Ich hab keine Lust

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Poldi legte das Handy weg und atmete tief durch.
Sie hatte jetzt geschlagene 2 Stunden telefoniert und versucht einen Babysitter für das Wochenende zu finden, doch es war schwieriger als sie gedacht hatte. Scarlett war an dem Wochenende wegen Dreharbeiten in Washington. Mark und Paul waren mit ihren Familien ebenso in San Franzisco auf der Charity Veranstaltung, genauso wie Robert und Kiwi. Bina und Chris gönnten sich mit den Kindern eine Auszeit und auch die Nanny von Ava hatte keine Zeit. Poldi strich sich durchs Haar. Das zusätzliche Problem war noch, dass Jeremy keine fremden Leute im Haus duldete und Benjamin Fremden gegenüber sehr scheu war. Also blieb keine andere Möglichkeit, als das Poldi zu Hause bleiben musste. Wirklich böse war sie darum nicht, denn sie hasste dieses zur Schaustellen auf dem roten Teppich. Sie konnte sich noch an das erste Mal erinnern, wo sie Jeremy begleitet hatte. Schnell hatte sie verstanden, dass es auf den roten Teppich nur darum ging, wer mit wem und warum. Das Kleid musste perfekt sein, der Smoking durfte nicht zu eng sein, der Ausschnitt musste mehr zeigen als man wollte und wehe man hielt sich zu lange am selben Fleck auf, dann wurde man anschließend in der Presse zerlegt. Jeremy war ein alter Hase. Er kannte alle Gesetze die er einhalten musste um ein gutes Bild zu hinterlassen. Dazu kam eine Portion von seinem Witz und alles war perfekt. Dazu kam, dass er einen guten Namen erarbeitet hatte und somit alles fast schon problemlos war. Poldis erster Auftritt auf dem roten Teppich war eher eine Mutprobe gewesen. Jeder wollte wissen wer sie war, dabei hatte die Presse sie vorher schon auseinander genommen. Als die Frau von Jeremy Renner hatten viele eine grosse Erwartung an sie gehabt, doch sie wagte zu bezweifeln, dass sie die auch wirklich einhalten konnte. Sie war kein Sternchen. Sie war die einfache Frau aus Deutschland, die bis dato niemand gekannt hatte und jetzt war sie nach wie vor auch nur die Frau von...
Mehr nicht.

Sie seufzte leise.
„Keine Chance?" fragte Jeremy und sah sie an.
Sie saßen auf der Terrasse und während Poldi telefoniert hatte, hatte Jeremy wie sooft über irgendwelchen Bauplänen gestanden um sie zu studieren. Vielleicht lernte er sie auch auswendig. Poldi wußte das nicht so genau. Benjamin übte wieder mit seinem Bogen und ließ seine Eltern in Ruhe arbeiten.
„Nein... es sieht schlecht aus. Ich denke du musst Freitag allein fahren." Sagte sie und schaute entschuldigend an. „Es sei denn du willst deine Mum fragen.. oder deine Schwester..."
„Eher nicht so... Ben ist danach immer total verstört..." sagte Jeremy ehrlich.
„Eben..." Poldi seufzte. „Ich will dich auch nicht allein fahren lassen... Das ist doch auch für dich blöd. Zumal die Einladung für uns Beide ist."
Jeremy lächelte leicht und sah sie an. „Ich war früher oft allein auf den roten Teppichen unterwegs. ... Es wäre kein Problem und wenn ich ihnen sage, dass wir niemanden für Ben hatten, werden sie das auch verstehen."
„Sicher? Nicht das es heisst, der dumme Fan lässt dich im Stich."
Jeremy verzog das Gesicht. Dann setzte er sich zu ihr und nahm ihre Hand.
„Honey... nach 4 Jahren wird dich niemand mehr als einen dummen Fan bezeichnen. ... Und ich weiß mich zu wehren, sollte jemand so etwas wirklich noch sagen. ... Du bist meine Frau... Die Frau die ich liebe und die Mutter meines Sohnes. ... Wer etwas anderes behauptet wird mich kennenlernen. ... Ausserdem bin ich ja nicht allein da. ... Paul ist da, Mark, Robert und Kiwi auch. ... Mir wird nicht langweilig werden. Ich mach mir eher Sorgen um dich!"
„Wieso denn um mich?"
„Ich weiß, dass du es nicht magst, allein zu sein."
„Ben ist doch da."
„Trotzdem, ... soll ich nicht einfach absagen?"
„Jeremy... du hast schon vor einigen Wochen eine ähnliche Veranstaltung abgesagt. Du kannst das nicht ständig machen."
Jeremy seufzte und strich sanft über ihre Hand. Sie hatte schon Recht mit dem was sie sagte. In letzter Zeit drückte er sich wirklich vor alles. Woran das lag wußte er allerdings nicht. Er hatte sogar schon darüber nachgedacht, mit seiner Familie komplett in das Haus im Wald in Reno zu ziehen. Camp Renner war völlig abgelegen und ruhig. Dort war es jedem egal wer er war. Dort konnte er durch die Strassen gehen ohne damit zu rechnen, sein Gesicht morgen in der Zeitung zu sehen. In LA war das anders und selbst Poldi merkte es mittlerweile. ... Aber war er schon soweit der Filmbranche völlig den Rücken zuzudrehen? ... Nein eigentlich nicht. Eigentlich liebte er das drehen, wenn auch nicht im Moment. Woran das allerdings lag, wußte er nicht.
„Für dich würde ich es tun!" sagte er dann und sah sie an.
„Und ich möchte, dass du gehst und einen schönen Abend mit Kollegen hast." Sie lächelte sanft und strich ihm über die Wange. Sie hoffte, dass es ihn in seiner derzeitigen Flaute einen Ruck gab und er dadurch spürte, dass er das Drehen vermisste.
Jeremy nickte langsam.
„Okay... aber du sollst wissen, dass ich ungerne allein fahre." Sagte er dann.
„Das weiss ich. ... Aber es sind nur zwei Tage und am Samstag bist du wieder hier. ... Ich werde wahrscheinlich gar nicht merken, dass du weg bist."
„Ben wird dich auf Trapp halten."
„Da bin ich mir sicher. ... Und er wird es hassen, dass du nicht da bist."
Überrascht schaute Jeremy sie an. „Wie meinst du das?" fragte er dann.
„Niemand der sich über Verbote hinwegsetzt."
Jeremy grinste. „Ich lass nicht alles durchgehen."
„Aber vieles und das weiß er mittlerweile mehr als gut!"
Jeremy schmunzelte. Er wußte genau, wie Recht sie hatte. Abe er konnte einfach nicht Nein sagen, wenn Benjamin etwas von ihm wollte. Bei Ava war es genauso. Er wurde bei seinen Kindern immer zu schnell weich.
Poldi beobachtete ihn und strich ihm dann erneut über die Wange.
„Aber es ist okay, Sweetheart. Du liebst ihn... wie könnte ich dir da böse sein."
Jeremy lächelte und sah sie an. Ihr Verständnis war wirklich einzigartig. Sonni hatte für so etwas nie Verständnis gehabt und das macht schon einen gewaltigen Unterschied aus.
„Danke!" sagte er dann
„Aber .... Du musst mir versprechen, mir etwas Schönes mitzubringen!" sagte sie und zwinkerte ihm zu.
„Das mache ich... grosses Renner-Ehrenwort."
Er beugte sich vor und küsste sie sanft.

Durch die Tatsache, dass Poldi nun in Los Angeles bleiben würde, hatte Jeremy noch weniger Lust dazu am Freitag nach San Franzisco zu fahren. Aber er musste. Ob er nun Lust hatte oder nicht. Vielleicht würde es am Ende doch mehr Spaß machen, als er es im Moment vermutete. Insgeheim war er froh, dass wenigstens ein Teil der Sillvengers dabei waren. So würde die Zeit erträglicher werden und vielleicht auch lustig. Aber eins stand für ihn fest. Er freute sich jetzt schon auf den Moment, wo er wieder nach Hause zu seiner kleinen Familie fahren konnte. Denn hier fühlte er sich immer noch am wohlsten.

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