𝟒𝟓

353 31 2
                                    

𝐚𝐥𝐞𝐱𝐢𝐬
┍━━━━━━━━━━━༺❁ུ۪۪⸙༻━━┑

,,Liebst du mich gar nicht?", kommt es zwischen meinen weinerlichen Lauten flüsternd aus meinem Mund. Schwach und hauchdünn hört sich meine Stimme an, während ich mit zusammengekniffenen Augen meine Hände in die kurzen Fransen des Teppichs kralle. Der Angesprochene seufzt laut hörbar und steht auf. Langsam kommt er auf mich zu und kniet sich neben mich. Meinen Kopf zieht er auf seinen warmen Schoß und streicht mit einem tadelnden Laut durch meine Haare. Wimmernd packe ich nach seinen Oberschenkel und durchtränke nach und nach den edlen Stoff mit meinen Tränen. ,,Muss ich dir erst mit den Tod drohen, damit du wieder mit dir redest, mh.", haucht er leise, nicht mehr kalt und bedrohlich. Ganz vorsichtig fährt er nun auch über meinen Rücken. ,,Alexis, zweifel niemals meine Liebe zu dir an.", beantwortet er dann mehr oder weniger meine Frage, doch das lässt mich gleich noch mehr weinen. Warum muss er dann so grausam sein? Warum kann er mich nicht wie ein normaler Mensch lieben? Ich habe das doch gar nicht verdient!

,,Ich liebe dich, Alex, mehr als alles andere auf dieser Welt.", flüstert er leise, ,,Aber du musst verstehen, dass die Liebe in meinrn Geschäften eine andere Bedeutung hat. Niemals würde ich zulassen, dass dir jemand etwas tut. Nur ich... Nur ich muss im Notfall meine Hand an dich legen." Aber ich verstehe gar nichts! Nichts von dem was hier passiert! Warum er so zu mir ist, wie er ist. Warum er es sein muss.

,,Willst du nun doch nicht mehr mit mir sprechen?", seufzt er. Seine warme, aber befremdliche Hand legt sich auf meine nasse Wange. ,,Mein Schatz, ich weiß, dass du mich auch liebst. Warum machen wir nicht einfach so weiter, wie am Anfang. Wie glücklich du warst.", weckt er meine Erinnerungen, doch bevor diese ganzen Bilder mein inneres Augen erreichen schüttel ich meinen Kopf. ,,Du hast mich belogen.", hauche ich verletzt. ,,Das wirfst du mir vor?", fragt er und klingt beinahe geschockt. Natürlich! Wie könnte ich es ihm nicht vorwerfen?! ,,Baby, hätte ich dir etwa von Anfang an sagen sollen, dass ich dich entführt habe? Was meinst du, wie das geendet hätte, mh?", fragt er weiter. Seine langen Finger gehen wieder zwischen meine Haare. Seine Fragen sind unfassbar absurd und trotzdem beruhigt mich seine sanfte Stimmlage. Ja er hat recht, ich liebe ihn.

Ich liebe ihn, obwohl er mich entführt und belogen hat.
Ich liebe ihn, obwohl er mir meine Familie und Freunde verschwiegen und sie mit Absicht von mir ferngehalten hat.
Ich liebe ihn, obwohl er so kalt zu mir ist, wenn ich nicht nach seiner Nase tanze.
Ich liebe ihn, obwohl er mir mit dem Tod gedroht hat.
Ich liebe ihn, obwohl er er ist.

Schliefend und mit zitternden Gliedern richte ich mich halbwegs auf und streiche die brennenden Tränen aus meinen Gesicht, sodass ich wenigstens für einen Moment von ihnen befreit sind, bevor sie meine gereizte Haut wieder benetzen. ,,Alexis, du musst dich beruhigen.", haucht Étienne leise. Ungläubig sehe ich ihn an. Mich beruhigen? Nachdem er mir eine Waffe in den Mund gesteckt hat und die Situation dann klein redet? ,,I-Ich will nicht mehr.", hauche ich unüberlegt. Meinen tue ich mein Leiden. Ich kann nicht mehr, fühle mich kraftlos und ausgelaugt, aber sterben will ich wirklich nicht. Étienne scheint zu verstehen. Vorsichtig zieht er mich auf die Beine, während er selbst aufsteht und mich dann hochhebt.

,,Wir können Urlaub machen. Du hattest doch ein paar Orte rausgesucht, nicht wahr?", sagt er leise. Wir kommen in seinem Badezimmer an. Er scheint doch nicht zu verstehen.

Vorsichtig lässt er mich auf dem Waschtisch ab. Kaum zu glauben, was er mir vor wenigen Augenblicken gedroht hat.

,,Étienne, lass mich meine Familie treffen.", flehe ich leise. Ich kann mich immer noch nur bruchstückhaft an sie erinnern, genauso wie wie Jason, aber ich will sie zumindest einmal gesehen haben. ,,Nein.", antwortet er leise. Sich leise räuspernd schaltet er das Wasser der Badewanne ein und dreht sich dann zu mich. ,,Bitte." ,,Nein, Alexis.", schüttelt er den Kopf, ,,So einfach geht das nicht." Er seufzt und streicht vorsichtig über meine Oberschenkel. Pure Enttäuschung überkommt mich und kläglich versuche ich den dicken Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken. ,,Du wolltest vor ein paar Stunden von hier abhauen, denkst du, ich kann dich jetzt einfach da raus und dich diese Leute treffen lassen?", fragt er leise und hebt meinen Kopf mit zwei Fingern an. ,,Bitte.", wiederhole ich mich krächzend, doch er tritt wortlos einen Schritt zurück und fährt sich durch die Haare. Er schüttelt den Kopf, so leicht, dass ich es kaum sehe.

,,Ich finde heraus, wo sie sind, okey? Wir sehen sie – aus dem Auto heraus. Du wirst sie nicht treffen." ,,Heute?", rufe ich aufgeregt und spüre einen neuen Funken in meinem Körper. Ich darf sie sehen. Nicht treffen und mit ihnen reden, aber sie sehen! Vielleicht ergeben diese Bruchstücke in meinem Kopf dann endlich ein ganzes Bild!

,,Morgen.", speist er mich ab, ,,Sei froh, dass ich dir überhaupt etwas erlaube." Ich nicke sachte. Ja, ich habe ihn immerhin enttäuscht, als ich abhauen wollte – ach was, ich sollte kein schlechtes Gewissen haben! Er sollte eins haben! Bei allem was er macht!

,,Zieh dich schon mal aus.", raunt er leise und greift mit einer geschickten Handbewegung in das offene Regal, aus dem er einen Badeschaum holt und diesen in die, sich noch mit Wasser füllende, Wanne fließen lässt. ,,Wenn du fertig gebadet bist, isst du etwas.", sagt er dann, während ich mich langsam aus meiner Kleidung schäle. Unachtsam landen meine Klamotten auf den Boden sinken und setze mich unsicher auf den Wannenrand. Es ist etwas unangenehm, so splitterfasernackt vor ihm zu sitzen, doch er kennt den Anblick bereits und so kann ich immerhin die knallroten Wangen vermeiden. ,,Wohin gehst du?" ,,Salon - Allis und González sind noch hier.", sagt er leise und tätschelt meinen Kopf kurz so, als wäre ich ein braver Hund.

Er lässt mich jetzt wirklich einfach so alleine?

┕━━━━━━━━━━━༺❁ུ۪۪⸙༻━━┙

i love you, remember? ❦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt