Hearts Collide

Kapitel 11 - Zieh dir bitte etwas an

Innerhalb von Minuten hat sich alles geändert. Mir tut auf einmal so vieles Leid. Zum Beispiel Scar... wie ich sie früher immer abgeblockt habe, wenn sie mit mir spielen wollte. Meinen Dad, weil er mir immer so viele Spielsachen gekauft hat, die ich nie angerührt habe. Er wollte immer, dass ich eine ganz normale Kindheit habe und Spaß habe. Wie oft ich mich mit ihm deswegen gestritten habe... und dabei wollte er doch nur mein Bestes. 

Ich muss an Harry denken und wie ich ihn letzte Nacht angemeckert habe, weil er mir zeigen wollte, wie schön manche Dinge sein können. 

Ich wünschte, ich hätte all diese Dinge nicht getan. 

Ich verlasse mit neuem Bewusstsein das Café und gehe zurück zum Campus. In meinem Leben muss sich drastisch etwas ändern. Nur wie? 

"Rave, warte mal!" Ich drehe mich zu der Stimme um, die mich gerufen hat. Niall kommt grinsend auf mich zugejoggt. 

"Hey, Niall." Ich lächle. 

"Hey." Er streicht sich durch die durchnässten Haare. "Heute Abend machen wir bei uns im Studentenwohnheim eine kleine Party und da wollte ich fragen, ob du auch kommen willst." Wird er gerade rot? 

Instinktiv will ich nein sagen, denke dann aber an meinen neuen Beschluss. "Ja, liebend gerne."

Sein Grinsen wird breiter. "Super! Um neun Uhr beginnt das Spektakel, Cate kommt auch, ihr könnt ja zusammen fahren oder so."

Cate kommt? Dann kommt Harry mit Sicherheit auch. Sofort ist meine Laune wieder im Keller. "Kommt, ehm... kommt Harry auch?"Ich bin mir nicht sicher, über welche Antwort ich mich freuen würde. 

"Ja, er kommt auch, wieso?"

"Nur so."

Niall umarmt mich zur Verabschiedung und ich gehe in mein Zimmer. 

Harry kommt auch... Ich fühle noch so viel Reue ihm gegenüber, dass ich fast hoffe, dass etwas dazwischenkommt und er nicht erscheinen kann. Auf jeden Fall sollte ich  immer noch versuchen ihn aus meinen Gedanken zu verbannen. Auch, wenn ich jetzt versuche mehr Spaß in meinem Leben zu haben, weiß ich nicht, ob Harry eine der Personen ist, mit dene ich mein Spaß teilen möchte. Er lässt mich komische Dinge fühlen und es fühlt sich defintiv nicht gut an. Er war mir bestimmt nicht ohne Grund von Anfang an unsympathisch. 

Als ich meine Zimmertür öffne, glaube ich kaum meinen Augen. Cate und unser Matheprofessor liegen splitterfasernackt auf dem Boden! Nicht, dass es schon merkwürdig genug ist, dass Cate mit einem Lehrer unserer Schule schläft, nein - auch noch auf dem Boden! Obwohl nicht mal nur ein Meter weiter ein Bett steht. 

"O Gott!", rufe ich aus und halte mir die Hände vor die Augen.

"Rave, ehm, ich wusste nicht, dass du schon so früh kommst", quietscht Cate, während sie sich die Decke um ihren nackten Körper wickelt. 

Langsam komme ich wieder zur Besinnung und schließe die Tür hinter mir. "Wenn ich gewusst hätte, dass du es hier mit unserem Matheprofessor treibst, wäre ich gar nicht gekommen, glaub mir."

Cam steht immer noch total unbeholfen im Raum und sieht beklommen zwischen Cate und mir hin und her. 

"Baby, sie weiß bescheid. Zieh dir bitte was an." Cate zieht sich etwas über und sieht Cam auffordernd an.

Das ist defintiv zu viel nackte Haut für mich, auch wenn Cam einen ansehlichen Körper hat. Ich kann schon nachvollziehen, wieso Cate ihm verfallen ist. Definierter Oberkörper und dazu noch ein schönes Gesicht. Hmh.

Cam nickt völlig verdattert und zieht sich, während ich weggucke, eine Boxershorts über. 

Ich setze mich auf mein Bett und hoffe insgeheim, dass sie es hier drauf nicht getrieben haben. Ich glaube, wenn es so wäre, könnte ich hier drin keine weitere Nacht mehr verbringen.

Cate verabschiedet sich von Cam und er schüttelt mir noch die Hand zum Abschied. Ihm ist das wahrscheinlich noch unangenehmer wie Cate und mir zusammen. Verständlich. Immerhin ist er Lehrer und Cate seine Schülerin. Und ich weiß jetzt schon, dass die nächsten Mathekurse ziemlich peinlich werden.

"Ihr müsst echt besser aufpassen. Ich hätte sonst wer sein können", warne ich sie.

"Ich hab gehört, du kommst heute Abend auch zur Party von Niall?" Sie ignoriert meine Mahnung einfach und setzt sich auf das Bett mir gegenüber.

"Ja, er hat mich eben vor nicht mal fünf Minuten abgefangen. Wie kannst du das so schnell wissen?"

"Er schreibt mir grade." Sie zeigt auf ihr Handy in ihren Händen. 

Ich nicke. 

"Ich hätte nicht gedacht, dass du zusagst. Ich dachte die ganze Zeit, dass du eher ein Mäuschen bist, das lieber im Zimmer sitzt und Bücher liest, oder lernt oder so."

"Nein, nein. Ist voll mein Ding", behaupte ich mich. Dass das gelogen ist, bleibt lieber mein Geheimnis. Muss ja nicht gleich jeder wissen. Vielleicht finde ich ja Gefallen an Partys, wer weiß. 

"Ich freu mich. Niall hat ganz schön ein Auge auf dich geworfen, vielleicht wird das ja heute was zwischen euch." Sie zwinkert vielsagend.

Was? Niall steht auf mich? Oder 'hat ein Auge auf mich geworfen'. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Niall ist süß, aber ich weiß nicht... Ich merke, wie mir die Röte ins Gesicht schießt. 

"Wie meinst du das, 'Etwas werden?'", frage ich verunsichert. 

"Na, etwas werden halt. Rummachen oder so. Vielleicht sogar Sex." Sie sagt das so locker, als wäre es das normalste der Welt mit einem Typen ins Bett zu steigen, den man gerade mal ein paar Tage kennt.

Ich verschlucke mich an meiner Spucke. Wie bitte? Sex? Rummachen? Oh Gott. Ich hatte bisher nur einmal etwas mit einem Jungen und das ist schon fast drei Jahre her. Und eigentlich dachte ich, dass es auch noch ein wenig dauern wird, bis sich das wiederholt. Versteht man das heute unter Spaß? Wenn Cate das macht und Spaß dabei hat, dann könnte ich vielleicht... ich bin mal wieder total überfordert. 

"Ich, ich weiß nicht." Ich räuspere mich. "Vielleicht." Mir ist das sichtlich unangenehm. 

"Was ziehst du an?" Cate hat anscheinend gemerkt, dass mir dieses Thema unangenehm ist und wechselt das Thema.

"Ich denke einfach meine normale Jeans mit einem schwarzen T-Shirt, du?"

"Was? Du kannst doch nicht zu einer Party so langweilig hingehen!"

"Doch kann ich. Und werde ich." Was meine Klamotten angeht, fuscht mir keiner dazwischen. Nur weil alle andren Mädchen und Frauen meinen, sich wie Prostituierte zu kleiden an Partys, heißt das nicht, dass ich das auch machen muss. 

Dass Cate eine von dieser Art Frauen ist, merkt man sofort, nachdem sie sich fertig gemacht hat. Sie trägt ein knappes trägerloses Kleid mit mega Ausschnitt. Wenigstens hat es keine herausstechende Farbe, sondern ist einfach schwarz. 

Zusammen kommen wir um neun Uhr zwanzig bei der Party an. Cate überragt mich jetzt um fast zwanzig Zentimeter, da sie extrem hohe Schuhe anhat und ich nicht. Ich fühle mich neben ihr noch mickriger, als ich sowieso schon bin. Meine Haare fallen mir einfach mit ihren natürlich Wellen über die Schultern. 

"Da drüben sind Louis und Liam", schreit Cate mir ins Ohr und deutet auf das andere Ende des Raumes. 

Die Musik ist so laut, dass mir Cate's Geschrei nicht mal in den Ohren wehgetan hat.