Heute Morgen war sie unauffällig wie nur möglich zum Büro gelaufen. Sie sah schrecklich aus. Wenn sie heute Nacht drei Stunden geschlafen hatte, war das viel. Immer wieder war sie den Streit mit León gestern Abend im Kopf durch gegangen und hatte sich ausgemalt, wie das heutige Wiedersehen mit León sein würde. Normalerweise schafften sie es, in Ruhe miteinander zu sprechen und die Dinge zu klären, wenn sie mit etwas Abstand an die Sache herangingen. Hofften sie mal, dass es diesmal genauso sein würde. Sie wollte nicht mit León streiten. In der Zwischenzeit knöpfte sie sich die lange Liste an E-Mails vor, die sie abarbeiten musste. Es war verrückt, wie viel sich in nur einer Nacht ansammeln konnte. Broduey schrieb ihr wegen eines Bauprojektes im Kongo. Er brauchte ein paar Unterschriften und bat sie, einen Raum für einen Empfang zu reservieren, den die Direktion für einen Verein organisieren wollte. Sie musste den Empfang finnischer Investoren planen, die nächste Woche zu ihnen kommen würden und einen Termin für ein Interview mit einem Journalisten der Times finden... Das alles, wenn man den Kopf schon voller anderer Dinge hatte, würde also eine Herausforderung werden. Plötzlich klopfte es an ihrer Tür. "Herein.", rief Violetta abwesend und machte sich noch einmal Notizen, damit sie nichts vergaß. Die Sekretärin steckte ihr hübsches Puppengesichtchen herein. "Mister Vargas lässt ausrichten, dass er sie gern in seinem Büro sehen möchte.", "In Ordnung. Danke." Schickte er jetzt also auch noch die Sekretärin vor? Er schien also schon mal keine gute Laune zu haben... Zittrig nahm Violetta einen Block, um sich Notizen zu machen, atmete tief durch und ging durchs Foyer rüber zu Leóns riesigem Büro. Als sie eintrat, richtete sich Leóns inquisitorischen Augen auf sie. Ihr Herz pochte. Am liebsten würde sie gleich wieder gehen... "Schließ die Tür und setz dich.". Ein 'Hallo' garniert mit einem kleinen Kuss wäre ihr lieber gewesen. Aber offensichtlich waren sie wieder an dem Punkt 'Arbeitgeber-Arbeitnehmer' angekommen. Er wollte es also auf diese Art spielen? Na fein. Violetta tat formell und setzte sich ihm gegenüber. Sie bemühte sich seinen Blick nicht zu kreuzen, der sie jedes Mal aus der Fassung brachte und schaute lieber hinaus auf die Gebäude, die sich in seinem Rücken auftaten. "Ich hätte es besser gefunden, wenn das gestern Abend anders gelaufen wäre. Ich war wirklich enttäuscht, dass du so gegangen bist, wie du es getan hast.", diesmal sah sie ihn an. Wollte er ihre Differenzen also auf die Art regeln, wie er es mit jedem x-beliebigen Angestellten tun würde? "Oh? Und du wirst mich jetzt also abmahnen?", fragte sie ihn. "Wie bitte?", fragte er. Ihre Antwort schien ihn zu überraschen. "Du hast mich schon verstanden.", sagte sie leise. "Wenn du über unsere Beziehung sprechen möchtest, gibt es passendere Orte dafür und auch andere Arten, das zu tun. Ich glaube nicht, dass es eine... brillante Idee ist, deine hierarchische Position zu nutzen, um unsere Gefühle zu besprechen. Liebe ist kein Machtspiel. Also... Solltest du mir nichts zu sagen haben, was meine Arbeit betrifft, dann würde ich an meinen Schreibtisch zurückkehren. Ich habe eine Menge zu tun.", sagte Violetta leise. Er sah sie gleichgültig an. Violetta zuckte mit den Schultern. "Sehr schön.", Violetta stand auf und wollte zur Tür gehen, als sie plötzlich am Arm gepackt und zurückgezogen wurde. "Vilu... warte...", sagte er. Violetta seufzte und schloss einen Moment die Augen. Sie hatten noch nicht mal begonnen, über das eigentliche Thema zu sprechen und sie hatte schon keine Lust mehr. Sie drehte sich um und sah an ihm vorbei, um zu vermeiden, dass sich ihre Blick kreuzten. "Sieh mich an.", bat er sie. "Nein.", "Bitte.", "Nein.". León legte seinen Zeigefinger an ihr Kinn und hob ihren Kopf an, damit sie ihm in die Augen sah. "León... Ich bin müde... ich habe kaum geschlafen und muss so viele Sachen erledigen... Ich habe keine Lust auf den x-ten Streit. Ich will einfach nur... einen ganz normalen Tag verleben.", sagte sie leise. Zwei dunkle Augen sahen sie an und analysierten sie. Wie immer fühlte sie sich nackt und verwundbar. Er entfaltete wieder seine übliche Wirkung auf sie. "Wir müssen über das, was gestern Abend passiert ist, reden. Das ist wichtig.", sagte er. "Reden? León, du hörst mir nicht zu. Was bringt es denn, mit dir zu reden?", fragte sie. León seufzte leise, seine Augen verdunkelten sich. Er nahm ihre zarten Schultern in beide Hände und streichelte sie sanft. "Ich will dir gern zuhören.", sagte er. "Ich hätte es vorgezogen, wenn du es gestern Abend getan hättest...", erwiderte sie. "Vilu... Ich will wirklich, dass das zwischen uns funktioniert.", sagte er und Violetta sah zu Boden. "Diesen Eindruck hast du nicht vermittelt.", sagte Violetta. "Was also nun? Ist es jetzt vorbei? Willst du mich verlassen?", fragte er sie. Ihre Augen verharrten auf seinem Schreibtisch. Tränen begannen aus ihnen zu kullern. "Nein... Das ist nicht das, was ich will... Aber... Jedes Mal schiebst du mich weg und jedes Mal holst du mich wieder zurück, aber jedes Mal gehe ich etwas mehr daran kaputt...", sagte Violetta. In seinem sonst immer so stolzen und autoritären Gesicht breitete sich ein zutiefst trauriger Blick aus. "Ich habe das mit Lara schon vor einer Weile herausgefunden. Aber ich wollte dich nicht damit belasten. Ich wollte das mit ihr klären, aber sie hat nicht damit aufhören wollen und immer weitergemacht. Ich wollte mich nicht zwischen euch stellen, weil ich weiß, wie wichtig sie für dich ist... und außerdem kamen mir all die Drohungen und Kommentare letztlich ja auch ziemlich belanglos vor. Ich wollte es anfangs nicht glauben, dass es sich tatsächlich um sie gehandelt hat. Es wäre mir auch nicht in den Sinn gekommen. Aber ein Freund hat mir dabei geholfen, die IP-Adresse jener Persephone zurückzuverfolgen und er hat herausgefunden, dass sie zur Wohnung einer gewissen Lara Vargas aus der Upper East Side gehört. Glaub mir, ich hätte mir wirklich gewünscht, dass Lara einfach ganz normal mit mir umgeht. Ich hatte nun wirklich kein Interesse daran, dass es mit ihr so schlecht läuft... Aber nach allem, was war, konnte ich ihr doppeltes Spiel einfach nicht mehr akzeptieren und auch nicht ihre Scheinheiligkeit mir gegenüber. Ich bin also wütend geworden und habe meine Worte nicht mehr gezügelt. Ich hätte sicher diplomatischer sein können, aber naja... ich war einfach zu empört über ihr Verhalten.", erzählte Violetta. Sie wusste, dass León das alles lieber nicht gehört hätte. Aber diesen Preis musste er zahlen, wenn er zwischen ihnen eine echte Beziehung haben wollte. Sie sah ihren Verlobungsring an. Der Diamant strahlte noch immer, aber nicht mehr mit dem gleichen Glanz wie an jenem berühmten Abend in Paris. "Das hier, León, ist nicht nur ein schönes Objekt. Es ist ein Vertrag. Er bedeutet, dass wir voreinander keine Geheimnisse haben dürfen und uns gegenseitig vertrauen müssen.", sagte sie. "Ich weiß...", León ging einen Schritt zurück und spielte mit seinen Fingern an seinen Manschettenknopf herum. Er dachte nach. Aber er sollte sich schnell entscheiden. Er hatte die Zukunft ihrer Beziehung in der Hand und ewig würde sie nicht auf ihn warten. Schließlich kam León wieder zu sich und sah sie an. "Okay. Ich werde mit Lara sprechen.", "Einverstanden.", Es schaute so aus, als würde sie jetzt den Raum verlassen wollen. "Und wir?", fragte León. Nervös spielte sie an ihrem Ring herum. "Ich will Taten sehen, León. Wenn du Ordnung in die Sache mit deiner Schwester gebracht hast, können wir darüber reden.", sagte sie. Es brach Violetta das Herz, so hart zu ihm zu sein, aber sie konnte nicht ein weiteres Mal so tun, als wäre nichts gewesen. Wenn er wirklich an ihr interessiert war, dann würde er das Notwendige für tun. "Ich weiß, dass sie es verstehen wird... Sie ist kein böser Mensch, sie will mich einfach nur beschützen... Sie muss einfach nur akzeptieren, dass ich mein Leben nun mit einer Frau teilen will.", "Wie auch immer, León. Mir ist wichtig zu wissen, dass du mir vertraust. Deine schönen Worte reichen dafür nicht aus.", er wirkte so traurig, dass er seine ganze Ausstrahlung eingebüßt hatte. Sie sah ihn ungern so. Das war nicht der León, in den sie sich verliebt hatte. "Ich bitte dich, deine Ansprüche gegenüber Lara ein wenig zurückzuschrauben.", "Ich wünsche mir, dass es mit ihr besser läuft, aber im Moment will ich sie nicht mehr sehen. Die letzten beiden Konfrontationen waren einfach viel zu unangenehm. Aus meiner Sicht sollte sie sich bei mir entschuldigen. Ich habe nichts getan, was ein solches Verhalten rechtfertigen würde. Ich habe mich nur in dich verliebt, daher bin nicht ich die, die in dieser Geschichte ein paar Schritte auf die andere zugehen muss, León.", diesmal machte Violetta kehrt und verließ leise sein Büro. Sie ließ ihn einfach stehen, mit seinen baumelnden Armen. Als sie das Foyer durchquerte, klopfte ihr Herz ganz schnell. Sie musste sich zusammennehmen, um nicht zusammenzubrechen. Es war wichtig, dass sie darüber gesprochen hatten. León musste verstehen, dass sie nicht bereit war, alles zu akzeptieren, um mit ihm zusammen sein zu können. Selbst wenn sie über beide Ohren in ihn verknallt war und es ihr wehtat, so zu handeln, musste sie doch auch auf sich selbst aufpassen.
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𝐿𝑒𝑜𝑛𝑒𝑡𝑡𝑎 - 𝑉𝑒𝑟𝑙𝑖𝑒𝑏𝑡 𝑖𝑛 𝑑𝑒𝑛 𝐶𝒉𝑒𝑓
Hayran KurguDie Geschichte gehört "Is It Love - Ryan" und wurde nur in der Violetta-Version geschrieben. Daher gehört der Inhalt den Entwicklern des Spiels. León Vargas, der Multimilliardär und Chef der Vargas Corporation ist der heißbegehrteste Junggeselle in...