𝟑𝟕

343 33 2
                                    

𝐚𝐥𝐞𝐱𝐢𝐬
┍━━━━━━━━━━━༺❁ུ۪۪⸙༻━━┑

Ich habe das Gefühl, mein ganzer Körper ist taub, dabei tut alles weh. Gerade noch so und unter Anstrengung kann ich meine verklebten Augen öffnen und mir einen Überblick über das Zimmer verschaffen, welches lediglich von den Strahlen der aufgehenden Sonne erhellt werden. Meinen Körper bewegen kann und will ich gerade nicht. Ich habe keine Kraft. Am liebsten würde ich einfach wieder in meinen Träumen versinken. Ich will von dem träumen, der ich eigentlich bin und von dem Leben, das ich eigentlich leben würde. Jason wird in meinen Erinnerungen – die ausradiert wurden wie ein Bleistift von einem Radierer – immer klarer und ich glaube mich sogar an seine Stimme erinnern zu können. Ich sehne mich nach ihr. Verrückt, nicht? Ich sehne mich nach diesem Jungen, der mich auf dem Bild auf dem Handy so glücklich aussehen lasse hat.
Leider bin ich aber selbst in meinen Träumen nicht sicher vor Étienne. Mein Körper sehnt sich selbst nach ihm. Als er mich da auf den Boden geworfen hat, habe ich mir doch tatsächlich für einen Augenblick gewünscht, er würde mich wieder in die Arme nehmen und mir sagen, dass das alles hier bloß ein böser Traum ist. Ich will ihn berühren und diese verdammten Lippen auf meiner Haut spüren. Mein Körper schreit nach ihm, aber ich weiß doch jetzt, was für ein Monster er ist! Ich habe es gehört, jedes Wort. Kein einzelnes wird wieder aus meinem Gedächtnis gelöscht, das kann ich garantieren. Es ist so surreal...

,,Um genau zu sein, habe ich ihn einfach entführt. Ja, entführt, dann seiner Familie und Freunden verkauft, er hätte die Party als Chance gesehen, um endlich abzuhauen. Sein Telefonsignal wird von Australien ausgestrahlt, dabei liegt es in meinem Büro. Ich habe Jason in seinem Namen geschrieben, damit er endlich Ruhe gibt und aufhört Vermissten-Anzeigen zu verbreiten. Damit er nichts kapiert, habe ich ihm unser neues Gift eingeflöst und ihm erzählt, er hätte einen Unfall gehabt. Er glaubt, ich kenne seine Freunde nicht und er ist mit seiner Familie zerstritten - zumindest glaubte er es. Ich weiß nicht, was er inzwischen weiß. Von Jason hat er aber schon geträumt, also ist es bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis er hinter mehr kommt."

Die Tür öffnet sich und langsam, beinahe schleichend kommt jemand – Étienne – näher ans Bett. Reflexartig schließe ich meine Augen. Ich will nicht, dass er weiß, dass ich wach bin. Ich will nicht abgeschrien werden und schon wieder weinen müssen. Ich will ihn nicht sehen, nicht mit ihm reden oder ihn berühren.

Doch, ich will es...

Nein! Ich konzentriere mich darauf, meine Augen still geschlossen zu halten, doch zwischen mich und das Fenster stellt er sich gar nicht. Das Bett senkt sich leicht auf der anderen Seite ab. Für einen Moment glaube ich seine langen, warmen Finger zwischen meinen Haaren zu spüren, dann wird allerdings die Decke angehoben und unangenehme Kälte trifft auf meine Haut. Am liebsten hätte ich sie schnell wieder runter geschlagen und mich gleich tiefer unter sie vergraben. Die Wärme fühlt sich so schützend an.

Der Ältere seufzt leise, hebt meinen Arm an und lässt ihn auf etwas kühlem ab, bevor er mich zum Glück wieder zudeckt und genauso schlürfend und langsam zurück zur Tür läuft. Leise schließt sie sich und binnen eines Augenblickes reiße ich meine Augen auf. Ich drehe meinen Kopf, entdecke einen Verband um mein Handgelenk und Kühlpack unter diesen. ,,Was?", hauche ich und ziehe verwirrt meine Augenbrauen zusammen. Wann habe ich mich verletzt? Ist es auch gestern passiert? Wann hat er mich denn versorgt?

,,Ich wusste, dass du nicht schläfst."

Étiennes Stimme dringt wie in Zeitlupe in meine Ohren, doch mein Kopf schnellt erstaunlich schnell nach oben. Seine Worte sind rau, klingen enttäuscht und seine Miene ist dunkel, als er wieder um die Ecke kommt. ,,Willst du mich weiter ignorieren?", fragt er und lässt mich unsicher schlucken. Ja– nein– ich will weg! Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Eigentlich will ich gar nichts sagen. Ich will schlafen. Ja, wieder schlafen. Einfach schlafen.

,,Das ist wohl ein ja.", murrt er unzufrieden und kommt stampfend näher. Ich senke meinen Kopf weiter ab. Ich will nicht in sein Gesicht sehen. Ich kann diesen wunderschönen Mann, der mich so hintergangen hat, nicht einfach ansehen. Ich will ihn küssen, von mich stoßen, in seinen Armen liegen und von hier abhauen. Wäre dieser blöde González doch nur ein bisschen länger im Badezimmer gewesen...

,,Sieh mich an!", zischt er, reißt aber meinen Kopf in die Höhe, bevor ich auch nur selbst etwas tun kann. Ich will seine Hand wegschlagen, doch er packt meine Hand schnell und drückt sie nach unten. Seine Finger krallen sich fest in meine Hand. Seine blauen Augen strahlen stechend in meine Richtung, ich habe das Gefühl, mein Herz macht einen Sprung. Meine Mundwinkel zucken nach oben. ,,Ich lie-", beginne ich, doch fange mich, bevor ich den Rest dieser verhängnisvollen Worte aussprechen kann. Meine Lippen pressen sich wieder aufeinander und schwer schluckend schlage ich mit meinem anscheinend verletzten Handgelenk seine Hand an. Auch aus dem anderen Griff kann ich mich auch befreien und rücke wimmernd nach hinten. Ein stechender Schmerz fährt durch meine Arm, den ich sofort aufhöre zu belasten, und ungläubig sehe ich auf den Verband. ,,Soll ich einen Arzt rufen?" ,,Lass mich in Ruhe!", entgene ich laut rufend. Ich will nicht mal seine Stimme hören. ,,Werde ich nicht.", schüttelt er den Kopf und lässt meine Hoffnung zerspringen. Aber eigentlich mag ich seine Stimme ja auch. Wenn er mir süße Dinge zuflüstert, wird mir gleich immer ganz warm ums Herz. Aber jetzt tut es weh.

,,Belaste das Gelenk so wenig wie möglich. Ich lasse einen Arzt kommen, wenn es nicht besser wird.", sagt er seufzend und begutachtet mich einmak skeptisch. ,,Und schlaf vielleicht noch etwas.", murmelt Étienne dann und lässt die Jalousien in einer beinahe auffordernden Geste ein Stück weit nach unten fahren.
Ja, schlafen ist gerade vielleicht die beste Lösung.

┕━━━━━━━━━━━༺❁ུ۪۪⸙༻━━┙

i love you, remember? ❦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt