꧁༺ 𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 70 ༻꧂

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Als sie zurückkehrten war Violetta total müde und erschöpft. Sie musste all ihre Kraft zusammennehmen, um es bis auf die Terrasse zu schaffen, wo sie sich auf den erstbesten Liegestuhl schmiss und seufzend die Augen schloss. León hatte derweil die Jetskis in die Garage gebracht. Für Violetta gab es jetzt zwei Möglichkeiten. Siesta machen oder sich sonnen. Sie entschied sich dafür ein kleines Sonnenbad zu nehmen. Sie zog den Neoprenanzug aus, der ihr auf der Haut klebte, was sie mit letzter Kraft schaffte. Als sie endlich nur noch ihren Bikini anhatte, schnappte sie sich ihr Handy und checkte ihre Nachrichten. Ihr Herz klopfte auf einmal ganz wild. Sie hatte eine SMS von Diego bekommen: Hallo. Bist du mit León unterwegs? Alles okay? Mist. Er hatte sich sicherlich Sorgen gemacht. Sie war hin und her gerissen. Sollte sie ihm antworten? Wenn León mitbekam, dass sie Diego von ihrem geheimen Ausflug erzählt hatte, würde er wütend auf sie sein. Wenn er nicht mit Diego drüber reden wollte, dann hatte er sicher seine Gründe. Sie seufzte, als sie sich Diegos Nachricht noch einmal durchlas. Sie musste ihm aber dennoch antworten, auch wenn sie ihm nicht alles erzählte. Ja, ich bin bei León. Alles ist okay, wir sind am Strand. Violetta zuckte zusammen, als sie auf einmal Leóns Stimme in ihrem Rücken hörte. „Ich muss noch ein paar Anrufe wegen der Arbeit erledigen.", er küsste sie zärtlich auf die Stirn. „Wird es lange dauern?", fragte sie ihn. „Ein bis zwei Stunden.", antwortete er und Violetta nickte: „Okay, ich ruhe mich ein wenig aus.". León verschwand nach drin. Sie schaute raus aufs Meer. Der Wind hatte ein bisschen aufgefrischt. Sie hatte eine komische Vorahnung. Stück für Stück überkam sie die Müdigkeit und ihr fiel es immer schwerer ihre Augen offen zu halten. Ihr Herz schlug schwerer und langsamer... Das Rauschen der Wellen kam von immer weiter weg. Plötzlich wachte sie auf und zuckte zusammen. Sie war in Schweiß gebadet und ihre Kehle war trocken. Sie stand auf und holte sich ein Glas Wasser. Alles um sie herum drehte sich. Als sie hinging, sprang León wie ein Wirbelwind auf und ab. „Violetta! Wir müssen sofort verschwinden!", „Was? Aber warum denn?", fragte sie. „Ich habe keine Zeit, dir das zu erklären. Nimm deine Sachen!", sagte er. León sagte das mit solcher Bestimmtheit, dass Violetta seiner Aufforderung einfach Folge leistete, ohne weitere Fragen zu stellen. Die ganze Weichheit in seiner Stimme war verflogen. Sie stürmte ins Schlafzimmer, zog sich schnell etwas über und packte ihre Tasche. Als sie raus auf die Terrasse kam, stand León dort mit blassem Gesicht da und wartete auf sie. „Beeil dich! Sie sind hinter uns her!", „Was? Aber wer denn? Wer sind sie?". Statt ihr zu antworten nahm León ihre Hand und zog sie hinter sich her. Sie liefen die Holztreppe runter bis zum Eingang. „León! Du wirst mir jetzt sagen was los ist!", auf einmal wurden sie von einer Stimme unterbrochen: „León, lass sie los!". Violetta drehte sich um. Diego war da und er hatte eine Waffe. „León. Was...?", begann Violetta. León zog sie hinter sich. Ihr Herz war kurz vorm Explodieren, als Diego seine Knarre auf sie und León richtete. Das war doch nicht möglich!!! Das passierte jetzt gerade nicht wirklich, oder? „Ich will ihr nicht weh tun. Das ist eine Sache zwischen dir und mir.", „Sind Sie jetzt vollkommen verrückt geworden, Hernández?", fragte León. Letzterer kam ein paar Schritte auf sie zu. León stellte sich schützend vor Violetta. „Sie werden gleich hier sein... Du würdest gut daran tun, mir einfach zu folgen...", Diegos Stimme hatte noch nie so bedrohlich geklungen... und seit wann duzt er León? Violetta erkannte ihn gar nicht mehr wieder. „Du bist also der Maulwurf, richtig? Wie hast du uns gefunden?", fragte León. „Violetta hat mir euren Aufenthaltsort geschickt. Es war echt leicht, sie zu manipulieren.", antwortete Diego und lächelte sie verächtlich an. Violetta schüttelte den Kopf. Sie fühlte sich verraten und beschmutzt. Sie hatte ihm vertraut. Ihr Herz zerbrach in tausend Teile... „Spiel jetzt nicht den Helden. Mein Boss will dich lebend. Also geh rüber.", sagte Diego. Sein Boss... Arbeitete er für die, die León an die Wäsche wollten? „Dreckiger Verräter! Ich hätte dein Spiel von Anfang an durchschauen müssen.", Diego stieß ein teuflisches Lachen aus. Die Situation wirkte vollkommen surreal. Seine Pupillen weiteten sich wie jene einer Schlange, die gleich ihr tödliches Gift verspritzen wollte. Plötzlich ertönten mehrere Schüsse. Leóns Körper löste sich von ihrem und fiel schlapp zu Boden, wie ein nasser Lappen. „León, NEIN!", sie beugte sich hinab zu seinem leblosen Körper. Ihr wurde übel. Mein Gott! Diego hatte León erschossen!!! Er war... Er war tot! Violetta riss die Augen auf und atmete hastig, als hätte sie gerade mehrere unendlich lange Minuten lang die Luft angehalten. Ihr Herz schlug völlig hektisch. Sie war panisch. Um ihr herum war allerdings alles ruhig. Sie lag im Liegestuhl. Im Schatten. Irgendjemand hatte einen Sonnenschirm neben ihr aufgestellt. Sie drehte sich um und sah nach drinnen. León lief im Wohnzimmer auf und ab und hatte das Telefon am Ohr. Als er sah, dass Violetta durcheinander war, rief er ihr ein „Alles okay?" zu. Schnell nickte sie mit dem Kopf und drehte sich dann wieder zum Meer hin. Danke, Herrgott im Himmel! Sie war nur eingedöst. Alles war nur ein Albtraum. Langsam kam sie wieder zu sich und massierte sich die Stirn. Violetta glaubte, dass die Ereignisse der letzten Tage ziemlich mitgenommen hatten, wohl mehr, als sie dachte. Sie musste an das bedrohliche Gesicht von Diego denken. Dieses Bild ließ sie erschaudern. War das vielleicht ein Traum, in dem viel Wahrheit steckte? Violetta spürte Zweifel in sich. Wenn das nun ein Traum war, der einer Prophezeihung gleichkam? Wenn nun León gleich auf sie zugestürmt kam, um ihr zu sagen, dass sie sofort verschwinden mussten? Sie legte eine Hand auf ihre Brust, um ihr Herz zu beruhigen, dass beinahe durchdrehte. Okay, das war einfach nur ein schlechter Traum. Mehr nicht. Sie nahm sich ihr Handy und sah, dass Fran versucht hatte, sie anzurufen. Violetta stand auf und lief ein paar Schritte zum Strand. Sie rief ihre Freundin an, während sie über den Holzweg zum warmen Strand ging. „Hallo?", „Fran, hier ist Vilu.", sagte sie. „Vilu! Na endlich! Wo bist du?", fragte Fran und Violetta runzelte die Stirn? Warum stellte nur jeder ihr die gleiche Frage? „Ich bin... äh... am Strand... Warum?", „Ah...", Fran klang so, als wäre sie außer Atem. „Was ist denn los, Fran? Ist alles in Ordnung?", fragte Violetta. „nicht wirklich... bei Vargas Corp brennt es lichterloh. Die Bullen sind da.", antwortete Francesca. „Die Bullen?", fragte sie überrascht. „Also... um genau zu sein... Leute von der Steuerbehörde.", sagte Fran und es lief Violetta eiskalt den Rücken hinunter. Die Steuerbehörde? Was sollte das denn bedeuten? „Das soll wohl ein Witz sein...", „Nein, ich schwöre es. Ich hatte den Schock meines Lebens. Ich war schon total durcheinander, als die Bullen meine Papiere kontrolliert haben. Und dann sind die Typen von der Steuerbehörde an meinem Empfang aufgetaucht. Ich hatte fast einen Kreislaufzusammenbruch.", erzählte Fran ihr. Violetta sah zu León. Er telefonierte noch immer. Jetzt verstand sie, warum er gerade so viele Anrufe tätigen musste. „hast du eine Ahnung, was sie wollen?", Violetta hörte das Klappern von Francescas Stöckelschuhen. Sie war offenbar in einem der zahlreichen Gänge der Firma. „Laut Gery wollen Sie mit Vargas wegen eines laufenden Verfahrens sprechen... Aber okay... Du kennst Gery...", sagte Fran. Ein laufendes Verfahren. Da gab es vermutlich Neuigkeiten. „Es hat bestimmt etwas mit dem Angriff bei der Einweihungsveranstaltung zu tun.", sagte Violetta. „ich weiß nicht... Warum schicken sie dann die Bundessteuerbehörde? Da verstehe ich jetzt nicht so den Zusammenhang. Und sie sind auch noch immer da. Offensichtlich nicht, um einen Tee zu trinken.", sagte Fran. „Wir reden da ja über eine Schießerei, Francesca. Das ist ja etwas Ernstes. Eventuell hängt das ja mit finanziellen Fragen zusammen...", sagte Violetta. „Naja... Sie suchen etwas... und sie sind nicht gerade zimperlich...", sagte Francesca. Sollte das ein Witz sein? León war das Opfer und jetzt verdächtigte man ihn? Auf einmal hörte Violetta hinter ihr eine Stimme. Sie merkte, wie sie das Handy ein bisschen weghielt und mit jemanden anderen redete. „Ja, ja... nein, das ist eine Freundin... Ich... Okay, verstanden. Francesca pustete durch. Zwischen ihnen herrschte ein paar Sekunden lang Schweigen. Dann sprach sie wieder zu ihr, diesmal aber mit leiser Stimme: „Kein Scheiß, die überwachen uns jetzt.". „Was? Aber dürfen die das denn überhaupt?", fragte Violetta. „Weiß ich doch auch nicht. Wahrscheinlich schon. Ich habe vorhin Broduey getroffen. Der hatte einen anderen Typen im Schlepptau, der eher zahm wirkte.", sagte Francesca und Violetta seufzte. „Sie müssen ja einen Durchsuchungsbefehl oder irgend sowas haben.", sagte Violetta. „Verdammt! Das ist doch völlig surreal! Vargas muss echt verzweifelt sein!", plötzlich war es am anderen Ende der Leitung still. „Fran...?", Violetta sah auf ihr Handy, um dieses zu prüfen, ob sie Netz hatte. Es war alles okay. „Fran? Hörst du mich?", fragte Violetta noch einmal. „Gut... Ich kann nicht länger reden... Ich muss auflegen.", sagte Fran. „Halt mich auf dem Laufenden.", bat Violetta ihre Freundin, welche erwiderte: „Ja. Aber weißt du was? Du solltest dich bloß von Vargas fernhalten... Das alles verheißt nichts Gutes.". Sie legten auf und Violetta seufzte. Wenn Fran wüsste, dass sie gerade bei ihm war. Weit weg von all dem... Violetta schluckte. Sie fand es blöd, dass sie ihr nicht alles erzählt hatte. Aber sie hätte sich dann nur sicher um Vilu Sorgen gemacht. Unsicheren Schrittes lief Violetta zur Terrasse zurück. Was sollte sie bloß León sagen, da sie nun alles wusste? Sie wollte Fran oder Gery ja auch in kein schlechtes Licht setzen. Aber Violetta dachte, sie sollte sich jetzt auch nicht länger damit rumquälen... Mit finsterer Miene kam er auf sie zu. Noch einmal sah er auf sein Handy und runzelte die Stirn. Dann steckte er das Telefon in seine Tasche. Violetta konnte sehen, wie sein Kinn nervös arbeitete, während er in die Ferne in Richtung der Sonnenstrahlen sah. Seine Pupillen zogen sich zusammen. Er sah auch so wieder beeindruckend aus. Violetta schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr und fühlte sich unwohl. „Wir müssen zurückfahren.", sagte er und Violetta sah ihn einfach nur an. Sie hatte keine Lust, dass überraschte und traurige Mädchen zu spielen. Violetta ging davon aus, dass die Situation für ihn schon kompliziert genug war. „Ich habe gerade mit meiner rechten Hand bei Vargas Corporation gesprochen. Die brauchen mich dort gerade.", sagte er. Seine rechte Hand. Die hatte sie noch nie getroffen. Violetta war der Auffassung, dass es sich nicht um Broduey handelte. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. Er war angespannt. „Okay. Ist es... schlimm?", fragte Violetta ihn. „Die Konkurrenz droht mir wegen einer anderen Sache...", sagte er und Violetta spürte ein Stechen in ihrem Herzen. Also steckten wieder diese Halunken dahinter! „Offensichtlich haben sie ein verfahren gegen uns angestrebt und nun hat die Bundessteuerbehörde Untersuchungen bei Vargas Corp begonnen...", sagte er ihr. „Okay... Aber wir haben ja nichts zu verstecken...". „So einfach ist das nicht, Violetta! Glaubst du, dass das eine gute Presse für uns gibt? Die Journalisten warten doch nur auf so etwas.", sein kalter und trockner Ton missfiel mir. Violetta sah weg und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Er hatte nicht das Recht, seine Wut an ihr auszulassen. „Ich hätte nicht wegfahren dürfen... Ich habe ihnen das Feld überlassen! Ich Idiot!!!", er schüttelte den Kopf und war augenscheinlich auf sich selbst wütend. „Du konntest das ja nicht wissen...", „Es war klar, dass sie nicht aufgeben würden... Ich habe alles, was ich mühsam aufgebaut habe, in Gefahr gebracht. Verstehst du das?", er hob die Stimme, streckte die Arme zum Himmel und sah sie an, als würde er mit einem Dummkopf reden. Diesmal verzog Violetta die Stirn. „Ich verstehe das, León... Du hast dir da Feinde gemacht... Ich habe nur versucht dir zu helfen!", sagte sie. León machte den Mund auf und wieder zu. Kein Wort brachte er heraus. Seine Gesichtszüge entspannten sich. Er blickte zu Boden. Er rieb seine Nasenspitze mit dem Zeigefinger. „Tut mir leid... Ich... Tut mir leid, dass ich mich im Ton vergriffen habe. Es ist ja nicht deine Schuld...", sagte er. „Ich weiß...", sagte Violetta. Er sah sie ganz fürsorglich an, was sie gleich wieder dahinschmelzen ließ. Violetta hasste es, ihn so besorgt zu sehen und sie fühlte sich nutzlos und so machtlos. Das alles war ihr ganz klar zu hoch... Sie war nur die kleine Assistentin... León und Violetta standen ein paar Sekunden lang schweigend da. Sie fühlte sich schlecht für ihn. Schlecht wegen des wunderschönen Momentes, den sie hier verbracht hatten und der nun so brutal zu Ende ging. Sah das Leben so mit ihm aus? Wurden einfache, vergängliche Momente immer wieder von dringenden Sachen unterbrochen? „Was kann ich für dich tun?", fragte Violetta ihn. „Wir fahren jetzt sofort zurück und ich kümmere mich um die Steuerbehörde. Kannst du deine Sachen einpacken?", fragte er. „Ja, natürlich.", „okay, danke". Er küsste Violetta zärtlich auf die Stirn. Sein Handy klingelte schon wieder. Sie lief los, um ihre Sachen zu packen. Violetta gefror fast das Blut in den Adern. Sie hatte den Eindruck ihren Albtraum noch einmal zu durchleben... Sie hielt verkrampft ihren kleinen Koffer fest und wartete, bis León seinen Anruf beendet hatte.

𝐿𝑒𝑜𝑛𝑒𝑡𝑡𝑎 - 𝑉𝑒𝑟𝑙𝑖𝑒𝑏𝑡 𝑖𝑛 𝑑𝑒𝑛 𝐶𝒉𝑒𝑓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt