Nachdem Harry und ich im Little Poetry Restaurant essen gegangen sind, haben wir beschlossen zu ihm in die Wohnung zu fahren, um noch einen Film zu sehen, damit der Abend in Ruhe ausklingen kann.
Liam hat Harry gegen sechs Uhr abends eine Nachricht geschrieben, dass er froh ist, dass er endlich ein freier Mann sei und jetzt erstmal 'richtig Weiber abchecken' geht. Natürlich wissen wir, dass das nur dummes Gerede ist, um sich abzulenken. Trotzdem gehen wir davon aus, dass er wahrscheinlich gerade in einer Bar sitzt, sich den Kopf wegknallt und damit kämpft, ob er jetzt die hübsche Blondine von der Bar mit nach Hause nehmen sollte oder nicht. Wahrscheinlich wird er es tuen, sagte Harry. Es lief bisher immer so ab.
"Ich hab das Gefühl, die Woche kann gar nicht mehr spannender werden, aber es ist gerade mal Montag", sage ich zu Harry, während er konzentriert durch die Kanäle sippt, um endlich einen Film für uns zu finden.
"Wenn ich endlich mal einen guten Film finden würde, wird der Tag sogar noch richtig spannend."
Ich lache leise und kuschle mich an seine Brust. Es ist schön, dass wir mittlerweile an diesem Punkt angekommen sind, an dem wir so offen miteinander umgehen können. Zwar haben wir noch kein Wort über den derzeitigen Standpunkt unserer 'Beziehung' oder Verhältnis oder Affäre oder was auch immer, geredet, aber das ist in Ordnung. Ich bin froh, wenn ich in Harrys Nähe sein darf und das reicht mir für den Anfang.
Mein Handy, das auf dem Couchtisch vibriert und springt fast vom Tisch.
Harry nimmt es. "Cate", sagt er und hält es mir hin.
Ich runzle die Stirn. Ich habe ihr doch gesagt, dass sie ihr Auto morgen erst bekommt, wieso also sollte sie jetzt noch so spät anrufen? "Ja, Cate?", sage ich ins Telefon.
"Rave, ich will dich nur mal wissen lassen, dass deine Mum jetzt gleich zu euch kommt. Sie - "
Ich richte mich ruckartig auf. "Was?", sage ich laut. "Wieso?"
"Sie stand auf einmal vor unserer Tür und wollte unbedingt mit dir reden. Aber da du nicht da bist, habe ich ihr einfach Harry's Adresse gegeben. Ist doch nicht so schlimm."
"O nein", seufze ich und halte mir die Hand an die Stirn. "Egal. Du kannst nichts dafür... Danke, dass du vorher angerufen hast, um mir bescheid zu geben."
"Ehm, ja klar, ist kein Problem. Also sehen wir uns morgen. Und denk an mein Auto! UND denk bitte auch an die Verhütung!"
Augenrollend lege ich auf.
"Was wollte sie?", fragt Harry und legt die Fernbedienung beiseite.
"Meine Mutter ist auf dem Weg hier her", sage ich hastig und stehe auf.
Harry runzelt die Stirn. "Wieso das?"
Ich zucke mit den Schultern und laufe nervös von links nach rechts. "Anscheinend ist sie zur ZOS gekommen, um mit mir zu reden. Da ich aber nicht im Zimmer war, hat Cate ihr deine Adresse gegeben. Also wird sie gleich hier sein."
"Okay?", sagt Harry und kommt auf mich zu. "Und ich nehme an, dass du das nicht möchtest?"
"Natürlich möchte ich das nicht! Ich hab echt null Lust mir ihr Gerede anzuhören. Wahrscheinlich wird sie dir auch noch die Ohren volljammern und ständig sagen, wie sehr ihr alles Leid tut. Ich weiß echt nicht, wie oft ich ihr noch sagen soll, dass ich nichts mit ihr zutun haben möchte. Ich - "
"Raven." Harry umfasst mein Gesicht und sieht mich eindringlich an. "Beruhig dich, ok? Deine Mutter wird nicht etliche von Kilometern hier hergefahren sein, nur um sich bei dir zu entschuldigen. Du solltest ihr zuhören und sie ausreden lassen."
Ich nehme aufgebracht seine Hände von meinem Gesicht und gehe einen Schritt zurück. "Ihr zuhören?", lache ich. "Harry, diese Frau ist der Teufel! Sie hat es nicht verdient, dass man ihr zuhört!" Geladen fahre ich mir durch die Haare. "Aber natürlich verstehst du das nicht. Du siehst ja in jedem Menschen etwas Gutes! Nicht jeder Mensch hat eine verdammte gute Seite! Sie hat keine gute Seite!" Ich hasse mich gerade dafür, dass ich schreie.
Harrys Miene verhärtet sich. "Natürlich sehe ich in jedem Menschen etwas Gutes. Warum sollte ich auch nicht? Jeder hat eine zweite Chance verdient."
Wütend schnaube ich auf. Ich kann gerade nicht fassen, dass ich mich mit Harry streite, wegen Margret. Sie bringt mehr Durcheinander in mein Leben, als ich dachte. Die ganze Sache macht mich noch viel mehr wütend auf sie.
"Sie nicht." Beleidigt verschränke ich meine Arme und drehe mich von ihm weg.
"Ich will, dass du ihr zuhörst. Nur einmal." Er kommt auf mich zu und verknotet liebevoll meine Arme auseinander.
So schnell kann sich also die Stimmung von wütend zu liebevoll ändern. Mein Herz beginnt wieder schneller zu schlagen, bei seiner Berührung. Harry muss ganz genau wissen, was für eine Wirkung er auf mich hat, wenn er es versucht, mich so davon zu überzeugen, dass ich ihr zuhören sollte.
"Ich will nicht", sage ich trotzig und lasse die Arme hängen. Am besten sollte ich ihm jetzt nicht ins Gesicht sehen, denn sonst ändert sich meine Meinung schlagartig.
"Bitte", sagt Harry leise und umfasst wieder mein Gesicht.
Sag nein, Raven, sag nein!
"Okay."
Du blöde Raven.
"Danke", sagt Harry und küsst mich.
O, man. Dieses Feuerwerk in mir sollte besser vergehen, bis meine Mutter auftaucht, sonst bin ich ein Wrack und verzeihe ihr wahrscheinlich sofort alles.
Doch nicht mal fünf Sekunden später klopft jemand an Harrys Tür.
"Ich mache ihr auf, okay?", fragt Harry.
Ich nicke und er küsst mich noch einmal.
Er lässt mich los und geht zur Tür.
Ich stehe nervös im Türrahmen der Küche und warte auf das Desaster, das gleich auf mich zu kommen wird. Ich weiß, dass es nicht gut endet. Ich weiß es einfach.
Er öffnet die Tür und ich höre Margrets Stimme: "Ist meine Tochter bei Ihnen? Bin ich hier richtig?"
"Ja, sie ist hier. Kommen sie rein", sagt Harry freundlich und führt sie in seine Wohnung. Viel zu freundlich, wenn man mich fragt.
"Ravely", haucht meine Mutter, als sie mich erblickt. Ihre Augen sind noch rot vom Weinen und sie sieht aus, als hätte sie tagelang nicht geschlafen. Ihre braunen Haare sind zu einem unordentlichen Zopf zusammengebunden und ihre Schminke ist verschmiert.
"Margret", grüße ich sie und gehe in die Küche.
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Hearts Collide
Fanfic"Ihr Herz war ein geheimer Garten und die Mauern waren ziemlich hoch." - William Goldmann Dann traf sie diesen Schriftsteller auf dem College. Er war gutaussehend, charmant, hatte ein nettes Lächeln und nahm die Welt wie sie war. Sie wusste nicht da...