Kapitel 65 - Sometimes you've gotta fall, before you can fly

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Leise und unauffällig schlich ich mich aus dem Bett und schnappte mir meine Klamotten. Ich ging die Treppe hinunter und zog mir meine Sportklamotten an. Die Sonne war gerade aufgegangen, als ich das Haus verließ. Ich wollte eine Runde Joggen gehen, klare Gedanken bekommen und dabei Florian nicht stören. Es ist lange her, dass ich etwas für meinen Körper getan habe. Das letzte Mal endete das Ganze in einem Teich und mit einem Kuss zwischen Florian und mir. Florian...bei dem Gedanken an ihn kribbelte es in meinem Bauch. Tausend Schmetterlinge flatterten umher und versuchten zu entkommen. Der Gedanke an letzte Nacht, machte es nicht besser. Ich war immer noch ganz mitgenommen von diesem Augenblick zwischen uns. Wenn ich an seine zarten Bartstoppel dachte, die mein Kinn bei unserem Kuss berührten, an unsere Leidenschaft, die in jedem von uns war und an dieses Feuerwerk zum Abschluss als unsere Körper eins wurden. Oft frage ich mich, wie sehr man einen Menschen lieben kann. Wo fängt es an und wo hört es auf? Kann es überhaupt aufhören? Gibt es einen Moment an dem man sagen kann, okay mehr Liebe geht nicht? Ich glaube nicht. Liebe kann einem so vieles geben. Geborgenheit, Dankbarkeit, Hoffnung und vieles andere. Und je mehr Zeit ich mit diesem Mann verbrachte, desto mehr liebte ich ihn. Ich liebte alles an ihm, seine Makel, seine Schwächen, seine Stärken und seine Art. Ich glaube, ich könnte stundenlang weiter über ihn schwärmen.
Ich lief die fast leere Straße entlang und hörte dabei Musik über meinen IPod. Dabei bekam ich fast nicht mit, wie mir ein blaues Auto dicht folgte. Irritiert warf ich einen kurzen Blick hinter meine rechte Schulter und blieb schreckhaft stehen. Als hätte ich einen Geist gesehen, starrte ich auf die Person hinter dem Steuer. Was macht sie hier? Und was will sie von mir? Der blaue Wagen blieb stehen und die Tür öffnete sich schwungvoll. Eine zierliche Gestalt stieg aus dem Wagen und tippelte auf mich zu. Eine dunkle Sonnenbrille verdeckte ihre Augen, doch ich wusste genau wer sie war. "Sophie..", presste ich hervor und hielt einige Meter Sicherheitsabstand zu ihr. Nun nahm sie ihre Brille ab und sah mich mit ihren leuchtenden Augen an. Ich konnte nicht recht sagen, was sie dachte, aber ich blieb skeptisch. "Grüß dich Chloé.", brachte sie schüchtern heraus. Diese Tonart war mir so fremd und unheimlich. Wollte sie etwa freundlich zu mir sein? "Was willst du hier?", fragte ich sie immer noch distanziert. "Mit dir reden. Ich bin dir gefolgt, um dich alleine anzutreffen.", erklärte sie mir. "Du hättest auch einfach anrufen können und musst mir dafür nicht auflauern.", bemerkte ich skeptisch und holte die Ohrstöpsel nun endlich aus meinen Ohren, um ihr gespannt zu zuhören. "Ich weiß. Es geht darum, ich möchte mich entschuldigen." Ich riss ungläubig die Augen auf. Was wollte sie? Sich entschuldigen? Okay, wo waren die versteckten Kameras aufgebaut? "Das ist ein Scherz, oder?", fragte ich. "Nein, ich meine es ernst. Klar du wirst mir das nicht abnehmen, aber das was passiert ist, tut mir wirklich Leid. Ich stand unter dem Einfluss meiner Mutter, wollte ihr alles Recht machen und hab immer das getan was sie wollte. Das war falsch, nur leider ist mir das zu spät aufgefallen. Ich weiß nicht wie ich das wieder gut machen kann. Du sollst nur wissen, dass es mir leid tut." Sophie beendet ihren Satz und setzte sich wieder ihre Sonnenbrille auf. Dann wandte sie sich ihrem Wagen wieder zu und stieg ein. "Sophie warte!", rief ich ihr nach und ging zu ihrem Auto. Ich legte eine Hand auf den Türrahmen und blickte zu ihr ins Auto. "Es ist ziemlich mutig von dir,  dich bei mir zu entschuldigen. