Kapitel 54 - So ist es am Besten

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Gleich würden sich unsere Lippen berühren. Oh Gott war ich wirklich bereit für so etwas? Wollte ich genau so eine Herzensbrecherin sein wie Florian es war? Ich hatte keine weitere Gelegenheit darüber nachzudenken, denn die Entscheidung wurde mir schnell abgenommen. Hinter mir entdeckte ich einen Lichtkegel, der den dunklen Hauseingang beleuchtete. Wenige Augenblicke später öffnete die Tür sich ruckartig und jemand packte mich unsanft an meinem Arm und zog mich von Elyas weg. Ich realisierte nicht schnell genug, wer mich am Arm fest hielt. Aber als Elyas eine Faust im Gesicht hatte und zu Boden fiel, wurde mir klar, dass Florian uns gesehen hatte und das alles falsch interpretiert hatte. "Florian spinnst du?", kreischte ich panisch auf und sah hinunter zu Elyas, der eine blutende Nase hatte. "Ich sage dir, lass die Finger von meiner Freundin oder du bekommst gleich noch ein blaues Auge hinzu.", droht Florian ihm und zerrte mich unsanft mit rein. Ich wollte mich los reißen und mich um Elyas kümmern, aber Florians Griff war zu fest. Ich wurde regelrecht in die Wohnung geschubst und blieb fassungslos in der Mitte des Wohnzimmers stehen. "Sag mal gehts noch? Wieso hast du ihn geschlagen?", fragte ich ihn. "Weil er dir zu nahe gekommen ist. Niemand darf dir so nahe kommen.", sagte er lautstark. "Gehts noch? Ich bin doch nicht dein Eigentum. Das ist mein Leben und ich treffe meine Entscheidungen selbst mit wem ich was wie mache." Meine Stimme wurde nun ebenfalls lauter. "Aber du bist meine Freundin. Und ich lasse es nicht zu, dass dich ein anderer berührt."

"Ach ich bin deine Freundin? Soso, dass sah vorhin in deiner Mittagspause ganz anders aus!", konfrontierte ich ihn. Florian sah mich mit weit geöffnetem Mund an und brachte keinen Ton heraus. "Ja da fällt dem Herren wieder nichts ein, was? Ich habe euch gesehen! Ihr habt euch geküsst und du hast es genossen! Sag mir doch einfach wenns vorbei ist, aber dann schlepp mich nicht in eine andere Stadt und spiel mir was vor." Ich kniff meine Augen zusammen und spürte die etlich vielen Tränen, wie sie meine Wangen entlang liefen. "Chloé, ich.." Florian stockte als er mich weinen sah. "Du weißt gar nicht wie weh das tut so etwas mit anzusehen.", schluchzte ich und ließ mich kraftlos zu Boden sinken. "Doch das weiß ich. Ich weiß wie es sich anfühlt, damals, bei dem Kuss zwischen Louis und dir. Ich kenne diesen Schmerz. Aber ich habe das heute weder mit Absicht gemacht, noch habe ich es genossen. Ich weiß nicht, mein Gehirn hat einen Aussetzer gemacht. Das ist keine Entschuldigung, ich weiß. Aber Chloé, ich liebe nur dich. Ich will nur dich. Du bist die Frau meines Lebens.", sagte er und unterdrückte seine aufsteigenden Tränen. Ich umschloss meinen Körper mit meinen Armen und konnte nicht aufhören zu weinen. Florian hockte sich zu mir nach unten und blieb ratlos vor mir sitzen. Er kann viel erzählen, aber er hat sie geküsst, obwohl ich in seiner Nähe war. Er hat sie nicht von sich geschubst, nein, er hat es geschehen lassen. Also warum sollte ich ihm seinen Betrug verzeihen? "Vielleicht sollten wir eine Pause einlegen.", murmelte ich und wischte mir mit meinem Ärmel die Tränen weg. "Nein bitte nicht Chloé. Ich brauche dich an meiner Seite. Ich kann nicht ohne dich."

Florian klang verzweifelt und zog mich nun fest in seine Arme. "Es geht aber nicht so weiter. Du hast den Kuss zugelassen mit ihr. Das bedeutet, da ist etwas zwischen euch. Und so lange du selber dir unsicher bist, so lange kann ich nicht so tun als wäre alles eine heile Welt.", seufzte ich und blickte in sein Gesicht. Nun hatte er auch angefangen zu weinen. Es schmerzte mir sehr ihn weinen zu sehen. Dann musste ich automatisch immer gleich mit weinen. "Chloé.." Seine Stimme versagte. Ich hatte ihn noch nie zuvor so erlebt. Ich wollte nicht gefühlskalt rüber kommen, aber er hatte mich betrogen. Und ich habe nicht gesagt, dass es eine Trennung für immer ist. Es ist eine Trennung auf Zeit, damit jeder sich klare Gedanken schaffen kann, um heraus zu finden was man eigentlich von dieser Beziehung erwartete und was man selber eigentlich wollte. "Ich kann dich nicht gehen lassen.", sagte er leise und drückte mich enger an ihn. Ich legte eine Hand sanft an dein Gesicht. "Es ist nicht für immer. Ich und auch du, wir müssen einen klaren Kopf bekommen. Ich werde jetzt mir ein Hotelzimmer nehmen und morgen früh zurück nach München fliegen. Du bleibst hier und beendest deinen Film. Und wenn du damit fertig bist, dann kommst du wieder nach München und dann reden wir.", sagte ich und schenkte ihm ein Lächeln. Florian seufzte laut auf und nickte dann schließlich. "Einverstanden." Wir beide rappelten uns vom Boden auf und ich packte schnell meinen Koffer. "Soll ich dich fahren?", fragte er etwas geistesabwesend. "Ich ruf mir ein Taxi, danke.", sagte ich und öffnete die Haustür.

Ich stellte meinen Koffer im Flur ab und drehte mich noch einmal zu Florian um. Er stand da wie ein Häufchen Elend, aber mir ging es innerlich nicht anders. Ich versuchte es nur gut zu verstecken. "Mach's gut Flo. Wir sehen uns in ein paar Wochen wieder.", verabschiedete ich mich von ihm. Florian kam einige Schritte auf mich zu und blickte mir tief in die Augen. "Völlige Funkstille bis dahin?", fragte er mich. "Das ist besser so.", versicherte ich ihm seufzend. "Hättest du den Kuss zugelassen?", fragte er mich ernst. Ach Flo... "Du kennst mich glaube ich gut genug. Bis bald.", lächelte ich und drückte ihm einen Abschiedkuss auf seine weiche Wange. So ist es einfach am besten. Vielleicht tat uns die Pause auch ganz gut. Wer weiß?! Als ich nach einer halben Stunde auf meinem Hotelzimmer angekommen war, fiel ich ins Bett und brach erneut in Tränen aus. Ich habe ja gesagt, mir fällt es nicht leicht...

Liebe auf UmwegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt