꧁༺ 𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 98 ༻꧂

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Was hatte Violetta getan? Diese Frage schwirrte ihr durch den Kopf, seitdem sie zusammengerollt in ihrem Bett lag. Seit mehr als einer Stunde war sie jetzt dieses heulende, untröstliche Häufchen Elend. León den Ring zurückzugeben, ihm zu sagen, dass es vorbei war... Sie hatte die Beziehung beendet und Lara hatte das bekommen, was sie wollte. Violetta war einfach nur ein riesiges Rindvieh! Sie hätte sich besser zurückhalten und beruhigen und dieses Gespräch auf später verschieben sollen. Lara hatte es doch zugegeben. Violetta hätte nur warten müssen, dass León das ganze verarbeitete. Sie seufzte und vergrub ihren Kopf in der durchheulten Bettdecke. Sie drückte sich das Kissen so fest, wie nur möglich auf ihren Kopf. Ihr ging es schlecht. Richtig schlecht. Sie wollte diesen Schmerz, der ihr Herz auffraß, gern abschütteln, wusste aber nicht wie. Sie heulte und heulte, aber nichts passierte. Warum nur musste ihr Leben immer so kompliziert sein? Konnte ihr Weg nicht wenigstens ein einziges Mal in die richtige Richtung führen? Ein Anflug von Wut riss sie aus ihrer Apathie. Das war ungerecht! Sie hatte doch niemandem etwas getan! Warum also musste sie nun leiden? Violetta stand auf. Mit einem halbgeöffneten Auge schaute auf sie auf die vielen gebrauchten Papiertaschentüchern, die auf ihrem ganzen Bett verteilt lagen. Sie musste die Decke wohl erstmal desinfizieren. Sie ging ein paar Schritte, bewegte sich wie ein Zombie, zum Bad. Dort ließ sie das Wasser laufen und zog sich aus. Sie wollte gar nicht sehen, wie schrecklich und bemitleidenswert sie im Spiegel aussah. So masochistisch war sie nun auch wieder nicht. Unter der Dusche seifte Violetta ihren Körper ein, achtete aber gar nicht wirklich darauf, was sie tat. Ihr schmerzte einfach nur das Herz. Überhaupt der ganze Körper. Wie gerne wäre sie jetzt ein gefühlloser Roboter. Aber diese schrecklichen Gefühle rollten immer wieder wie Wellen über Violetta hinweg und versetzten sie in den immer wieder gleichen hoffnungslosen Zustand. Laras Worte ließen Violetta nicht los und Leóns Gesicht, als sie ihm den Ring zurückgegeben hatte, schwirrte vor ihrem inneren Auge herum. Violetta drehte den Wasserhahn immer heißer, schaffte es aber trotzdem nicht, dass ihr etwas wärmer ums Herz wurde. Sie zitterte. Ihr ganzer Körper zitterte und wieder schossen ihr die Tränen aus den Augen. Violetta ließ sich gehen. Sie gab sich vollkommen diesem schrecklichen Gefühl der Machtlosigkeit hin, Violetta lehnte sich gegen die Duschwand und versuchte irgendwie nach Luft zu hecheln. Resigniert ging sie aus der Duschkabine raus und nahm sich ein Handtuch, in das sie sich einhüllte. Überall hatte Violetta Gänsehaut. Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer warf sie einen Blick auf ihr Handy. Keine Nachricht... Violetta hatte schon noch Hoffnung. Aus ihrem Schrank nahm sie dieses alte Kleid, das ihr seit einer Weile als Schlafanzug diente, wenn Violetta mal wirklich deprimiert war. "Hallo. Du wirst mein neuer bester Freund werden.", lachte Violetta nervös. Sie wusste genau, was sie in den nächsten Tagen sein würde. Ein menschliches Wrack. Violetta setzte sich auf ihr Bett und trocknete ihre Haare. Dann fuhr sie mit der Bürste durch diese. Das hatte sie immer zur Ruhe gebracht. Es erinnerte sie an die Abende, als ihr Angie sanft über die Haare strich und ihr vom Tag erzählt hatte. Es brach ihr das Herz... Wie sehr sie sich wünschte, sie wäre jetzt da. Jetzt und für immer. Und schon musste sie wieder losheulen. Violetta legte die Bürste in ihren Schoß und schniefte. Was für ein beschissenes Leben! León... Sie hasste ihn. Sie hasste ihn, dass er sie so verletzlich gemacht hatte. Violetta legte sich auf den Rücken und starrte zur Decke. Die Regentropfen, die draußen gegen das Fenster prallten, spiegelten sich auf der Wand. In diesem eigenartigen Naturschauspiel erkannte sie etwas friedliches und Hypnotisierendes. Sie wünschte sich so sehr, dass das alles nur ein Albtraum wäre. Violetta würde gern aufwachen und wieder die Neue sein, die in der 42.Etage mit Federico und Maxi zusammenarbeitete. Nun war es aber vorbei mit Vargas Corporation. Sie würde auf keinen Fall wieder einen Fuß dort reinsetzen. Aber wenn man das Positive an der Sache sah... Sie musste sich nicht mehr mit diesen Paparazzi und miesen Journalisten auseinandersetzen. Schon bald würde sie wieder ein Niemand für den Rest der Welt sein. Und außerdem... war Buenos Aires riesig und sie fand mit ihren Kompetenzen ganz leicht einen neuen Job. Die übervollen Arbeitstage waren sicher nichts, was sie sehr vermissen würde. Okay, konnte sein, dass der neue Job weniger spannend sein würde und sie vielleicht weniger nette Leute, als Maxi und Francesca traf. Aber für ihr kleines Herz würde er definitiv ruhiger sein. Sie dachte mal, dass nicht alle Chefs dieser Stadt so sexy und anziehend sein würde wie León. Es musste da doch auch ein paar alte, welke und zahme Männer geben. Gedanklich spielte sie noch einmal die Geschichte mit León durch. Es gab eigentlich so viele Anzeichen dafür, dass sie diese Sache vor die Wand fahren würden. Violetta wollte sie halt nicht sehen. Wie konnte sie nur so dämlich sein zu glauben, dass das wirklich möglich sein könnte? Violetta seufzte und vergrub ihr Gesicht unter der Bettdecke, wie sie es getan hatte, als sie klein war und sich im Dunkeln vor den Monstern der Nacht verstecken wollte.

𝐿𝑒𝑜𝑛𝑒𝑡𝑡𝑎 - 𝑉𝑒𝑟𝑙𝑖𝑒𝑏𝑡 𝑖𝑛 𝑑𝑒𝑛 𝐶𝒉𝑒𝑓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt