꧁༺ 𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 33 ༻꧂

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Seit zehn Minuten las Violetta immer wieder die erste drei Sätze des Dossiers und schaffte es nicht sich zu konzentrieren. Laras Worte beschäftigten sie: „Ich habe gesehen, wie Sie mein Bruder ansieht.". Könnte es sein, dass Vargas etwas für sie empfand? Fühlte er sich vielleicht von ihr stärker angezogen und die Sache mit den Herausforderungen und den Provokationen wie im Flieger waren nur so eine Art Deckmantel dafür? War es vielleicht eine Art Selbstschutz oder spielte umgekehrt seine Schwester nur ein Spiel mit ihr? War diese Familie vielleicht einfach nur seltsam? So wie die Geschwister in „Eiskalte Engel", die sich zusammentaten, um ihr bemitleidenswertes Opfer in ihrem hässlichen Spiel zu malträtieren? Natürlich.... Violetta schaute einfach zu viele Filme bzw. neigte sie dazu ihr Leben zu dramatisieren. Sie sollte damit aufhören. Sie war doch keine Heldin in einer Folterromanze... Wenige Minuten später bekam sie eine Nachricht von Vargas: Ich habe noch immer keinen Rücklauf von Federico wegen seines Projektes. Kümmern Sie sich darum. – L.V. Schon wieder diese Geschichte. Violetta musste diese Sache jetzt ein für alle Mal klären, wenn sie endlich ihren Frieden haben wollte. Vargas ließ sie offenbar nicht in Ruhe. Erst recht nicht nach der Diskussion, die sie miteinander hatten. Ohne Federico vorzuwarnen ging sie raus auf den Gang und nahm den Aufzug in Richtung 42. Etage. Ihr Schritt war entschlossen. Schnell durchquerte sie den Open Space, grüßte ihre ehemaligen Kollegen und warf Maxi ein freundliches Lächeln zu. Vor Federicos Büro stoppte sie kurz und atmete noch einmal tief durch. Nun spiel dein Spiel Violetta! Dreimal klopfte sie gegen die Tür und hörte die Stimme ihres Ex-Chefs, der sie hereinbat. Als sie reinkam saß Federico hinter seinem Schreibtisch und war mit Papierkram beschäftigt. „Hallo Violetta. Komm rein, setz dich bitte. Violetta bedankte sich leicht, blieb jedoch stehen. Wenn sie sich jetzt hinsetzte erinnerte sie sich viel zu sehr an ihrem früheren Job, außerdem musste sie jetzt stark sein. Federico legte die Blätter ein wenig zur Seite und sah sie lächelnd an. „Was verschafft mir die Ehre deines überraschenden Besuchs?", fragte er sie und sie antwortete: „Ich bin wegen des Projektes gekommen, über das wir schon letzte Woche gesprochen haben.". „Oh.", sagte er nur und sein Gesicht war gleich weniger charmant. Da wären sie also auch schon im Thema drin. Sie durfte jetzt bloß nicht die Fassung verlieren. „Mein Chef fordert von mir nun die Akten. Wann kannst du die fertige Arbeit abliefern?", fragte sie ihn und Federico stand von seinem Stuhl auf. Er lief um den Schreibtisch herum und lehnte sich gegen die Kante. Federico spielte mit seinem Ring und sah sie an. „Hast du vergessen, was wir auf dieser Etage zu tun haben, Violetta?", fragte er sie. Sie mochte seinen Tonfall nicht, denn er versuchte sie zu instrumentalisieren. „Nein, Federico.", sagte sie und er erwiderte: „Du weißt also, dass wir unser Bestes tun?". Violetta musste jetzt hart bleiben, sonst endete das Gespräch wie beim letzten Mal und sie war dann keinen einzigen Schritt vorangekommen. „Das was ich glaube, spielt hier keine Rolle Federico. Die Arbeit hätte schon letzte Woche getan sein müssen. Ich hatte Verständnis und habe dir einige tage Zeit gegeben den Rückstand aufzuholen.", sagte Violetta und er lachte spöttisch. „Die süße und zuvorkommende Violetta scheint verschwunden zu sein.", sagte er und beugte sich zu ihr vor, als suche er etwas. „Wo hast du sie versteckt?", fragte er. Federico hatte nicht das Recht ihre frühere Zusammenarbeit auszunutzen. Sie verstand, dass es nicht einfach war, aber die Arbeit musste nun mal gemacht werden. „Hör zu Federico. Ich bin hier nicht der Feind. Ich brauche etwas mit Substanz, etwas Greifbares, damit ich meinen Vorgesetzten informieren kann. Wir können gern gemeinsam sehen, wie wir die Produktivität deines Teams verbessern können, aber dafür musst du mich schon als Verbündeten sehen... Du kannst dich nicht einfach auf unsere frühere Zusammenarbeit berufen, um die aktuelle Situation zu begründen. Die Rollen wurden getauscht und es ist nicht im Sinne des Unternehmens und genauso wenig in deinem oder meinem Sinne, etwas anderes zu machen.", endete sie und sie war stolz auf sich. Auch wenn es ihr keinen Spaß bereitet hatte, so hatte sie doch all ihren Mut zusammengenommen, um einmal den Punkt zu machen. Er sah sie an. Diesmal schienen ihm die Argumente auszugehen. Sie hatte sein Spiel nicht mitgespielt, was ihm augenscheinlich nicht sonderlich gefiel. „In Ordnung. Ich veranlasse, dass das Projekt heute Abend fertig ist.", sagte er und sie hörte an seinem Ton, dass sie ihn gekränkt hatte. Jedoch war er aber intelligent genug zu wissen, dass es nichts Persönliches war. „Gut. Danke Federico. Einen schönen Tag dir noch.", verabschiedete sie sich und machte kehrt. Sie ließ ihn an seinem Schreibtisch gelehnt stehen. Als sie wieder draußen im Open Space war seufzte sie. Sie hatte das Gefühl als hätte sie nun einen unangenehmen Präzedenzfall zwischen Federico und sich geschaffen. Vargas hatte Recht. Es war nicht leicht Anweisungen auf eine lockere Art und Weise zu geben. Auch wenn sie noch immer fand, man kann das auch auf eine menschliche Art tun. Sie musste sagen, dass es ihr gefiel. Sie hatte den Eindruck, dass ihre Tätigkeit einen wirklichen Einfluss auf das Funktionieren des Unternehmens hatte. Verantwortung bedeutete halt auch, solche komplizierten Gespräche zu führen. Sie lief durch den Open Space und hielt kurz in der Box ihres ehemaligen Kollegen an. Sein neuer Kollege war jedoch leider gerade nicht da. Zu gerne hätte sie ihn kennengelernt. „Hey. Lust auf einen Kaffee?", fragte Maxi sie und sie antwortete: „Sehr gerne, aber ich habe nicht viel Zeit.". „Machen Sie sich keine Sorgen Frau Assistentin. Ich stehle nicht zu viel von ihrer wertvollen Zeit.", sagte er. Maxi lachte wie ein Bekloppter und Violetta verdrehte ihre Augen und seufzte.

Bevor Violetta Feierabend machte ging sie nochmal zu Vargas ins Büro. Nachdem er seine Termine abgearbeitet hatte fand sie ihn häufig dort. Sie betrat vorsichtig den Raum, der im halbdunkel lag. Vargas telefonierte. Er gab ihr ein Zeichen, dass sie sich kurz gedulden sollte. Sie beobachtete ihn. Mit konzentrierter Miene und statt knappen Worten kam er sofort zur Sache. Er war ein Mann, der sich nicht in endlosen Diskussionen verlor. Als er aufgelegt hatte ging er zu seinem Schreibtisch und notierte etwas in seinem Computer, dann schaute er ihr tief in die Augen. „Miss Castillo.", sagte er und sie erwiderte: „Mister Vargas. Hier ist das von ihnen gewünschte Projekt.". Sie legte den Ordner, den sie von Federico bekommen hatte auf seinen Schreibtisch und wartete auf seine Reaktion. Er starrte eine gefühlte Minute lang den Ordner an. „In Ordnung, Danke.", sagte er. Die Atmosphäre war seltsam... Als wäre da etwas Scheinheiliges zwischen ihnen. „ist das alles? Ich dachte dieses Projekt wäre außergewöhnlich wichtig.", sagte sie, während er sich gegen seinen Stuhl lehnte und seinen Handrücken über sein Kinn rieb. „Das Projekt ist nicht sonderlich wichtig.", sagte er und sie fragte: „Wie bitte?". Verarschte er sie gerade? Sie hatte ihre Beziehung zu Federico doch nicht umsonst aufs Spiel gesetzt, oder? „Das war vor allem ein Test. Ich wollte sehen, ob Sie in der Lage sind auch in stressigen Momenten Projekte von ihren Kollegen einzutreiben. Ich wollte Sie in eine heikle Situation bringen, damit Sie und Ihre Kollegen sich mit dem gesamten Ausmaß ihrer neuen Verantwortlichkeit auseinandersetzen können. Sie haben die Herausforderung mit Bravour gemeistert. Ich wusste, dass Sie die notwendigen Mittel finden würden.", sagte er. Er redete in einem beiläufigen Ton mit ihr, während sie spürte, wie Wut in ihr hochkochte. Sie sah ihn und runzelte ihre Stirn. „Warten Sie. Wollen Sie damit sagen, dass ich mich wegen diesem Projekt fast mit meinem ehemaligen Chef überworfen habe, nur um einen... Test zu bestehen?", fragte sie ihn und er antwortete: „Das war ein notwendiges Übel.". Notwendig? Aber warum? Ihre Beziehung zu Federico würde nie wieder die gleiche sein. Alles nur, um seine miese Herausforderung zu meistern... „Ich kann Ihnen nicht folgen...", meinte sie und er erwiderte: „Es war nötig, dass Sie einige Dinge mit Ihren früheren Kollegen neu ordnen. Sie können nicht so weitermachen, als hätte sich nichts geändert und es wäre ein großer Fehler, sie das Gegenteil glauben zu lassen. Ebenso müssen auch Sie endlich akzeptieren, dass Sie befördert wurden. Lassen Sie nicht zu, dass andere von Ihrem Mangel an Selbstvertrauen profitieren.". Sie seufzte. Schon wieder diese Schwäche-Geschichte. Er schien regelrecht davon besessen zu sein. „Mein Chef hat nie meine Schwäche ausgenutzt. Und außerdem bin ich ebenso, wie ich bin. Ich werde mich nicht in eine Diktatorin verwandeln, nur um Ihnen eine Freude zu machen.", sagte sie und Vargas seufzte. Er stützte sich mit den Ellenbogen auf seinen Schreibtisch. „Drehen Sie mir nicht meine Worte im Mund um. Ich habe Ihnen bei etwas geholfen, dessen Bedeutung Sie im Moment offenbar noch nicht überschauen.", erwiderte er. Er war verrückt, wie die Wahrnehmung einer Sache von Person zu Person schwanken konnte. „Dann haben Sie das also nur getan, um mir zu helfen, mich zu verbessern? Ich sollte Ihnen also dankbar sein?", fragte Violetta ihn und er antwortete: „Zweifelsohne.". Vargas schwieg siegessicher. Er wirkte dabei aber weder hochmütig, noch verletzend. Man könnte meinen, er glaubte an das, was er sagte.

𝐿𝑒𝑜𝑛𝑒𝑡𝑡𝑎 - 𝑉𝑒𝑟𝑙𝑖𝑒𝑏𝑡 𝑖𝑛 𝑑𝑒𝑛 𝐶𝒉𝑒𝑓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt