"Einen kreativen guten Morgen, Klasse", begrüßt uns Professor Snow.
Harry ist wieder nicht im Unterricht und Liam sitzt - wie gestern - neben mir.
"Ich muss ihnen leider mitteilen, dass ih den Unterricht an der Stelle auch schon beenden muss. Der Rektor ruft alle Lehrer zu einer ganztägigen Konferenz zusammen und deshalb können sie jetzt gehen."
Die Klasse jubelt und die Schüler springen auf.
"Aber bitte vergessen sie nicht ihre täglichen Tagebucheinträge!", ruft Professor Snow noch durch das Durcheinander.
"Gott sei Danke", seufzt Liam und packt seine Sachen ein. "Ich bin sowas von müde. Gestern war echt noch eine lange Nacht mit Sophia."
Ich stehe auf. "Zu viele Informationen, Liam."
Liam folgt mir aus dem Hörsaal und lacht dann: "Sorry, übrigens hat Sophia das Armband total gut gefallen. Ich hab ihr die Kette an Mitternacht geschenkt. Dafür muss ich mich noch bei dir bedanken."
Sophia hat das Armband überhaupt nicht verdient. Ich wünschte, ich könnte Liam die Wahrheit sagen. Ich zwinge mir ein Lächeln raus. "Kein Problem."
Wir sind am Campus angekommen und die Sonne strahlt uns entgegen, sogar schon früh am Morgen.
"Ich werde mich jetzt in mein Bett legen und es nicht mehr für die nächsten zwölf Stunden verlassen", gähnt Liam. "Wir sehen uns morgen."
"Okay. Schlaf gut." Ich lächle ihm noch zu, als er geht und wünschte, ich hätte einfach mit der Wahrheit rausgerückt.
Es wundert mich, wieso Harry heute wieder nicht da ist. Ich dachte eigentlich, dass er nicht so eine Person ist, die ständig schwänzt. Er scheint ein engagierter Schriftsteller zu sein und dafür muss man doch normalerweise in Kurse gehen, oder? Kurzerhand beschließe ich, ihm einfach eine Nachricht zu schreiben.
Du scheinst mir extrem schulfaul zu sein.
Ich stecke mein Handy wieder zurück und gehe zurück in mein Zimmer. Cate hat anscheinend auch beschlossen nochmal zu schlafen, denn sie schnarcht lautstark, dass ich es schon vor der Tür hören kann.
Da ich auch noch sehr müde bin, stopfe ich mir Kopfhörer in die Ohren, stelle mir einen Wecker auf zehn Uhr und lege mich ebenfalls schlafen.
-
Nachdem ich wieder aufgestanden bin, habe ich beschlossen nochmal in die Stadt zu fahren, um Scar's Geschenk zu kaufen. Ich sehe schon von Weitem die Treppe, die zur U-Bahn führt, als mir die Kirche ins Auge sticht, wo Harry mir die Sternschnuppennacht gezeigt hat und ich fange an breit zu grinsen.
Schon komisch, dass so wir uns so kurze Zeit später - nachdem ich ihn eigentlich vergraulen wollte - so gut verstehen. Wenn man mir das damals jemand gesagt hätte, hätte ich ihm wahrscheinlich ins Gesicht gelacht.
Ich will gerade die erste Treppenstufe nach unten laufen, da sehe ich ein bekanntes Auto vor der Kirche stehen. Ist das Harry's Range Rover? Das ist definitiv seiner. Was macht Harry denn während der Schulzeit in der Kirche?
Ohne groß zu überlegen laufe ich den Berg zur Kirche hinauf. Neben Harry's Auto steht noch ein Minibus vom St. Cloud Hospital. Die Sache wird immer merkwürdiger.
Bevor ich die Kirche betrete schaue ich auf mein Handy, um zu sehen, ob Harry mir geantwortet hat - hat er nicht. Ich streiche mir kurz durch die Haare und rücke mir meine Klamotten zurecht. Langsam öffne ich die große Tür der Kirche und bin unheimlich froh, dass sie kaum Geräusche von sich gibt, sondern ich einfach die Kirche betreten kann.
Da ich nicht wirklich an einen Gott glaube, lasse ich die Sache mit dem Weihwasser einfach aus und sehe durch eine weitere Tür vor mir durch die kleinen Fenster. Mit zusammengekniffenen Augen kann ich mehrere Leute vor dem Altar im Kreis sitzen sehen. Niemand von ihnen scheint zu sprechen, sie sitzen einfach nur da und schauen alle in eine Richtung.
Ich runzle die Stirn und öffne die zweite Tür so leise wie es geht und schließe sie langsam wieder hinter mir. Jetzt höre ich jemanden reden. Es ist Harry.
Bisher scheint mich noch niemand bemerkt zu haben, deshalb setze ich mich in die letzte Reihe der Sitzreihen und jetzt kann ich ihn sehen.
Harry sitzt auch in dem Kreis und hält ein Buch in der Hand und scheint darauß vorzulesen. Neben ihm sitzt ein kleines Mädchen mit einem Tuch um den Kopf gewickelt und lehnt sich an seinen Arm. In der Runde sitzen Frauen und Männer von - würde ich schätzen - zwanzig bis fünfzig Jahren.
Ich möchte unbedingt hören, was Harry liest, deshalb setze ich mich leise ein paar Reihen weiter nach vorne. Vor mir ist ein dicker Balken und sie sollten mich von hier nicht sehen können. Harry kann ich von hier auf jeden Fall nicht mehr sehen, aber ich kann ihn klar und deutlich hören.
Er erzählt eine Geschichte über einen kleinen Jungen, der gerade mit seinem Schutzengel, der von einem Hund verkörpert wird, gegen einen schwarzen Drachen kämpft.
Ich frage mich, ob er diese Geschichte selbst geschrieben hat, denn sie ist wirklich gut. Mit seiner tiefen Stimme wirkt die Geschichte noch viel besser und mir fällt erst auf, dass ich bereits zwanzig Minuten hier sitze, als ich kurz auf mein Handy schaue.
Harry erzählt gerade von einer Prinzessin, die der kleine Junge rettet, als plötzlich jemand andres redet. Die Stimme gehört zu einer alten Frau.
"Harry", sagt sie.
Harry stoppt mit dem lesen.
"Siehst du auch den Engel dahinten?"
Ich sehe an dem Balken vorbei und blicke zu der Gruppe. Mir bleibt fast mein Herz stehen, als ich bemerke, dass mich jeder von ihnen genau ansieht.
Harry sieht sich stirnrunzelnd um, als auch er mich erblickt. "Oh", grinst Harry. "Das ist ganz und gar kein Engel, Bronnie."
Ich halte erstarrt die Luft an und starre einfach nur zu ihnen hin. Das ist mir gerade viel zu unangenehm. Harry muss denken, dass ich ihm hinterherspionieren will.
"Du kennst sie?", fragt das kleine Mädchen neben ihm.
"Ja, ich kenne sie." Er sieht noch immer zu mir.
"Frag sie doch, ob sie sich zu uns setzen will. Sie kann ein Sitzkissen von mir haben." Das Mädchen zieht sich ein Kissen unter dem Po hervor und legt es neben sich.
"Das ist lieb." Er schmunzelt und streichelt ihr über den Kopf. "Raven, du wirst hier erwünscht! Möchtest du dich zu uns setzen?"
Mir fliegen tausend Fragen durch den Kopf. Wieso liest Harry in der Kirche Menschen vor? Wer ist das kleine Mädchen?
"Ehm", stammle ich und rutsche auf der Bank nervös hin und her.
"Los, Kleines", ruft die Frau freundlich lächelnd, die vorher schon gesprochen hat. "Wir freuen uns immer über so schöne Menschen wie dich. Vor allem, wenn sie zu Harry gehören."
Ich nicke, stehe auf und gehe nervös auf de Runde zu. Es sind ungefähr fünfzehn Frauen und Männer. Alle von ihnen lächeln mir zu, als ich ihnen näher komme.
"Setz dich bitte neben mich", winkt das kleine Mädchen mich zu sich und zeigt auf das Kissen neben ihr.
Ich schaue Harry an und er nickt nur schmunzelnd, als hätte er mir eine Bestätigung dafür gegeben, dass ich mich ruhig neben sie setzen kann.
"Danke", flüstere ich dem kleinen Mädchen zu, als ich mich auf das Kissen setze.
"Das ist Ravely", sagt Harry breit grinsend und deutet mit dem Buch leicht auf mich. "Sie geht mit mir auf das gleiche College und scheint wirklich extrem neugierig zu sein."
Mir schießt sofort die Röte ins Gesicht und spiele mit einem Ende des Kissens, auf dem ich sitze.
Alle in der Gruppe sehen mich an und mir fällt auf, dass viele von ihnen extrem... krank aussehen. Viele von ihnen sind extrem abgemagert und haben Augenringe. Die alte Frau, die vorhin gesprochen hat, hat zwei Plastikschläuche in der Nase und hat ebenfalls ein Kopftuch auf. Sie scheinen alle auf irgendeine Art und Weise krank zu sein. Doch trotzdem lächeln sie mich alle an.
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Hearts Collide
Fanfiction"Ihr Herz war ein geheimer Garten und die Mauern waren ziemlich hoch." - William Goldmann Dann traf sie diesen Schriftsteller auf dem College. Er war gutaussehend, charmant, hatte ein nettes Lächeln und nahm die Welt wie sie war. Sie wusste nicht da...