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Vielleicht kann ich das alles irgendwann vergessen, aber dafür ist es jetzt noch zu früh. Ich nehme deine Entschuldigung aber an und danke dir dafür.", sagte ich und schenkte ihr ein freundliches und ehrliches Lächeln. Ich nahm meine Hand weg und schlug die Tür vorsichtig zu. Sophie lächelte mich dankend an und fuhr dann davon. Ich sah ihr nach und schüttelte den Kopf. Wer hätte damit gerechnet? Das die blöde Zippe zu einem netten Mädchen werden kann, das sich entschuldigt. Tja, manchmal müssen wir eben fallen, bevor wir fliegen können. Es ist nie zu spät aus Fehlern zu lernen. Oft kommt es darauf an, dass wir sie überhaupt erkennen und daran arbeiten. Kein Mensch ist ohne Fehler. Ich steckte meine Ohrstöpsel wieder rein und nahm meinen Laufweg wieder auf. Wir hatten es bereits schon Ende Oktober gehabt. Wahsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Neun Monate war ich schon hier und was alles in dieser verrückten Zeit passiert ist. Valentinstag, London, Paris, New York, mein erster Kuss und mein erstes Mal mit Florian...so viele Erlebnisse und Eindrücke, die da auf mich eingeschlagen sind. Ich habe eine Hochzeit gecrasht und wäre beinahe von einem Balkon geschubst worden. Ich versank im Luxusleben und küsste beinahe den besten Freund meines Freundes. Ich erlitt so viele Schmerzen, aber auf der anderen Seite auch so viele Glücksmomente. Das Leben hier in München veränderte mich. Während ich lief, liefen mir einige Tränen die Wange entlang. Ich war ergriffen von meinen Gefühlen und meinen Erinnerungen.
Völlig außer Atem kam ich zu Hause wieder an. Ich schloss die Tür auf und wurde von einem panischen Florian in Empfang genommen. "Wo warst du? Was hast du gemacht? Wieso weinst du?" Er stellte mir dutzende Fragen, auf die ich so schnell keine Antwort hatte. "Beruhige dich, mir geht es gut. Ich wollte nur ein wenig Laufen und habe die Zeit vergessen.", lächelte ich ihn an und gab ihm einen Kuss auf seine zarten Lippen. "Wieso hast du mich nicht geweckt?", fragte er mich vorwurfsvoll. "Ich wollte nur einen klaren Kopf bekommen. Das ist aber alles halb so wild. Unterwegs ist mir dann auch noch Sophie begegnet." "Sophie? Um gottes Willen. Hat sie dir etwas getan? Geht es dir gut? Na warte wenn ich die erwische." Florian presste seine Zähne aufeinander und sein Kinn zitterte leicht vor Anspannung. "Flo, jetzt komm mal runter. Mir geht es gut. Wir haben nur geredet, sie hat sich bei mir entschuldigt für alles. Also bitte, reg dich nicht auf.", versuchte ich ihn zu beruhigen. Florian sah mich skeptisch an und verschränkte seine Arme vor seiner Brust. Ich schüttelte wieder den Kopf und musste dabei leise auflachen. "Du bist unglaublich.", kicherte ich und legte meine Hände auf seine verschränkten Arme. Ich sah ihm tief in die Augen und verlor mich darin. "Ich liebe dich Florian und ich finde es süß, wie du dir Sorgen um mich machst. Hör niemals damit auf." Ich legte meine Lippen auf seine und verlor mich in einem leidenschaftlichen Kuss mit ihm. Florian löste seine Erstarrung und zog mich in seine Arme. Er strich über meinen Rücken und küsste mich eindringlicher. Niemals konnte ich genug von all dem hier bekommen. Es fühlte sich alles so schön und richtig an. Genau hier wollte ich jetzt sein, mit ihm und nirgendwo anders. Es gibt ein so schönes Zitat, von einem sehr bekannten Film und ich finde, es drückt genau das aus, was ich fühle und denke. 'Alle Zeit der Welt mit dir, wäre nicht genug...aber beginnen wir mit für immer..'
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Ende ❤
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Liebe auf UmwegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt