Kapitel 4.15: Verrat

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Feigling.

Wenn sie wüsste, was du machen sollst, würde sie dich garantiert nicht einen Feigling schimpfen.., polterte die Kopfstimme.
„Nein, sie würde mich einen Mörder schimpfen und damit auch noch recht haben", zischte er der nervigen Stimme zu, brachte sie somit unsanft zum Schweigen, tigerte dann aufgebracht durch die Kerker, schlug diverse Male auf dem Weg gegen die harten Steinwände und sah genüsslich, ja fast schon befriedigt dabei zu, wie sie immer blauer und dicker wurde.
Beim letzten harten Schlag spürte er, wie die Knochen endgültig ihren Geist aufgaben und knirschend brachen.
Er ließ den Schmerz knurrend mit aufeinandergepressten Zähnen entweichen, flüchtete in seine Räume, warf die Tür hart in die Angeln und goss sich direkt ein großes Glas hochprozentigen Feuer-Whiskeys ein, schüttete die halbe Flasche dann über seine Hand, was zu einem zusätzlichen Schmerz führte.
Aber das nahm er in Kauf, er hatte es verdient.
Er hatte noch so viel mehr verdient; für jetzt würde er sich mit der gebrochenen Hand zufrieden geben, die unaufhörlich starke Schmerzsignale durch seinen Arm schickte und unangenehm heiß pochte.

Er hörte nicht das Klopfen und auch nicht das Eintreten des Schulleiters, der ihn erst freundlich, dann besorgt musterte, als er das Glas Whiskey und die Bluttropfen sah, die hypnotisch in einem regelmäßigen Tempo auf den kalten Steinboden fielen, „Severus, mein Junge. Ist es nicht ein bisschen früh für Alkohol? Du solltest deine Sinne beisammen halten..."
„Warum? Hast du Angst, dass ich dich nur halb töte und zu einem Krüppel mache?", fragte er hasserfüllt, würdigte ihn keines Blickes, kippte sich stattdessen das nächste Glas hinter die Binde.
„Severus, bitte."
„Was willst du?!", schrie er mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke.
„Nach dir sehen", Dumbledore näherte sich ihm, umrundete ihn vorsichtig, nahm einen tiefen Atemzug, als er seine Hand sah.

„Jetzt willst du nach mir sehen?", er schnaubte, konnte sich ein abschätziges Lachen nicht verkneifen, „Jetzt, wo du alles kaputt gemacht hast?"
„Was ist passiert? Warum sieht deine Hand so aus?", fragte der Schulleiter gütig.
„Spar dir dein Mitleid, es ist sowieso nicht echt", spie er ihm entgegen.
„Lass mich dir helfen, Severus.", er hielt ihm die Hand entgegen, zog seinen Zauberstab, um die demolierte Hand wieder zu richten.

Er sah auf, die Augen rot unterlaufen, kurz davor die angestauten Tränen nicht mehr halten zu können, so hatte Dumbledore ihn schon sehr lange nicht mehr gesehen, um genau zu sein, seit dem Tag an dem Lily Potter getötet wurde, „du kannst mir nicht mehr helfen. Verschwinde einfach."
„Ich werde dich in dem Zustand nicht allein lassen", beharrte Dumbledore.
„Du hast mich all die Jahre allein gelassen... hast mich die schlimmsten Aufgaben erledigen lassen, hast dich einen Dreck um mein Wohlbefinden oder Seelenheil geschert", zischte er aufgebracht, ballte die Hände zu Fäusten, schluckte den beinahe unaushaltbaren Schmerz, der durch seine rechte Hand schoss, herunter.
„Das stimmt nicht und das weißt du, Severus. Du bedeutest mir eine Menge."

Das war zu viel, eine weitere Lüge, die das Fass zum Überlaufen brachte, die heißen großen Tränen rollten über Severus Wangen, er schüttelte den Kopf, „und deswegen kannst du von mir so etwas, wie deinen eigenen Mord, verlangen? Weil ich dir... eine Menge bedeute? Hast du auch nur den Hauch einer Ahnung, was du mir damit alles nimmst? Welche... Chancen, welche Menschen?", wieder dachte er an Hermine und dieser Schmerz in seiner Brust hörte einfach nicht auf, es war der kommende Abschied von all dem, was er noch und bald nicht mehr hätte, der ihn so emotional machte.
Die ganzen angestauten Emotionen sprudelten nur so aus ihm heraus, er wollte sich eigentlich nicht die Blöße geben so sehr zu weinen und ihm zu zeigen, wie sehr ihn das alles belastete, aber er hatte das Gefühl, dass er ansonsten in Flammen aufgehen würde und nicht heil und intakt zurückkäme, wie der Phönix in Dumbledores Büro.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen ging Albus zu ihm, zog ihn zu sich in die Arme und drückte ihn nah an sich, streichelte väterlich über seinen Kopf und den Rücken.
„Du bist ein furchtbarer Mensch", hauchte er schwach, „ich hasse dich für all das, was du von mir seit Jahren verlangst."
Dumbledore nickte, „das weiß ich. Es ist nicht fair."

Wein und Honig//Sehnsucht und Balsam//Lust und Leid/Von Versprechen und VerratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt