Kapitel 4.18: Wildheit

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Gott, Hermine, was machst du bloß?, jammerte die Kopfstimme, sie war vollkommen durcheinander, sie fühlte sich in die Silvesternacht zurückversetzt, als sie einfach jemanden brauchte, der für sie da war.
Aber Remus war nicht Sirius, er war vergeben, eigentlich sogar glücklich vergeben.
Er würde nicht mit ihr schlafen und das war auch gut so.
Vermutlich würde er danach Hals über Kopf den Tropfenden Kessel verlassen, würde Dumbledore darüber informieren, dass Hermine dort nächtigte, dann zu Tonks und ihr seinen unverschuldeten Fehltritt beichten.
Tonks würde ihr den Kopf abreißen, sie wäre fuchsteufelswild, würde Molly und Arthur ebenfalls einweihen und dann wäre sie gänzlich allein in der Welt.

Remus, neben ihr, hatte mit seinen eigenen Schuldgefühlen zu kämpfen, er hätte gar nicht mit auf ihr Zimmer kommen dürfen, er hätte nicht so neben ihr im Bett sitzen dürfen, er hätte gar nicht so viel trinken dürfen.
Auf der anderen Seite war alles an diesem Abend und vor allem diesem Gespräch so aufregend und verboten, dass es irgendetwas in ihm geweckt hatte, was schon lange tief in ihm schlummerte und beinahe vergessen war.
In ihm kämpfte die gute und die böse Seite miteinander, die gute, moralische Seite forderte, dass er sofort das Zimmer verlassen und zu Tonks zurückgehen sollte, die böse, das Tier in ihm, forderte dort zu bleiben und herauszufinden, was noch passieren würde.
Für gefühlte Stunden saß er einfach nur da, Hermine hatte sich mittlerweile zusammengezogen wie ein Fötus und bewegte sich kein Stück mehr, sie war in ihrem eigenen Schuld-Limbus gefangen.

Remus legte sich ebenfalls ins Bett, strich sich seufzend über das Gesicht, er spürte ihr schlechtes Gewissen, dass sie wieder einmal sehr verwirrt war, obwohl er nicht genau wusste, warum diese Grund-Verwirrung bestand, irgendetwas schien sie sehr zu belasten.
So sehr, dass sie sogar aus Hogwarts flüchtete, sich betrank und bei ihm Trost suchte.
„Es tut mir leid, Remus... ich bin einfach nicht ich im Moment.", flüsterte sie, „Es ist so viel passiert..."
„Ich kenne das Gefühl...nicht man selbst zu sein.", er konnte nicht böse sein, sie war ein Opfer ihrer Emotionen, wer könnte das besser nachvollziehen, als er?
„Ich vermute, wenn du Tonks davon erzählst wird sie mich hassen", sie lachte bitter auf.
„Nicht wegen eines Kuss-Versuchs", Remus schmunzelte, auch wenn Tonks zeitweise sehr impulsiv und einnehmend war, sie war ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt, „außerdem werde ich ihr nichts erzählen... das bleibt unter uns.", versprach er, er wollte Hermine nicht unnötig Steine in den Weg legen.
Langsam traurig blickend drehte sie sich zu ihm, er lag so nah neben ihr, dass sie mit der Schulter und dem Bein an ihm lag, sah über ihn, „es tut mir wirklich leid", sagte sie nochmal, drehte ihre Stirn an seine Schulter und schüttelte leicht den Kopf.
„Es ist in Ordnung...", beruhigte er sie, lehnte die Stirn an ihre, gab ihr einen kleinen Kuss auf eben diese.
Hermine drehte sich währenddessen weiter zu ihm, krallte sich an sein Hemd, schloss verzweifelt die Augen, suchte dann wieder seine Lippen, um sie mit ihren zu verschließen, was er im ersten Moment erwiderte, sich aber kurz danach schnell löste.
„Es tut mir...so leid", flüsterte sie, nahm tiefe schnelle Atemzüge, als würde sie in eine kleine Panikattacke rutschen, dann ging alles ganz schnell.

Remus lehnte sich zu ihr, küsste sie erneut, nahm ihr die Schuld, die eigentlich auch er gefühlt hätte, wenn da nicht der Alkohol und vor allem der aufziehende Vollmond wäre.
Genau diesen Vollmond spürte sie in ihm, er war animalisch, keine einfache Leidenschaft, es war die pure Gier sie zu schmecken, zu küssen und zu spüren.
Sein Bart kitzelte über ihr Kinn, sie vergrub eine Hand in seinen Haaren, zog ihn näher zu sich, es schien, dass sie ebenfalls in einen Rausch verfiel.
Mit einem fieberhaften Blick löste er sich von ihr, seine Finger legten sich an ihrem Hals, schlossen sich um ihren Kiefer, drückten ihn zu sich und küsste wieder über ihre Lippen, hielt ihre Unterlippe mit den Zähnen fest und zog sie ein wenig zu sich wie ein wilder, ausgehungerter Wolf.
Seine Hand glitt über ihren Hals runter zu ihren Brüsten, jede Berührung elektrisierte sie, verschleierte ihr Gehirn, ließen sie nicht an Konsequenzen oder Probleme denken, es war der pure Himmel.

Wein und Honig//Sehnsucht und Balsam//Lust und Leid/Von Versprechen und VerratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt