Kapitel 3.19: Leid

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Dumbledore und der Orden brachten, nach dem Verschwinden von Voldemort, die verstörten Schüler zurück ins Schloss, er wollte mit Harry reden, ihm die Trauer, die Schuld und den Schock nehmen.
Hermine, Ron, Neville, Ginny und Luna saßen im Raum der Wünsche, versuchten zu verstehen, was passiert war, aber keiner der Freunde war dazu irgendwie im Stande.

Hermine fühlte sich elendig, Sirius' Tod ging ihr furchtbar nah, sie hätte alles dafür gegeben Schutz bei Severus zu suchen, aber ihn in diesen letzten Tagen allein zu sprechen gestaltete sich als fast unmöglich.
Sie würde nie mehr den Grimmauld Place betreten, das stand für sie fest, auch wenn Harry nun der Besitzer war.
Der einzige Ort, an dem Hermine und Severus sich sehen konnten war Vergangenheit, gestorben mit seinem einstigen Hausbesitzer und die Erinnerungen an diese eine Nacht würde für immer auf ihr lasten.

Kurz bevor das Jahr endete suchte Hermine Severus auf, sie ging in die Kerker, es war ihr völlig egal ob sie von Slytherins gesehen wurde, sie musste mit ihm reden. Sie musste Trost suchen und hoffentlich bei ihm finden.
Er rauschte gerade aus seinen Räumen, seine Anspannung war ebenso greifbar, er fühlte sich, obwohl Black und er sich nie verstanden hatten, merkwürdiger Weise schlecht, zum Teil schuldig, dass Black die Information, die Severus Dumbledore hatte zukommen lassen gehört und auf eigene Faust gehandelt hatte.
Black konnte sie nie an Regeln halten und nun forderte dieses Nicht-Einhalten sein Leben.
Eine weiche Stimme riss ihn aus seinen ebenso quälenden Gedanken, von denen er niemals gedacht hatte, dass er sie denken würde, „Severus."

Es war Hermine ebenso egal, ob sie Ärger bekommen würde, ob jemand sie hörte, sie musste ihn sehen und vor allem mit ihm reden.
Die Ungewissheit wann sie sich wiedersehen würden, wenn nicht in Hogwarts, machten ihr schwer zu schaffen, „können wir reden?", ihr trauriger Blick fraß ein Loch in seinen Magen, er nickte nur schwach.
Er ließ sie in seine Räume, schloss die Tür und nahm sie direkt in die Arme, „es tut mir leid", flüsterte er, „es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war."
Dumbledore gab ihm die strikte Anweisung, dass er in Hogwarts bleiben sollte, auch wenn er nichts mehr gewollt hätte, als ihnen zu folgen und Hermine zu beschützen.
Er wusste, dass die Todesser Harry nicht töten oder verletzen würde, dazu war er zu wertvoll für Voldemort, aber alle anderen wären, zum Abschuss freigegebene, Ziele.

„Er fehlt mir", sie schluchzte leise, versuchte sich noch so weit es ihr möglich war zu beherrschen, „er ist einfach weg...", hauchte sie, „er ist nicht nur tot, er hat einfach aufgehört zu existieren.", das war für Hermine das Schlimmste an seinem Tod, dass nicht einmal ein Körper da war, den sie betrauern konnte, keine Gebeine, die seine Existenz bezeugten.
Harry hatte nur dieses eine Foto von ihm, vom ersten Orden des Phönix, dessen Mitglieder nach und nach von der Bildfläche des Lebens verschwanden.
Die Tränen liefen pausenlos an ihren Wangen entlang.
Schon Cedrics Tod hatte ihr verdeutlicht, dass Voldemort keine Scherze machte, aber durch Sirius merkte sie, dass das Ende bedrohlich nah an ihnen war und der Wahnsinn, den Voldemort verbreitete, sogar Familien befiel und verseuchte.
„Wie konnte sie das machen?", fragte sie fassungslos.
„Bellatrix war nicht ohne Grund jahrelang in Askaban... sie ist wahnsinnig... du solltest dich wirklich vor ihr in Acht nehmen.", sagte er ernst, löste sich von ihr, strich die Tränenspur von ihren Wangen.
„Und mit diesen Leuten bist du zusammen", die Angst, dass ihm etwas zustoßen könnte wuchs ins Unermessliche, was wäre ein Todesser-Kumpane im Vergleich zum eigenen Cousin.
Wer garantierte irgendwem, dass sie sich nicht irgendwann selbst zerfleischen würden, wie verschiedene Schlangenarten, was weiter in das Bild passte?

„Manche halten mich für schlimmer als Bellatrix", sagte er dunkel, Hermine schluckte, sie musterte ihn.
„Hättest du Sirius getötet?", diese Frage ploppte mit einem Mal in ihrem Geist auf, konnte er jemanden töten?
Vor allem jemanden den er kannte, auch wenn er ihn nicht besonders mochte?
„Sowas darfst du mich nicht fragen", ein unbeschreiblicher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht.
Sie schluckte, ließ ihn langsam los, „du hättest ihn getötet? Harrys Paten? Sein letztes Familienmitglied?", das konnte und wollte sie nicht glauben.

„Hermine. Das ist alles nicht so einfach, das ist keine Frage, die ich so beantworten kann...", er lief nervös in seinen Räumen auf und ab.
„Ja oder nein?"
„Hätte der Dunkle Lord es mir aufgetragen hätte ich es tun müssen.", sagte er barsch, musterte sie, sie brach erneut in Tränen aus, „Du darfst mich so etwas nicht fragen...", wiederholte er leiser, wirkte dabei ebenso todtraurig wie sie.
„Er könnte dir auch auftragen mich zu töten oder Ron... oder Harry zu ihm zu bringen", sie redete sich in Rage und Paranoia.
Er schüttelte den Kopf, „der Dunkle Lord weiß, dass Dumbledore das nicht zulassen würde."
Für Hermine war das die falsche Antwort, er versicherte ihr nicht, dass er ihr nie ein Haar krümmen würde, sondern dass Dumbledore es nicht zulassen würde.
Fassungslos stürmte sie aus seinen Räumen, dieses Gespräch war zu viel.

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Trotz allem fand Harry einen Weg an seiner Hoffnung und seiner unerschütterlichen Zuversicht festzuhalten, er redete sich immer wieder ein, dass Sirius nicht gewollt hätte, dass er jetzt aufgab, er musste kämpfen.
Für seine Eltern.
Für Sirius.
Für alle, die seinetwegen irgendwie den Tod fanden und vor allem für sich selbst.

Die Zugfahrt war still und dröhnend, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und nach Stunden kamen sie in London am Bahnhof Kings Cross an, wurden von ihren Eltern oder Verwandten abgeholt. Nur Harry war alleine, er wurde von Tonks und Remus zu den Dursleys gebracht, nachdem sie sich schweren Herzens voneinander verabschiedet hatten.

Zuhause angekommen warf Hermine sich in die Arme ihrer Mutter, ließ ihrer Trauer freien Lauf.
„Was ist denn passiert, Schatz?", Mrs Granger strich ihr behutsam über den Rücken.
„Sirius ist tot", schluchzte sie.
„Harrys Patenonkel?", der Schock saß tief, Hermine nickte nur, Jean Granger wusste, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, um zu fragen wie er zu Tode kam und vor allem nicht der richtige Zeitpunkt, um ihre Sorge zu äußern, dass nun offenbar jedes Jahr in Hogwarts jemand zu sterben schien.

Hermine verkroch sich in ihrem Zimmer, sie kam zum Essen heraus, saß dann wie ein Zombie auf dem Stuhl und stocherte mit einem abwesenden Blick auf ihrem Teller herum.
Nichts fühlte sich irgendwie mehr richtig an, sie konnte nicht aufhören an Sirius zu denken, konnte nicht aufhören daran zu denken wie sehr sie ihn vermisste, hatte aber zeitgleich immer noch ein schlechtes Gewissen wegen der Silvester-Nacht, von der sie Severus natürlich nichts erzählt hatte.
Es war ein wohlgehütetes Geheimnis zwischen ihr und Harrys Paten, welches er nun mit ins Grab genommen hatte.
Sie vermisste Severus, sie wünschte sich die Ferien zurück, wünschte sich Frankreich zurück, wünschte sich den Abend im Dorf zurück, an dem das alles ins Rollen geriet.

Ein paar Tage später, es war schon recht spät und durch ein aufziehendes Gewitter dunkel geworden, klopfte es an der Tür der Grangers.
Mrs Granger öffnete die Tür, stand einem in schwarz gekleideten Mann gegenüber, „Professor Snape"
„Guten Abend Mrs Granger, ist Ihre Tochter zu sprechen?"

....Fortsetzung folgt....

Wein und Honig//Sehnsucht und Balsam//Lust und Leid/Von Versprechen und VerratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt