerne mehr erzählen, aber ich kann und darf nicht. ... Nur bitte... warte... tu mir diesen einen Gefallen."
Poldi seufzte. Irgendetwas in seinem Blick sagte ihr, dass sie wirklich warten sollte.
„Also gut... aber ich kann nicht ewig warten."
„Das weiß ich... aber ich danke dir, dass du mir diese Chance gibst."
„Schon okay... aber jetzt sollte ich wirklich fahren. ... Ich muss Benjamin noch von den Evans holen."
„Gib ihm einen dicken Kuss von mir."
„Das mache ich. ... Und ich hoffe, dass er bald her kommen darf und du dann Zeit für ihn hast."
„Das werde ich. .... Ich check meinen Terminkalender und sag dir dann Bescheid."
„Okay!" Poldi lächelte.
Dann umarmte sie ihn noch mal und er drückte sie sanft an sich. Anschließend ging sie zur Tür und öffnete diese. Genau in diesem Moment fuhr Jill auf den Parkplatz.
„Na super... da geh ich ja genau richtig." Sagte Poldi und schaute zu Jeremy. Nicht auszumalen was passiert wäre, wenn Jill eine Stunde früher gekommen war.
Jeremy spannte sich an und schien sich wieder zu verschließen. Langsam schlich auch in Poldi das Gefühl hoch, dass hier etwas nicht stimmte.
„Bis bald, Jer!" sagte Poldi und ging zu ihrem Auto
„Bis bald...!" antwortete Jeremy und schaut von Poldi und Jill, die gerade ausstieg und Poldi verachtend musterte.
„Hier gibt's keinen Putzjob mehr für dich!" sagte Jill zu Poldi.
Diese hatte gerade die Tür ihres Autos geöffnet und hielt inne.
„Nicht? ... Die Wohnung sieht aus wie sau im Vergleich zu früher. Ein Beweis dafür, dass du dir wahrscheinlich zu schade dafür bist, mal etwas wegzuräumen. ... Aber ... du könntest dir einen Fingernagel abbrechen."
„Pff.... Verschwinde...du hast hier nichts zu suchen."
„Noch gehört das Haus zur Hälfte mir... vergiss das nicht, Bitch."
Jill lachte gekünstelt. „Wovon träumst du eigentlich nachts."
„Ganz bestimmt nicht von dir.. Da würde ich lieber auf ewig wach bleiben."
Jill verdrehte die Augen und ging zu Jeremy. Demonstrativ legte sie einen Arm um ihn und sah zu Poldi. Diese tippte sich gerade mit dem Finger gegen die Stirn und stieg dann ein. Kurz darauf fuhr sie vom Grundstück.
„Will ich wissen, warum die Schlampe hier war?" fragte Jill fast schon giftig und schaute auf Jeremy.
„Hör auf so über sie zu reden!" sagte Jeremy sofort und schaute wütend auf Jill.
„Ich rede über sie, wie ich das möchte, das weißt du... Also? Was wollte sie hier!"
„Sie hat die Scheidungsunterlagen abgeholt... mehr nicht!" sagte Jeremy und ging ins Haus.
Jill musterte ihn. Irgendetwas war seltsam an ihn und sie würde das noch herausfinden. Doch sie schwor sich auch, mit ihrem Vater über Poldi zu sprechen. Sie hatte das komische Gefühl, dass die Ex-Frau von Jeremy ihr noch irgendwie Probleme machen würde.

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