𝟔𝟓

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𝐞́𝐭𝐢𝐞𝐧𝐧𝐞
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Genervt stöhnend bahne ich mir einen Weg durch die Menschenmassen am Plaza. Eigentlich sollte ich schon vor einer halben Stunde am Hafen sein und mir eines der neuen Containerschiffe ansehen. Bessere, qualitativ hochwertigere Sicherungen und vieles anderes soll mit gezeigt werden, bevor ich es für den Transport absegne. Unser letzter Geschäftspartner konnte seine Versprechen nicht einhalten und damit das nicht nochmal passiert, bin ich nun eben persönlich hier. Morgen geht es mit verschiedenen Geländewagen weiter – ich befürchte fast ich werde auch in den folgenden Tagen mein Frühstück verpassen, wenn das mit den Terminen so weiter geht. Es ist schon fast elf Uhr und bis auf ein Espresso ist bis jetzt noch nichts in meinem magen gelandet. Ziemlich blöd.

,,Hallo.", sage ich leise und richte die Ärmel meines Hemdes nochmal, bevor ich den kleinen, etwas dickeren Mann begrüße. ,,Guten Tag Mister Bonnet.", lächelt er nervös und streckt mir seinen Hand entgegen. ,,Ich entschuldige mich für meine Verspätung. Sie kennen ja die Menschen hier.", räusper ich mich leise und laufe weiter zum Steg voran. Das große Schiff ist kaum zu übersehen, genauso wenig wie die riesige Yacht, auf der ich die restlichen Tage verbringen werde. Mein Gepäck sollte noch gebracht werden. Lieber hätte ich Alex an meiner Seite, anstelle der unfassbar teuren Designermode und unnötigen Geschenke, bloß um eine gute Bindung aufzubauen. Meine Leute will man zwar nicht als Feind haben, aber dieses scheinheilige Getue ist auf Dauer wirklich anstrengend.

Ohne weitere Zeit zu verschwenden betrete ich das Containerschiff und betrachte den Frachtraum. Die restlichen Männer schwärmen aus. ,,Infos?" ,,2020er Model, höchste Sicherheitsstufe, zweifach abgesicherter Notfallfunk und bei Bedarf kann es natürlich auch von jeglichen Radaren verschwinden." ,,Mh–hm. Ladewicht?" ,,Maximal 100.000 Tonnen.", sagt er schnell. Ich nicke zufrieden. Das ist mehr als genug. ,,Kosten?" ,,50 Millionen pro Stück, aber natürlich könnten wir noch... verhandeln, wenn sie wissen–" ,,Ich vertreibe keine Huren.", sage ich schnell und ziehe fragend meine Augenbrauen hoch, ,,Gibt es Gerüchte?" ,,Sie wurden wohl mit einem süßen Jungen gesichtet, da dachten meine Männer–" ,,Ihre Männer denken falsch!", knurre ich laut und baue mich sauer vor ihm auf. Der einzige Junge in meinem Leben ist Alex und wer immer ihn als Hure bezeichnet, verdient den Tod!

,,Drogen, Immobilien, Firmen– ich kann sogar ganze Inseln an den Mann bringen, aber Gott gnade denen, die mit Menschen handeln. Früher oder später bringen wir sie alle um.", sage ich leise und ruhig. Ich tippe fest gegen die Brust des Mannes, bevor ich leise seufze. ,,Bekomme ich mit, dass Sie etwas damit zu tun haben, sind nicht nur unsere Geschäfte gelaufen, sondern auch die Leben von ihnen und ihren Anhängseln.", stelle ich klar und drehe mich wieder um. ,,Ich will die Kabinen der Crew sehen."

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Es ist zehn Uhr abends und trotzdem sitze ich noch hier in dem großen Wohnraum der Yacht, warte nur darauf, dass diese unnötigen Diskussionen beendet werden. Es geht um zukünftige Routen und das obwohl das noch vollkommen irrelevant ist! Natürlich ist es wichtig, Küstenwachen und anderweitige Checkpoints zu umgehen, wenn wir mit illegalen Substanzen handeln, aber gerade ist es unangebracht. Nicht mal das Geschäft der Containerschiffe ist abgewickelt.

Seufzend stoße ich mich von der geschwungenen Couch und entschuldige mich mit einer einfachen Geste für einen Moment. Ich gehe nach draußen aufs Deck. Die frische Seeluft ist gerade eine gekonnte Ablenkung, von all den Schwachmaten da drin, die zum Glück nach dem Gespräch mit einem Helikopter zurück zum Festland gebracht werden. Eine oder sogar mehrere Nächte könnte ich nicht mit ihnen aushalten. Sie sind alle so hochgestochen, komisch kontrovers und manchmal unausstehlich. Ich seufze erneut und halte mich an der Reling fest. Mein Blick liegt konzentriert auf den Wellen, die von den Lichtern angestrahlt werden. Sie reflektieren es so, dass es romantisch glitzert. Wäre nur Alexis– ,,Alexis.", hauche ich perplex und starre auf mein leise klingelndes Handy. ,,Was?", frage ich und kneife meine Augen kurz zusammen, um sicher zu gehen, dass ich mir auch nichts einbilde, bevor ich den eingehenden Anruf überhaupt annehme. ,,Alex, ist alles in Ordnung? Geht es dir gut? Ist etwas–" ,,Étienne–", schluchzt er dazwischen und ich höre praktisch, wie er sich an sich selbst klammert. ,,Alex, was ist los?!", rufe ich alamiert und beiße mir krampfhaft auf die Unterlippe. ,,Alex, rede mit mir!" ,,I–Ich– Ich...", stottert er unbeholfen. In meinem Kopf spielen sich bereits die schlimmsten Szenen ab. Ein Einbruch, ein Attentat. Jemand könnte mein Baby verletzt haben, ihn umbringen wollen. Gott verdammt und ich sitze hier auf diesem elenden Boot, ich bin nicht mal auf dem gleichen Kontinent wie er! ,,Ist etwas schlimmes passiert? Sprich mit mir. Bitte.", hauche ich. ,,Tien Tien, ich– ich liebe dich.", wimmert er leise, ,,Es tut mir so leid." Verwirrrt schüttel ich meinen Kopf und fasse mir an die Stirn. ,,Alex ich verstehe nicht– Ich liebe dich auch!", sage ich schnell, ignoriere aber meinen viel zu schnellen Puls, das Glück das in mir aufkommt. Diese Gefühle würden mich gerade nur zu sehr ablenken. ,,– Aber ich verstehe nicht so ganz. Atme erstmal tief ein und aus, ja? Und dann erzählst du mir, was los ist.", bitte ich, wenn auch bestimmerisch, und laufe an die andere Seite der Yacht, während er versucht seinen Atem zu regulieren.

,,Es tut mir leid. Ich hätte nicht anrufen–" ,,Wehe du legst jetzt auf!", keife ich sauer, ,,Erst redest du eine halbe Ewigkeit nicht mit mir und dann tust du es endlich und bist total verzweifelst. Alex, was ist los?" Ohne es zu wollen erhebe ich meine Stimme und schmeiße mich mehr oder weniger verzweifelt auf eines der Sofas hier. Ich bin vollkommen durch den Wind und verstehe einfach nicht, was mit meinem kleinen Engel los ist. Muss ich mir ernsthafte Sorgen machen oder ist eigentlich alles in Ordnung bei ihm? Gott verfluche diese Reise!

Alex atmet tief ein und aus und obwohl es noch recht zittrig ist, scheint er sich damit wieder in eine recht gute Fassung bringen zu können. ,,Es tut mir wirklich leid.", haucht er, doch bevor ich ihn aufgrund dieser Worte ermahnen kann, spricht er weiter, ,,Ich konnte nicht schlafen und dann habe ich mich auch noch mit González angelegt und jetzt– ich heule seit einer Stunde in deine Kissen und dabei bin ich immer noch so sauer auf dich. Ich will zu dir." ,,Du musst dich doch um die beiden süßen Kätzchen kümmern.", murmel ich schwer schluckend.
Ihn her zu holen, wäre möglich, würde aber kaum Sinn ergeben...

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i love you, remember? ❦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt