Kapitel 3.16: Irrationalität

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„Was?", erschrocken sah er sie an.
„Kannst du mir eine scheuern?", fragte sie umgangssprachlicher.
„Ich hab dich schon verstanden", er lachte ein wenig, „ich ohrfeige dich natürlich nicht...", er schüttelte den Kopf, „stehst du da etwa drauf?", schürzte die Lippen, um sich ein Lachen zu verkneifen.
Empört sah sie ihn an, er drehte sie leicht um und schlug ihr mittelstark auf den Po, sie lachte kopfschüttelnd, lehnte sich dann an ihn, „ich muss mich glaub ich wirklich bei ihm entschuldigen..."
„Aber erst morgen... heute Nacht bleibst du bei mir", schnurrte er, küsste über ihren Hals und strich ihre Haare zur Seite.
„Dann muss ich nachher wieder an seinem Raum vorbei...", sie seufzte, sah ihm fast schon ängstlich.
„Was schlägst du vor... dass ich dich abhole?", er zog eine Augenbraue nach oben.
„Würdest du das machen?", in ihren Augen blitzte Hoffnung auf.
Severus verdrehte die Augen, „Hermine... was wäre wohl schlimmer: wenn du an Blacks Raum vorbeigehst oder wenn irgendjemand uns beide nachts zusammen sieht?"
„Was ist wenn es heute wieder passiert?"
„Dann gehst du einfach vorbei, in Ordnung? Einfach... vorbei...", er machte eine Bewegung mit der Hand, die sie skeptisch aufsehen ließ.

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Einige Tage verlief alles problemlos, selbst das recht intime und familiäre Weihnachtsfest war eigentlich wirklich schön.
Severus, der Weihnachten hasste, vermied es in diesen Zeiten durch das Haus zu laufen oder den gemeinsamen Essen beizuwohnen, er wollte nichts damit zu tun haben, was Hermine durchaus traurig fand, aber in dieser Hinsicht ließ er sich nicht einmal durch ihr Bitten und Betteln umstimmen.
Hermine und Sirius versuchten nach anfänglichen Startschwierigkeiten normal miteinander umzugehen, was von Tag zu Tag besser klappte. Sirius war kein nachtragender Mann, zumindest nicht bei ihr und so rieb er ihr diesen Fehltritt auch kein einziges Mal unter die Nase.
Er wollte das alles vergessen, wollte sich wieder mit ihr und auch Remus, der immer noch vor einem kleinen Rätsel stand, warum alle sich an diesem Tag so merkwürdig verhalten hatten, vertragen.

Das klappte bis zum Silvester-Morgen auch ganz gut, bis das Leben wieder seinen Lauf nahm: Hermine suchte den ganzen Tag schon im Haus, Severus war einfach nicht auffindbar, die Weasleys waren ebenfalls weg, verwirrt lief sie weiter, suchte Zimmer für Zimmer ab, gelangte schließlich in das untere Kaminzimmer, in dem Sirius auf einem Sessel saß und wieder in das prasselnde Feuer starrte.
„Wo sind denn alle?", fragte sie, stand unschlüssig in der Tür, Sirius sah auf.
„Molly und Arthur sind mit den Kindern einkaufen für heute Abend... Remus und Tonks haben irgendeinen Auftrag von Albus bekommen und Schniefelus... keine Ahnung, ist mir eigentlich völlig egal wo er ist.", er schmunzelte leicht.
Ihr seid allein..., stellte die innere Stimme fest, was sie ein wenig nervös werden ließ, sie hatte keine Angst, dass Sirius über sie herfallen würde, sondern viel mehr, dass sie der Versuchung nicht widerstehen konnte noch einmal zu spannen, obwohl die Chance, dass er sich jetzt in dieser Situation wieder befriedigte völlig abwegig war.
„Und... wann kommen alle wieder?"
„In ein paar Stunden, Remus und Tonks wohl erst morgen oder übermorgen.", er zuckte mit den Schultern, sah wieder ins Feuer, stützte seinen Kopf auf der Hand ab, hörte, wie sie langsam weiter in den Raum kam und sich auf das Sofa neben seinem Sessel setzte.

„Ganz allein in diesem Haus... das ist irgendwie unheimlich.", entschuldigte sie, als müsste sie sich rechtfertigen, dass sie sich zu ihm gesetzt hatte.
„Man gewöhnt sich dran.", ein kleines schiefes Lächeln legte sich auf sein Gesicht.
Sie musterte ihn, er wirkte so ruhig, hatte offenbar überhaupt keine Ahnung wie sie sich fühlte oder fühlte er sich genauso und hatte einfach nur eine bessere Selbstkontrolle?
„Bist du sauer auf mich?", platzte es plötzlich aus ihr heraus.
„Nein, warum denn?", sein Blick wies ernsthafte Verwirrung auf.
„Weil...ich..", sie konnte nicht zu Ende sprechen, aber er wusste was sie meinte.
Er seufzte leicht, „ich dachte wir hatten das geklärt... irgendwie..", sie saß auf dem Sofa wie ein Häufchen Elend, „ich bin nicht sauer auf dich."
„Du hättest aber jeden Grund dazu", sie schob die Unterlippe weit nach vorne, die Augen füllten sich leicht mit Tränen.
„Du bist in einem Alter, in dem man ein wenig... konfus ist und man viele Dinge ausprobieren will und neugierig ist auf seinen und auch andere Körper... ich bin ja fast schon froh, dass du mir zugesehen hast und nicht Remus... der wäre vermutlich ausgewandert.", er schüttelte lachend den Kopf, stellte sich diese ulkige Situation vor.
Sie lachte gespielt, wirkte dabei ein wenig hysterisch, „was für eine Schnapsidee", auch wenn sie Severus genau dasselbe vorgeschlagen hatte.
„Das kannst du laut sagen", er lachte weiter.
„Würde Remus sowas machen?", das Lachen verebbte langsam.

„Wieso? Willst du den auch beobachten?", er verkniff sich ein Grinsen, merkte aber schnell, dass sie das Ganze gar nicht witzig fand, „Zu früh?"
„Das wird mir ewig nachhängen...", sie seufzte, stützte die Ellenbogen auf den Knien ab und vergrub ihren Kopf in den Händen.
„Oder nachstehen...", er lachte laut.
Sie ließ sich weit in das Polster sinken, musterte ihn, er hatte wirklich seinen Spaß daran sie aufzuziehen, es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er sie straflos davon kommen lassen hätte.
„Du bist schuld!", protestierte sie.
„Ich? Warum?"
„Warum musst du auch so... ansprechend stöhnen und dich anfassen?", schmollte sie.
„Entschuldigung, dass ich in meinem Haus der Selbstbefriedigung fröne... ", er hob die Hände nach oben, lachte ein wenig und schüttelte den Kopf, was Hermine unkommentiert so stehen ließ.

„Denkst du oft daran?", fragte er nach einer Weile.
„Wenn ich nein sage würde ich lügen... ich will daran nicht denken.", unsicher sah sie zu ihm, „Obwohl es mir wirklich... zugesagt hat."
„Hast du überlegt... reinzukommen?", er stützte sein Kinn auf der Hand ab, verdeckte seinen Mund, seine Augen sprühten vor Neugier.

Hatte sie überlegt sein Zimmer zu betreten?

Sie erinnerte sich an den Abend, an das Gefühl, welches sie dabei empfunden hatte, wenn sie wirklich ehrlich war hätte sie ihn gerne näher betrachtet, ihn vielleicht sogar angefasst?
Sie nahm einen tiefen Atemzug, „ich hätte mich nicht getraut.", was nur die halbe Wahrheit war, sie wollte Severus natürlich ebenfalls nicht betrügen, aber das konnte sie ihm nicht sagen.
„Aber vom Gefühl her wolltest du es?", er setzte sich aufrechter hin, dieses Gespräch war gerade so irrational und aufregend, dass er kaum genug davon bekam.
Beschämt nickte sie, was ihn verrucht lächeln ließ.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du so an und über mich denkst...", fuhr er fort.
„Behalte das bitte für dich."
„Alles bleibt unter uns", versprach er aufrichtig, „das würde mir sowieso niemand glauben", lachte wieder ein wenig.
„Hast du nie solche Gedanken?", sie konnte und wollte nicht glauben, dass nur sie solche unmoralischen Gedanken hatte.

Sein Blick flog ausgiebig über sie, er sah über ihre Beine, sie hatte sich mittlerweile in einem Schneidersitz auf die Couch gesetzt, die Finger spielten leicht nervös an der Hose, ihre Brust hob und senkte sich recht schnell, lenkten seine Augen auf ihre Oberweite, auf ihr Dekolleté, ihren Hals. Trotz der Nervosität sah sie ihn genauso interessiert an wie er sie.
„Ich kann darüber mit dir nicht reden, Hermine", er brach den Blickkontakt ab, nahm einen tiefen Atemzug.
Er war der Erwachsene, der Verantwortliche, sie war nicht einmal volljährig. Wenn er mit diesem Feuer spielen würde, würde er sich furchtbar die Finger verbrennen.
Sirius stand auf, musterte sie nochmal und verließ dann mit gemischten Gefühlen den Raum, Hermine sah ihm verwirrt nach.
Was war denn hier gerade passiert?
Warum war es alles immer so furchtbar kompliziert?
Warum ließ sie sich immer wieder auf solche Gespräche und Situationen mit ihm ein?

Am Abend trudelten die Weasleys und Harry wieder ein, Remus und Tonks blieben tatsächlich weiterhin verschwunden, genau wie Severus.
Es war Silvester, eigentlich hatte Hermine die Hoffnung, dass sie die Nacht und vor allem den Jahresbeginn mit ihm zusammenverbringen würde.

Fred und George stibitzten einen vollmundigen Wein, drückten Harry, Ron und Hermine ein kleines Glas in die Hand, Ginny bekam nur Saft, Arthur und Molly waren zu sehr mit Sirius im Gespräch, als dass sie irgendetwas davon mitbekamen.
Hermine sah immer wieder zum Hausbesitzer, der irgendwie sehr geknickt wirkte.
Er hörte nur halbherzig zu, das sonst so charmante Lächeln war nur ein gespielten Mundwinkelziehen, er strahlte Unmut aus.
Das neue Jahr wurde durch explodierende Raketen und Jubeln eingeläutet, alle Anwesenden prosteten sich zu, nahmen sich in die Arme und schmiedeten Pläne für die kommenden 12 Monate.

Wein und Honig//Sehnsucht und Balsam//Lust und Leid/Von Versprechen und VerratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt