𝟓𝟕

300 29 0
                                    

𝐚𝐥𝐞𝐱𝐢𝐬
┍━━━━━━━━━━━༺❁ུ۪۪⸙༻━━┑

Ich bin vollkommen verspannt und total nervös, als ich auf dem hellen Kunstledersitz Platz nehme. Harrys Auto riecht fremd, aber ist an sich ganz bequem. Er lächelt zufrieden, als er sich neben mich setzt. ,,Du musst gleich aufpassen, dass man dein Gesicht nicht so sieht.", sagt er und klopft einmal gegen meinen Arm, bevor er den Motor startet und vom Hof des riesigen Grundstücks fährt. Ich reibe meine Hände nervös an dem schwarz gefärbten Stoff der Jogginghose ab. ,,Ich weiß.", presse ich hervor, ,,Harry, was wenn Étienne doch–" ,,Pschh!", unterbricht er mich und tippt schnell und gekonnt auf dem Display herum. ,,Was–" ,,Wir rufen ihn jetzt an. Dann gibst du vielleicht endlich Ruhe.", sagt er ernst, schmunzelt zum Ende hin aber, und schon erklingt das Tuten im gesamten Auto. Es ist irgendwie komisch, dass ich gleich seine Stimme hören werden, dabei ist das nun wirklich nichts ungewöhnliches. Ich höre sie eigentlich jeden Tag...

,,Bonnet. Was gibt's?", sagt er gleichgültig und scheint zeitgleich hektisch ein paar Papiere zur Seite zu räumen. ,,Allis hier. Eh– Bonnet, ich sitze mit Alex im Auto. Ich nehme ihn mit zum Einkaufen, aber keine Sorge, er hat eine Kaputze und eine Cap auf.", sagt Harry furchtlos geradewegs heraus und biegt in eine Siedlung ab, in der ich vorher noch nie war. An der Leitung ist ein tiefes Ein– und Ausatmen zu hören. Es wirkt sauer und gleichzeitig bedrückt. ,,Geht's das in Ordnung? Ich–... Ich kann ihn ja schlecht alleine lassen.", führt mein Nebenmann fort und wirkt im Gegensatz zu mir in keinster Weise besorgt oder unsicher. Ich dagegen beiße mir beinahe krampfhaft auf die Unterlippe. Wenn ich noch einen Moment so weiter machen, wird sie sicher bluten.

Für einen kurzen Moment ist der Ältere still, doch er gibt einen zustimmenden Laut von sich. ,,Mh–hm.", macht er. Ich reiße sofort meine Augen auf und starre zu Harry, der, als hätte er diese Reaktion vorausgeahnt, grinsend nickt und mich dann triumphierend ansieht. ,,Hat er gerade–?", forme ich stumm mit meinen Lippen und wieder nickt Harry. ,,Wenn du schon über mich hinweg entscheidest und alles umwirfst, will ich, dass du über Nacht da bleibst.", sagt er konzentriert, ,,Ich bleibe hier. Viel zu tun." ,,Viel zu tun.", nickt der andere und brummt belustigt – als würde er wissen, dass Étienne eine billige Ausrede benutzt hat. Er geht mir aus dem Weg und das sogar sehr offensichtlich. Es verletzt mich.

Harry will gerade wieder zum Reden ansetzen, da erklingt das nervtötende Tuten erneut. ,,Oh woah, er hat mich gerade einfach weggedrückt.", murmelt er überrascht und schüttelt seufzend den Kopf, ,,Habt ihr euch schon wieder in den Haaren?" ,,Schon wieder? Er hat mich entführt, wenn du es vergessen hast! Wie sollen wir uns da nicht anzicken?!", zische ich und schmeiße mich, nun nicht mehr so unsicher und ängstlich, in den gut gepolsterten Sitz zurück. Schnaubend verschränke ich meine Arme. Als wäre das alles meine Schuld!

,,Das weiß ich doch...", seufzt Harry, als wir die Siedlung wieder verlassen. Dann bleibt er aber still, wirft mir nur hin und wieder einen prüfenden Blick zu oder beschwert sich leise und nicht an mich gerichtet, über ein Lied, das gerade anspielt. Ich dagegen drifte mit meinen Gedanken wieder zu Étienne. Wie kann ich diesen Mann nur so sehr lieben und hassen? Erschreckend finde ich auch, wie wenig es ihn interessiert hat, dass ich das Haus bereits verlassen habe, bevor er es wusste! Will er mich etwa mit gezieltem Desinteresse wieder anlocken? Ich könnte mir vorstellen, dass er diese oder eine ähnliche Taktik entwickelt, doch ich wünsche es mir nicht. Damit würde er meinen Wunsch nicht respektieren, sondern stattdessen versuchen mich hinters Licht zu führen und es so aussehen lassen, dass ich es bin, der seine Nähe wieder möchte! Ich genieße es zwar nicht, dass er mir jetzt schon so offensichtlich und auf eine schmerzhafte Weise aus dem Weg geht, aber angekrochen kommen werde ich so schnell sicher nicht!

,,Da wären wir.", murmelt Harry plötzlich und dreht sich leise räuspernd zu mir. ,,Bleib bitte in meiner Nähe, ja? Ich vertraue dir, aber ich will auch nichts riskieren... Aber fühl' dich frei alles einzupacken was du möchtest!" Er lächelt sanft und steigt aus aus Auto aus. Ich folge ihm nach einem tiefen Atemzug und sehe mich unsicher auf den Parkplatz um. Es sind recht wenig Leute hier, was mich etwas beruhigt. Viele Menschen würden mich nervös machen. Wahrscheinlich würde ich die ganze Zeit denken, ich würde mich falsch und zu auffällig verhalten. ,,Holst du schon mal einen Wagen?", fragt der Ältere und richtet in der Spiegelung der abgedunkelten Scheiben seine Krawatte, die er als wir noch zuhause waren gelockert hatte. ,,E–Einen Wagen?", frage ich überrascht und sehe Richtung Eingang, vor dem eine ganze Menge an Einkaufswagen stehen. Ich soll alleine – ganz alleine – dort hin laufen? ,,Ja.", nickt er, setzt sich aber gleich in Bewegung, ,,Aber jetzt können wir auch zusamnen gehen. Ich sehe gut genug aus." Er grinst und legt einen Arm um meine Schulter, sodass wir zusammen auf das riesige Gebäude zuschlendern. ,,Wir müssten gleich auch einmal bei mir anhalten, damit ich ein paar Sachen für die Nacht packen kann." ,,Dann sehe ich ja mal wo du wohnst.", grinse ich und schüttel jegliche Anspannung und Angst ab, doch er winkt gleich ab. ,,Ein Apartment im 23. Stock mitten in der Stadt." ,,Wenigstens hast du eine gute Aussicht, oder?" ,,Mh–hm. Die Sonnenuntergänge sind wirklich schön, aber Bonnet spannt mich ganz schön ein. Ich kann sie kaum noch genießen.", seufzt er leise und greift nach einem Einkaufswagen.

Uns kommt eine kleine Familie entgegen, als wir den überraschend sauberen, großen Laden betreten. Die beiden Kinder, augenscheinlich zwei Mädchen, kichern laut und werfen mir und Harry ein breites Grinsen zu. Das Kind mit dem zwei Zöpfen, die wirklich unglaublich gut zu den stark gelockten, schwarzen Haaren passen, präsentiert stolz seine Zahnlücke. Wirklich süß. ,,Was ein zauberhaftes Lächeln.", Schwärme ich leise und überrascht hebt der gut gekleidete Mann seinen Blick. ,,Mh, du hast recht. Die Latzhose ist auch süß.", nickt er, geht allerdings recht unbeeindruckt weiter. Schade, ich mag Kinder – zumindest solange sie brav sind.

┕━━━━━━━━━━━༺❁ུ۪۪⸙༻━━┙

i love you, remember? ❦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt