Kapitel 1: Auf dem Markt

2.1K 66 38
                                    


Käse, Trauben, Wein, Gewürze aller Art, frische und getrocknete, frisch gefangener Fisch mit einem Hauch von Meersalz; Hermine liebte die französischen Märkte, besonders diesen, der jeden Dienstag auf der großen Fläche vor dem Rathaus der französischen Kleinstadt aufgebaut wurde.
Dieser Ort zog sie jedes Mal ein wenig aus der stressigen und gefährlichen Welt der Zauberer heraus, gab ihr das Gefühl normal zu sein, eine normale junge Frau, kein Teil des Goldenen Trios.
„Hermine, ma Cherie!", eine ältere Dame erkannte das Mädchen mit den sanften braunen Locken und den noch sanfteren rehbraunen Augen, winkte sie zu sich, „wie schön dich wiederzusehen, du bist so groß geworden", herzlich schloss sie Hermine in die Arme, drückte sie zu sich.
Hermine erwiderte die herzliche Umarmung, sie konnte einen Hauch von Chanel No.5 ausmachen und lächelte.
„Ich freue mich auch dich zu sehen Gabrielle", sie löste sich langsam, musterte die Frau, die sich nie zu verändern schien.
„Du hast viel erlebt, mal wieder...", stellte die Französin traurig fest, „jedes Jahr wenn du kommst erzählt dein Gesicht eine weitere Geschichte."
„Es wird nie langweilig in England.", Hermine schmunzelte traurig, dachte still und heimlich darüber nach, was im letzten Schuljahr passiert war.

Das Trimagische Turnier, Cedric Diggorys Tod, Voldemorts Rückkehr.
Es war wirklich kein gutes Jahr gewesen, umso mehr freute sie sich, dass sie aus dieser bedrückenden Umgebung herauskam. Frankreich war seit jeher ihr Zufluchtsort gewesen, ihre Eltern reisten, seit sie ein kleines Kind war, in diesen Ort, sie besaßen ein kleines Haus in einem abgelegeneren Teil des Ortes, nicht weit von den Klippen und dem rauschenden Meer entfernt.

„Was hast du Schönes?", fragte Hermine, sie wollte nicht weiter darüber nachdenken.
„Ich habe heute Morgen frische Weintrauben bekommen, nimm dir so viele wie du willst, für deinen Vater hab ich einen guten Chardonnay", Gabrielle kniff ihr leicht in die Wange, ging dann hinter ihren Stand, holte die Flasche Wein aus einer Kiste, zog einen Leinen-Jutebeutel heraus und verstaute die Flasche darin, drückte sie Hermine in die Hand, die währenddessen die süßen Trauben probierte.
„Die sind wirklich gut", sagte sie, verstaute eine Handvoll Trauben in einer separaten kleineren Tasche.
„Es war eine gute Ernte", Gabrielle lächelte, schob Hermine dann weiter, „du solltest noch zu Simon gehen, er hat heute den Lieblingskäse deiner Mutter"
„Danke für den Tipp", Hermine lachte und lief entspannt weiter, die Franzosen waren einfach so viel offener und entschleunigt, sie liebte es hier, alle waren so herzlich und unkompliziert.
„Simon!", sie erreichte seinen Stand, der Mann um die 40 küsste sie rechts und links auf die Wangen, ließ seinen Blick über sie gleiten, „Hermine, du wirst immer schöner, wie eine Blume"
Franzosen, dachte sie, immer ein Kompliment auf den Lippen, sie lachte, errötete etwas, „Gabrielle sagte du hättest Mums Lieblingskäse"
„Oui, er ist wirklich ausgezeichnet, ich hol ihn dir, warte kurz", Simon nahm ihre Hand und gab ihr einen Handkuss, verschwand dann für einige Minuten.

Hermine sah sich um, nahm einen tiefen Atemzug, sie fühlte sich bereits jetzt sehr viel besser, besah sich den Markt während sie wartete, ihre Augen zogen über die verschiedenen Menschen, die den Markt besuchten und blieben an einem bestimmten Mann hängen.
Groß, recht breite Schultern, schwarze Haare, schwarzer Gehrock, sie schluckte, das konnte nicht sein, er konnte nicht hier sein, was wäre das für ein unglaublicher Zufall?
Der Mann drehte sich langsam herum, Hermines Herz rutschte ihr in die Hose, er war es, die dunklen, fast schwarzen Augen, die charakteristische Nase, die geschwungenen Lippen, die merkwürdigerweise nicht zu einem erbosten Strich verzogen waren, sondern zu einem leichten Lächeln. Panisch drehte sie sich zum Stand zurück, sie schloss die Augen, dein Verstand spielt dir Streiche, er ist nicht hier, er kann gar nicht hier sein... du siehst schon Gespenster, Severus Snape in einem kleinen Ort der Normandie? Welche bösen Kräfte wären in diesem Fall am Werk?, sie schüttelte den Kopf, atmete einige Male nochmal durch, er war nicht hier, nein.
„So, da haben wir ihn", Simon kam zurück, hielt ein großes Käsestück, eingepackt in dem typischen Papier, verstaute ihn in der Leinentasche neben den Wein, „was ist los? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.", er lachte leicht.

Sie sah sich noch einmal um, panisch flogen ihre Augen über die Stelle, an der sie den Zaubertränkeprofessor gerade gesehen hatte, aber da war niemand, verwirrt drehte sie sich zu Simon zurück, „vielleicht sollte ich nachher auch einen Schluck von dem Wein nehmen...", sagte sie leise, ein erleichtertes Lachen drang aus ihrem Mund.
„Heute Abend ist ein kleines Fest mit sehr viel gutem Wein, du bist herzlich eingeladen", Simon suchte einen Flyer und hielt ihn ihr hin, sie nickte, „dann bis heute Abend."
„Au revoir", Simon wandte sich wieder seinem Stand zu, Hermine lief schnell durch die Menschenmasse, nahm die kleinen schönen Gassen aus der Stadtmitte heraus und lief einen kleinen Trampelpfad eine ganze Weile zurück zum Haus.
Ihre Eltern saßen im Garten, genossen die wärmende Sonne auf ihrer Haut, „Mum?"
„Draußen", gab Jean Granger freundlich zurück, Hermine lief durch das kleine Haus, es verströmte einen ganze eigenen Charme, es war so ganz anders als ihr Haus in England, irgendwie sehr viel chaotischer und trotzdem sehr gemütlich.
Als sie auf die Terrasse kam, begrüßte sie ihre Eltern, umarmte sie und stellte die Tasche mit dem Wein, dem Käse und den Trauben auf den Tisch.
„Gabrielle und Simon haben für euch nur das Beste rausgerückt", sie lachte, packte die Mitbringsel aus.
Mrs. Granger roch entzückt an dem Käse, Mr. Granger besah sich die große Flasche Chardonnay, „ich liebe Frankreich"
Hermine lachte, „Simon hat mich für heute Abend zu einem kleinen Fest eingeladen, ich darf doch hin, oder?", sie zog den Flyer aus der Tasche, drückte ihn ihrer Mutter in die Hand, die ihn ausführlich studierte und dann ihrem Mann reichte.
„Du darfst natürlich hin.", ihre Mutter nickte, „Aber komm bitte wieder nachhause."
„Natürlich komme ich nachhause", Hermine sah sie fragend an.
„Ich mag Simon wirklich, aber er ist so... amourös.", Jean sah besorgt zu ihrem Mann, welcher ihr zustimmte, „ein typischer Franzose."

„Mum!", protestierte Hermine, „doch nicht mit Simon...", sie schüttelte den Kopf und flüchtete ins Haus, wollte dem Gespräch ausweichen, was früher oder später auf jedes Kind wartete, die Aufklärung.
Die Sorge ist eigentlich berechtigt... du weißt doch genauso gut wie sie, wie Simon ist... er hat gerne junge Frauen um sich, ihre innere Stimme meldete sich zu Wort, ja Simon war, freundlich ausgedrückt, ein Schürzenjäger und so wie er sie gerade angeguckt hatte, könnte Hermine in diesem Jahr das Objekt seiner Begierde sein.

Sie lief in ihr Zimmer unter dem Dach, öffnete das Fenster an der Schräge und blickte auf das Meer, die Sonne erhellte das Dunkelblau des Meeres, schien es förmlich zu streicheln und zu beruhigen, ein warmer Wind flog durch die Welt und nun auch in ihr Zimmer, sie ließ sich auf ihr Bett sinken, sah in den Himmel, der sich über ihr ausstreckte.
Sie dachte über Simon nach, für sein Alter sah er recht gut aus, sie war fast 16, hatte bisher nur einen mehr oder weniger guten Kuss mit Viktor Krum erlebt, vielleicht war es an der Zeit ein wenig mehr zu erleben.
Sie vermutete, dass sie in Hogwarts nicht zu der Chance kommen würde, dort trug sie andere Rollen, beste Freundin von Harry Potter, Musterschülerin von Hogwarts, moralische Richtlinie. Sie konnte nicht so offen erkunden wie Ginny oder Pansy, niemand würde das von ihr erwarten und das Gerede wäre ziemlich groß, etwas, worauf Hermine absolut keine Lust hatte.
Aber hier in Frankreich, wo niemand sie kannte wie in England, könnte sie vielleicht die eine oder andere Erfahrung sammeln. Ob es jetzt Simon war oder nicht, spielte im Grunde keine große Rolle.
Ein Kuss wird schon nicht so schlimm sein, dachte sie, und wenn die Stimmung durch den Wein gelockert ist wird alles ganz einfach, sie lachte leicht bei diesen Plänen, stellte dann den CD-Player an und hörte der Musik zu, schlummerte langsam in weniger unschuldige Träume.

Wein und Honig//Sehnsucht und Balsam//Lust und Leid/Von Versprechen und VerratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt